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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 2.1888

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Eisenhut, Ferenc: Der Schriftgelehrte
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Dahl, Hans: Norwegische Sennerin
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Mühlig, Hugo: Auf der Landstrasse
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https://doi.org/10.11588/diglit.47974#0066

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22

MODERNE KUNST.

er die Akademie zu München, wo er hauptsächlich den Unterricht von
Wilh. Diez genoss. In den Jahren 1885 und 1887 folgten dann grosse
Reisen, welche ihn nach dem Kaukasus, der Türkei, im letzteren Jahre auch
nach Afrika, Italien und Frankreich führten. Sämmtliche Bilder Eisenhut’s
tragen daher einen orientalischen Charakter, Formen und Farben jener
märchenhaften Welt behandelt der Künstler in meisterhafter Weise. Von
seinen Arbeiten sind besonders erwähnenswerth: „Heilung durch Koran-
schrift“ (1883), „Geldwechsler in Tiflis“ (1884), „Tod Gül-Baba’s“ (1886),
„Der Schriftgelehrte“ (1885), „Tartarenschule in Baku“ (1885), „Bettelnde
Marabuts“ (1887), „Markt in Kairwan“ (1888). Ein Theil der genannten
Bilder befindet sich im Besitze des österreichischen Kaiserpaares, andere
sind nach England und Amerika verkauft.
Das von uns veröffentlichte Bild „Der Schriftgelehrte“ giebt eine gute
Vorstellung von der Befähigung des Malers für die Wiedergabe orientalischer
Motive. Das Bild stellt eine in der Nähe eines prächtigen maurischen
Thorbogens versammelte Gruppe von Orientalen dar, die dem vorlesenden
Schriftkundigen mit grosser Aufmerksamkeit zuhören. Die Charakteristik
der Personen ist vortrefflich durchgeführt, das Ganze bietet eine inter-
essante, dem täglichen Leben entnommene Scene, welche durch die
koloristischen Vorzüge des Gemäldes besonderen Reiz erhält. Das höchst
malerische Kostüm, die effektvolle Dekoration, welche durch die Perspective
in eine bunt belebte Strasse noch gehoben wird, und die bei aller Verve
doch massvolle Art des Vortrages, welche so viele bunte und kontrastirende
Farben zu einem harmonischen Ganzen vereinigt, sichern dem Bilde das
Interesse des Beschauers.

XXXVII.

NORWEGISCH E SENN ERIN

VON

HANS DAHL

ie Eisenhut, so ist auch Dahl ein Ausländer, dem die
deutsche Kunst das Bürgerrecht verliehen hat. Eine
deutsche Ausstellung ohne einen Dahl — wir glauben, so
etwas giebt es gar nicht mehr; freudig konstatiren wir
diese Thatsache, da wir wissen, dass ein Dahl’sches Bild
stets Frohsinn und Sonnenschein um sich her verbreitet.
Ein glücklicher Mensch — dieser Dahl; aber auch ein
glückliches Volk — diese Norweger in ihrer natürlichen
Ungebundenheit, harmlosen Vertrautheit und genügsamen
Freude. Und stämmig, wohlgewachsen und unerschrocken
sind sie auch; spritzt einmal der Schaum der Wellen in
oder ist der Abstieg etwas steiler als üblich — sie lassen
sinken, im Vertrauen auf die eigene Kraft und Gottes Hilfe
Dieses Naturvölkchen zu schildern ist eine

das kleine Boot
den Muth nicht
geht’s weiter, dem Ziele zu.
wahre Lust, und darum lebt auch frohes Empfinden und frische Natürlichkeit
in den Werken des genannten Norwegers, der in dem Genre lieblicher
Volksscenen und Episoden aus dem Land- und Küstenleben seine Genossen
weit hinter sich lässt.
Hans Dahl ist zu Hardanger in Norwegen im Jahre 1846 geboren.
Er wollte die militärische Laufbahn einschlagen und besuchte auch vier
Jahre lang die Kriegsschule in Christiania, dann aber gab er den Beruf
auf, um sich ganz der Malerei zu widmen. Er studirte zunächst in Karls-
ruhe, wo er seinen berühmten Landsmann N. Gude als Lehrer antraf, ging
dann nach Düsseldorf, um seine Ausbildung unter der Leitung von v. Geb-
hardt und W. Sohn abzuschliessen. Seine Hauptstärke liegt in der lebens-
wahren Gestaltung der dargestellten Personen und in dem anmuthig-kräftigen
Kolorit, das namentlich in der Darstellung des Meeres zur vollen Geltung
gelangt. Aber auch in denjenigen norwegischen Natur- und Volksbildern,
welche dem Leben auf dem Festlande entnommen sind, 'spürt man eine
herzerfrischende Luft, den Äthern der grossartigen Natur, die den Menschen
beherzt und mit den Gefahren vertraut macht. Wie flott eilt unsere


