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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 2.1888

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Werner, Fritz: Marketenderin zwischen den Regimentern "Dessau" und "Bayreuth"
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von Czachorski, Wladimir: Vor dem Spiegel
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Kaulbach, Hermann: Der Weihnachtsengel
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https://doi.org/10.11588/diglit.47974#0120

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42

MODERNE KUNST.

des Zuges bildenden Grenadieren hat sich anscheinend ein lustiges Wort-
geplänkel entsponnen, wobei es sicherlich nicht auf beiden Seiten an derben
Scherzen, wie die Kriegskameradschaft sie mit sich bringt, fehlen wird.
Das fertige Bild zeigt, welche Studien dazu gehört haben müssen, um
die minutiöse Schilderung der Soldaten zu ermöglichen. Die wunderbar
genaue Wiedergabe der Uniformen, Trommeln, Blechmützen ist in hohem
Masse staunenerregend. Dieselbe Treue weisen auch die anderen Bilder
Werners auf. Seine Studienmappen enthalten eine Fülle von Einzelfiguren,
von Grenadieren, Husaren, Trommlern, Pfeifern, von feinen Schilderungen
lebloser Dinge, wie Details der Uniformen, Verschnürungen, Beschläge etc.
Nicht der geringste Unterschied in Tracht oder Haltung ist seinem scharfen
Auge entgangen, und nicht eher hat der Künstler geruht, als bis er sich
Meister fühlte auf einem Gebiete, das so reizvoll und so schwierig, wie
kein zweites ist. Es fehlt nicht an Aufzeichnungen über jene Soldatenzeit,
nicht an Beschreibungen der Uniformen, aber das Material ist zerstreut,
schwer auffindbar und lückenhaft. Einzelne der Studien und Skizzen
Werners sind wahre Unica, Sachen von hohem historischen Wert, die für
die Geschichte der preussischen und ausserpreussischen Heeresentwickelung
von grösster Bedeutung sind.
Professor Fritz Werner, geboren 1828 zu Berlin, hat seine künstlerische
Laufbahn als Zeichner und Kupferstecher begonnen. Sehr bekannt ist der
Stich, den er nach Menzels „Tafelrunde von Sanssouci“ ausführte. Mit
eigenen Bildern trat er erst in den sechziger Jahren hervor. Der Einfluss
Menzel’s, dessen Schüler Werner jedoch nie gewesen, sowie Meissonnier’s,
bei dem er einige Jahre zubrachte, ist in den Arbeiten Werners wohl er-
kennbar ; aber seine künstlerische Individualität suchte und fand allein ihren
Weg. Welcher Art dieser Entwickelungsgang war, wird die für die nächste
Zeit geplante Ausstellung der Gemälde Werners im Gurlitt’schen Salon zu
Berlin darthun. Wir werden dann Gelegenheit nehmen, auf die einzelnen
Arbeiten des Künstlers näher einzugehen. Erwähnung verdient jedoch
bereits hier die Thatsache, dass Werner von Seiten der Nationalgalerie
beauftragt worden ist, in einem grossen Gemälde die feierliche Enthüllung
des Denkmals der Königin Luise im Berliner Thiergarten zu schildern.
Diese Arbeit dürfte eins der hervorragendsten Werke werden, welche die
neuere Kunst auf diesem Gebiete aufzuweisen hat. P. D.

LXXI.
VOR DEM SPIEGEL
VON
WLADIMIR VON CZACHORSKI.
jener Kolonie polnischer und ungarischer Künstler, welche die Münchener
Luft zu guten Deutschen gemacht hat, gehört auch W. von Czachorski,
der Maler unseres Bildes: „Vor dem Spiegel“. Derselbe ist 1850 zu Lublin
geboren und hat seine künstlerische Ausbildung durch Piloty erhalten. In
seinen Darstellungen hat er das romantische Genre bevorzugt, daneben
aber auch liebliche Mädchengestalten gemalt, deren prunkvolle Kostümirung
ihm Gelegenheit gab, koloristischen Effekten zu huldigen. Von seinen
romantischen Bildern, in denen er auch zum Theil das Mittelalter schildert,
sind namentlich ein „Hamlet, der sich von den Schauspielern vordeklamiren
lässt“, sowie „Eintritt ins Kloster“ zu erwähnen.
Verschiedene seiner Bilder sind in Photogravure veröffentlicht worden,
welche Reproduktionsart für die Wiedergabe der reichen Stoffe, welche
sich auf den Bildern Czachorski’s vorfinden, besonders geeignet ist. Das
von uns veröffentlichte anmuthige Bild „Vor dem Spiegel“ war auf der dies-
jährigen Münchener Internationalen Kunstausstellung zu sehen und fand
wegen der Lieblichkeit des Vorwurfs und der wirkungsvollen malerischen
Behandlung allgemeinen Anklang.

LXXII.

DER WEIHNACHTSENGEL
VON
HERMANN KAULBACH.


