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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 2.1888

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Grützner, Eduard von: Ein Willkommener Gast
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Hoff, Karl: Primula Veris
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https://doi.org/10.11588/diglit.47974#0041

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12

MODERNE KUNST.

Zahlreich sind die dem Leben des katholischen Klerus entnommenen
Bilder, in denen sich eine behagliche Gemüthlichkeit ausspricht. Hier sind
zu nennen: „Der Klosterkeller“, „Der Klosterschneider“, „Während des Gebet-
läutens im Braustübchen", „Klosterweinlese“, „Bei Hochwürden zu Tische“,
„Klosterbibliothek“, „Klosterbett“, „Rasirtag im Kloster“ u. a. Endlich ist
Grützner ein Verherrlicher des modernen Jägerlebens; „Der Sonntagsjäger“,
„Das Jägerlatein“, „Angeheitert“ (auf der ersten Internationalen Kunst-
ausstellung in Wien 1883) gehören zu den ergötzlichsten Genrestücken
der neuen deutschen Schule. Von seinen sonstigen Stoffen haben „Mephisto
hinter den Koulissen“, „das Bauerntheater“, „Schlesischer Zecher und der
Teufel“, „Einfädeln“ besonderen Beifall gefunden.
Unser Bild „Ein willkommener Gast“ gehört zu den vom Meister mit
besonderer Vorliebe ausgewählten Trinkerscenen, bei denen die frommen
Mönche und ehrwürdigen Aebte die Zeche zahlen. Bald ist es der feurige
goldige und purpurne Wein, bald das kühle, schäumende Produkt der
eigenen Braustube, mit dem die Herren sich und ihren Gästen wacker
Bescheid thun. „Ein willkommener Gast“ war aber nicht nur der, welcher
den dargebotenen Gaben nach Kräften gerecht wurde, auch ihm lagen
Pflichten ob, wollte er sich seines schmückenden Beiworts würdig erzeigen.
Und der wohlbeleibte Amtmann auf unserm Bilde kennt diese Regeln;
lustig kramt er die alten Scherze aus, die eine fröhliche verlebte Jugend ihm
als Erbtheil hinterliess, behaglich erzählt er die neuesten Erlebnisse, Lust
und Leid der Mitmenschen kunstvoll in kerniger Rede mischend. Mag auch
nicht jedes Wort, das ihm entschlüpft, mit einem Eide zu bekräftigen sein
— was kümmert’s uns, die Mönche sind zufrieden, sie haben den Alten
gern und kehrt er wieder ein, so ist er von Neuem ein willkommener Gast,
o
der Leben, Weltlust und die Geister des Humors in das einförmige Kloster-
dasein bringt.

XXII.
PRIMULA VERIS
VON
KARL HOFF.

Seit nahezu einem Menschenalter hat sich Karl Hoff auf dem Gebiete
der Genremalerei als einer der vielseitigsten Künstler bethätigt, der sowohl
dem modernen Leben wie vergangenen Kulturepochen die dankbarsten
Vorwürfe zu entnehmen weiss und mit feinsinniger Auffassung und ein-

dringlicher Charakteristik eine hohe Meisterschaft in Zeichnung und Farben-
gebung verbindet. Allbekannt ist sein in der Nationalgalerie zu Berlin
befindliches, aus dem Leben des 17. Jahrhunderts geschöpftes Hauptwerk
„Die Taufe des Nachgeborenen“, in welchem die genannten Vorzüge aufs
wirksamste zur Geltung kommen; am nächsten steht demselben wohl
jene von der Berliner Jubiläumsausstellung 1886 her bekannte ergreifende
Episode aus dem Bauernkriege, die unter dem Titel „Zwischen Leben und
Tod“ einen Geistlichen vorführt, der im F'reien einem tödlich verwundeten Guts-
herrn, über den sich seine junge Gattin verzweiflungsvoll geworfen hat, den
letzten Trost spendet, während von den Dorfbewohnern ein neugeborenes
Kind herbeigebracht wird, dem er die Taufe geben soll, um in den unruhigen
Zeitläuften sein ewiges Heil zu sichern. Dass unserem Künstler jedoch
nicht nur, wie in den beiden vorerwähnten figurenreichen Kompositionen
erregte seelische Stimmungen, sondern auch anspruchslos-heitere idyllische
Motive vorzüglich gelingen, beweist u. a. auch das im gegenwärtigen Heft
enthaltene ansprechende Frühlingsbild, das, in Privatbesitz zu Ludwigshafen
befindlich, 1883 auf der Internationalen Kunstausstellung zu München wei-
teren Kreisen zuerst bekannt wurde. Von den zahlreichen früheren Ar-
beiten Karl Hoff’s sind in erster Linie hervorzuheben die „Zigeuner vor
dem Ortsvogt“, mit denen er 1861 seine Laufbahn in vielversprechender
Weise begann, „Der kranke Gutsherr und sein Schullehrer“, „Das letzte
Rendez-vous“, „Der Winkeladvokat“, der ihm die Ehrenmitgliedschaft der
Akademie in Rotterdam eintrug, ferner „Noblesse oblige“, „Die Brautvisite",
die im Jahre 1866 entstanden „Rast auf der Flucht“, eine umfangreiche
Komposition von hoher technischer Vollendung, im Kostüm der Zeit
Ludwigs XIV., „Erste Kritik" (1868), die ebenfalls im 17. Jahrhundert
spielende „Heimkehr“, dann „Tartuffe und Elmire“ nach einer Moliere’schen
Scene, „Der Trunk zu Pferde“ und endlich das namentlich nach der kolo-
ristischen Seite hin meisterliche Gemälde „Vor dem Ausmarsch“.
Seine erste Ausbildung fand Hoff, der am 8. September 1838 zu
Mannheim geboren wurde, in der grossherzoglichen Kunstschule zu Karls-
ruhe, der er 1855—58 als Schüler J. W. Schirmers und Descoudres’ an-
gehörte; darauf bezog er die Düsseldorfer Akademie, wo er sich nament-
lich unter Vautier’s Leitung in der Genremalerei vervollkommnete. Nach
längeren Studienreisen in Deutschland, Frankreich, Italien und Griechenland
liess er sich in Düsseldorf nieder und folgte dann 1878 einem Rufe als
Professor an die Kunstschule zu Karlsruhe, wo er noch gegenwärtig eine
höchst erfolgreiche Lehrthätigkeit entfaltet. Neben dem Genre hat sich
Hoff auch als Bildnissmaler und Radirer rühmlichst hervorgethan. Äusser
der bereits erwähnten Auszeichnung wurde ihm 1872 die kleine Berliner
Medaille, 1873 die der Wiener Weltausstellung und 1879 das Ehrendiplom
der Münchener Ausstellung verliehen.
 
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