„Norwegische Sennerin“ den Abhang herab! — Frohen Muthes beflügelt
sie den Fuss, um im Kreise gleich froher Menschen auszuruhen, zu schwatzen
und zu liebeln, denn auch an Verehrern wird es dieser schlanken Schönen
nicht fehlen. Ein fröhliches, genügsames und glückliches Kind der Berge
— so schildert uns Dahl die Sennerin seiner Heimath, und die Erfahrungen
nordischer Reisender werden dieses Bild nicht Lügen strafen.

XXXVIII.

AUF DER LANDSTRASSE

VON

HUGO MÜHLIG.

Den trefflichen Landschaftern, welche be-
reits in der „Modernen Kunst“ vertreten sind,
reiht sich Hugo Mühlig würdig an. Als der
Sohn des im Jahre 1873 verstorbenen, rühm-
lichst bekannten Historienmalers Hans Mühlig-
am 9. November 1854 zu Dresden geboren,
wurde Mühlig frühzeitig in die Geheimnisse
der Kunst eingeweiht; später absolvirte er
die Dresdener Akademie, deren Landschafts-
atelier der Leitung des jetzt in Berlin
lebenden Professors V. P. Mohn unterstand.
Im Jahre 1881 siedelte Mühlig nach Düssel-
dorf über, ohne jedoch dort in ein bestimmtes Schülerverhältniss zu treten.
Sein erstes grösseres Bild, „Patrouillendienst“, entstand im Jahre 1883.
Es folgten dann „Morgen an der Elbe bei Dresden“ (1884), „Frühlings-
morgen“ (1885), „Hessischer Markt“, „Herbstmorgen“ (1888), „Spätherbst-
morgen auf der Dresdener Haide “, „ Schwäbische Bauern zu Markte
fahrend“ (1888).
Die genannten Bilder sind durchweg hervorragende Leistungen, in denen
sich bedeutendes Können und tief empfundene Stimmung aussprechen. Be-
sonders bemerkenswert!! ist die Vorliebe des Künstlers für die Wiedergabe
der interessanten Lufterscheinungen, die dem Morgen schöner Herbsttage
charakteristisch sind. Der Kampf des Sonnenlichtes mit dem wallenden
Nebel ist stets mit grosser Feinfühligkeit zur Darstellung gelangt und mit
einer genialen Sicherheit trifft der Künstler den feinen grauen Ton, den
die Naturstimmung erfordert. „Auf der Landstrasse“ ist ein vorzüglich
gelungenes Beispiel hierfür. Die zwischen den Bäumen sich zusammen-
ballenden Nebelschleier, welche den dahinrollenden Wagen einhüllen, die
über dem Boden dahinschwebenden wolkigen Massen und die im Vorder-
gründe energisch markirten Rinnsale und Wasserlöcher des Weges erwecken
in dem Beschauer das halb liebliche, halb schauererregende Gefühl, welches
die Realität eines Morgenspazierganges neben dem von Blatt und Baum
herabtropfenden Nass zu erzeugen pflegt. — Erwähnenswerth ist auch die
reiche Staffage, welche sich auf den Arbeiten Mühlig’s vorfindet. Wie auf
unserem Bilde die Scenerie durch die Begegnung des seine Heerde aus-
treibenden Schäfers mit dem Jägersmänne und durch die den Blicken des
Publikums fast schon entrückte Postkutsche gleich einen freundlicheren
Charakter erhält, so ist auch auf den anderen bereits erwähnten Bildern
des Künstlers an wirkungsvoller Belebung der Natur kein Mangel. Vor-
trefflich ist in dieser Hinsicht der „ Spätherbstmorgen auf der Dresdener
Haide“, auf welchem Bilde die noch am frühen Morgen erfolgende Rück-
kehr einer Jagdgesellschaft zum Rendezvousplatz dargestellt ist. Die Jäger
haben, wie die reichlich vorhandene Beute zeigt, in jeder Beziehung Glück
gehabt. Ein stattlicher Sechzehnender scheint den Waidmännern ganz
besondere Freude zu bereiten. Die Gesellschaft ist mit grosser Lebens-
wahrheit wiedergegeben, auch die Treiber im Vordergründe sind charak-
teristische Gestalten und mit Humor dargestellt.
 
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