Hermann Kaulbach.

Hermann Kaulbach gehört zu den
wenigen deutschen Künstlern, welche für
ihren Entwickelungsgang den denkbar gün-
stigsten Nährboden fanden. Als einziger
Sohn des grossen Meisters Wilhelm von
Kaulbach, des ehemaligen Direktors der
Münchener Kunstakademie, wurde ihm in
seiner Jugend nicht nur die Wohlthat, in
günstigen Lebensverhältnissen aufzu wachsen,
sondern auch das weitere Glück zu Theil,
in seinem Vater einen treuen Berather und
in Meister Piloty einen trefflichen Lehrer
zu haben.- Geboren im Jahre 1846 ver-
lebte der junge Kaulbach seine ersten Jahre

in fröhlicher Weise, wie es seinem lebhaften Naturell zusagte. Sein Sinn

für die Poesie, welcher frühzeitig zum Durchbruch kam und sich in selbst

verfassten Gedichten äusserte, liess die Vermuthung rege werden, dass er
einst ein bedeutender Schriftsteller werden könne. In diesem Sinne sprachen
sich Geibel, Bodenstedt und andere Freunde des väterlichen Hauses aus.

Aber das Anschauen der Bilder, die der Vater schuf, gab dem Drange Her-
mann Kaulbach’s, sich künstlerisch zu bethätigen, bald eine bestimmte Rich-
tung ; der Jüngling zeichnete und malte in seinen Mussestunden, wenngleich
ihm damals der Gedanke, Künstler zu werden, noch fern lag. Er hatte
sich vielmehr entschlossen, Arzt zu werden, und besuchte bereits die Vor-

lesungen einiger Professoren, als Karl von Piloty seine Studien und Skizzen
entdeckte und in ihnen ein solches Talent fand, dass er den jungen Kaulbach
bestimmte, einen regelrechten Studiengang einzuschlagen. Der Unterricht
Piloty’s hat vortrefflich auf den Künstler Kaulbach eingewirkt, und das innige
Verhältniss, welches zwischen dem nun verstorbenen Meister und seinem
Schüler bestand, beweist, welche Werthschätzung der Aeltere dem Jüngeren
entgegenbrachte. Von jener ersten Künstlerzeit Hermann Kaulbach’s wird
eine hübsche Anekdote erzählt, die auch auf den Charakter Wilhelm von

Kaulbach’s helles Licht wirft. Der junge Künstler war mit der liebreizenden
Tochter eines Nürnberger Malers verlobt, aber der Vater hatte durch das
gewichtige Wort: „Du darfst nicht eher heirathen, bis du dein erstes Bild
verkauft hast“, die Hoffnungen der Liebenden auf schnelle Vereinigung
vereitelt. Hermann verdoppelte nun seinen Lerneifer, er arbeitete unermüd-
lich, um des hohen Glückes theilhaftig zu werden. Und endlich hatte er
sein Ziel erreicht; sein erstes Bild war von einem Kunstfreunde erstanden
worden, der vierhundert Gulden dafür bezahlt hatte. Als er mit dieser
frohen Botschaft nach Hause kommt, sieht er seinen Vater vor dem Bilde
sitzen. „Nun, liebes Kind, wann machst du Hochzeit?“ ruft Meister Wil-
helm mit glücklichem Lächeln aus, damit dem Sohne die schönste Aner-
kennung seines Talentes gebend. Dass der Künstler das so wichtig gewor-
dene Bild stets in Ehren gehalten hat, ist selbstverständlich; noch heute
hängt es im Arbeitszimmer der Gattin Kaulbach’s.
Die Arbeiten des Künstlers stellen meist historische Genrebilder dar,
die durch ihre koloristischen Vorzüge — besondere Virtuosität entfaltet
Kaulbach in der Stoffmalerei — Bewunderung und Anerkennung gefunden
haben. Hierher gehören „Ludwig IX. in Peronne“ (1869), „Aus dem ge-
lobten Lande“, einen Kreuzfahrer schildernd, der beim vollen Krug Mönchen
seine Abenteuer erzählt, „Der sterbende Mozart bei Aufführung seines
Requiems“ (1872 in Wien durch eine goldene Medaille ausgezeichnet),
„Friedrich der Grosse und Sebastian Bach“, ferner eine Reihe origineller
Narrenbilder, mit denen der Künstler einen grossen Erfolg erzielte. Später
folgte das Bild „Lucrezia Borgia“, welches dieselbe, nur mit einem dünnen
Schleier bekleidet, vor ihrem Vater, dem Papst, ihrem Bruder, einer tür-
kischen Gesandtschaft und dem ganzen Hofe tanzend darstellte. Auf der
Berliner Jubiläumsausstellung war Hermann Kaulbach durch das gleichfalls
in diese Kategorie gehörende Bild „Die Krönung der heiligen Elisabeth“
 
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