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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 2.1888

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Heim, Heinrich: Hochzeitszug
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Frauendorfer-Mühlthaler, Helene von: Spanische Romanze
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https://doi.org/10.11588/diglit.47974#0115

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MODERNE KUNST.

Da grünt noch wächst kein ander Kraut,
Als was das Auge gerne schaut.
Es steht gar in der Blüthe
Weiblicher Huld und Güte.
Da ist kein Obst darinne
Als Treue nur und Minne,
Ist Ehre nur und Würde da.
In solchem Paradiese, ja,
Das so voll Freud’ ohn’ Ende
Und so gemaiet stände,
Da könnte wohl ein seliger Mann
Seines Herzens Freude schauen an
Und seiner Augen Wonne seh’n.“

LXVIII.
SPANISCHE ROMANZE
VON
HELENE MÜHLTHALER.
Während in der Litteratur die Zahl der Schriftstellerinnen die der männ-
lichen Autoren gewiss erreicht, wenn nicht gar übersteigt, ist die
Schaar der Damen, welche mit Palette und Pinsel hantiren, noch keine

allzu grosse geworden. Gewiss giebt es viele begabte und achtungswürdige
Malerinnen, aber ihre Leistungen sind noch nicht so zahlreich und vor allem
nicht durch Grösse oder Art des Vorwurfs in die Augen fallend, dass man
von einer ernstlichen Konkurrenz des schönen Geschlechts auf diesem Gebiete
sprechen könnte. Die Mehrzahl der Malerinnen verzichtet auf gewaltige Kom-
position und imponirende Figurenfülle; sie beschränkt sich mehr auf die Einzel-
figur, das Porträt und das Genrebild. Zu den bekannten deutschen Künstle-
rinnen gehört Fräulein Helene Mühlthaler, eine in München lebende Dame, deren
Arbeiten sich grosser Beliebtheit erfreuen. Unser Bild „Spanische Romanze“
zeigt, dass die Malerin über ein achtbares Talent verfügt, das allerdings
nicht stark genug ist, um sich dem Sentimentalen ganz zu verschliessen.
Diese Bemerkung gilt auch für das auf der Münchener Internationalen Kunst-
ausstellung befindliche Pastellgemälde „Priesterin der Venus“, eine mit zwei
weissen Tauben erscheinende weibliche Gestalt in antikem Gewände dar-
stellend. Sehr gelungen und kräftig in der Auffassung sind die Frauen-
porträts, welche Helene Mühlthaler in Berlin und München ausgestellt hatte.
Diese Pastellarbeiten waren äusserst virtuos durchgeführt und fanden mit
Recht grossen Beifall; sie zeigen deutlich, dass diese Technik dem Talente
der Künstlerin am besten zusagt, wie denn überhaupt die Frauen gerade in
solchen leicht und duftig gehaltenen Darstellungen sich auszeichnen. Helene
Mühlthaler ist eine äusserst fleissige Künstlerin, ihre Werke sind allent-
halben gern gesehen und erfreuen sich eines guten Absatzes. Sicherlich
ist der Entwicklungsgang der Künstlerin noch nicht abgeschlossen und
wir dürfen hoffen, in Zukunft noch manchem anmuthigen Werke ihres Pinsels
zu begegnen.
 
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