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Oberrheinische Kunst — 1.1925/​1926

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Rott, Hans: Beiträge zur Geschichte der oberrheinisch-schwäbischen Glasmalerei: A) Konstanzer Glasmaler und Glasmalerei in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.54484#0034

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Hans Rott

Die Klage braucht nicht mehr wiederholt zu werden, daß die farbenprächtigen Erzeugnisse des
15. und 16. Jahrhunderts am Oberrhein, sehen wir einschränkend vom Freiburger Münster, den Rathaus-
fenstern zu Pfullendorf und der trefflichen fürstl. Fürstenbergischen Glasfenstersammlung im Rittersaal auf
Schloß Heiligenberg ab, bis auf bescheidene Reste in Konstanz, Reichenau-Mittelzell, Mainau, Villingen, Elzach,
Bleibach, Endingen, Staufenberg, Lautenbach, Oppenau, Ebersteinschloß, Tiefenbronn und anderen Orten
zugrunde gegangen, in Museen verschlagen oder in alle Winde zerstreut sind'. Hagelwetter, von deren
verheerenden Wirkungen die oberrheinischen Chroniken in ununterbrochener Folge berichten, der Bauern-
krieg in der Seegegend, im Alb- und Linzgau1 2, und der Mißverstand des 18. und unseres letzten Jahr-
hunderts haben das meiste von jenem Kunstgut vernichtet, hinter dem sich so oft das Schaffen eines
trefflichen Meisters im Entwurf und Scheibenriß verbirgt, so sehr manchmal auch die derbe Hand des
Glasmalers die Vorlage verwässerte.
Schon 1547 warf ein nächtlicher Sturmwind jenes vielgepriesene Wappenfenster in der Herren-
zunftstube der »Katze« zu Konstanz zu Boden, das Kaiser Sigismund 1451 den Geschlechtern in ihr neuerbau-
tes Gesellenhaus gestiftet hatte, was der Chronist als Kriegsvorzeichen erwähnt und deutet3. Unter dem
Salemer Abt Thomas I. Wunn (1614—1647) wurden in der herrlichen Münsterkirche des Klosters, wo schon
Ende des 15. Jahrhunderts unter dem Münstererbauer, Abt Ulrich II. von Selfingen (1282—1311), Glas-
maler mit einem eigens für sie erbauten Haus im Klostergarten erwähnt werden4 5, alle gemalten gotischen
Fenster entfernt, um nach den Worten des Chronisten den Altären und Statuen mehr Licht zuzuführen6.
Von den Ende des 18. Jahrhunderts im Hochgaden des Langhauses zahlreich vorhandenen Glasgemälden
der Konstanzer St. Stephanskirche aus dem zweiten Drittel des XV. Säculums sind heute nur kümmerliche
Reste, einige Rundscheiben mit Heiligen in den Chorfenstern, vorhanden6; und in der Margaretenkapelle des
dortigen Münsters, der Schöpfung des kunstsinnigen Bischofs Otto III. von Hochberg, schauen nur noch einige
Apostelfiguren von den Fenstern hernieder, während die Kreuzigungsgruppe darunter längst verschwunden
ist, gleich dem übrigen Fensterbestand der Kathedrale. In unveröffentlichten Papieren erzählt der Kon-
stanzer Maler Nik. Hug, wie in seiner Jugend noch alle Fenster der alten Schießstätte mit Wappenscheiben
1 Eine ausführliche Veröffentlichung des geschichtlichen und archivalischen Materials, der Unterlagen dieser Bei-
träge, in dem nächsten Heft der Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins.
2 F. J. Mone, Quellensammlung der Badischen Landesgeschichte II (1854), S. 47 (Chronik des Andr. Lettsch):
». . . ain erschröckliches, ungestümes, schedliches Wetter, also das der Hagel . . . Techer und Venster gentzlich zerschlug
im gantzen Kleggow, am Rein und Bodensee«. 1524. — Über die Zerstörung der Bauren im Kloster St. Blasien am 27. 4.
1525: »Und die Buren . . . wie die unvernunfftigen Thier, fiengen an ze blündern, ze nemen u. ze rouwen, desglichen
zerschlahen die Kirchenvenster, Offen, Bildtnussen der Hailligen, Orgeln, Tafflen und Altaria« (S. 48). »Den Creutzgang
zerschlugend sy und zerrissend die Fenstergestei, den Isin und Pley nach, und kamendt auch also umb den hupschen Brand
der Fenstern, so darin warend, die sy zerschlugend« (Ib. S. 62).
3 Christ. Schultheiß, Collectaneen VI, fol. 15 (Handschrift im Konstanzer Stadtarchiv).
4 ». . . quam pictores et vitrorum artifices frequentius inhabitare consueverunt«. Zeitschr. für die Geschichte des
Oberrheins XXIV, S. 252; Mone, Quellensammlung 1. c. III (1865), S. 51.
5 K. Obser, in Zeitschr. für die Geschichte des Oberrheins2, XXXI S. 72: »submotis antiquis et pictis seu coloratis
fenestris«.
6 Schon 1769 lautet ein Renovationsvorschlag: »Die obere Fenster im Langhaus, so mit gemalten Scheiben jetz
eingesetzt seind, müßten mit hellen Scheiben gantz neu gemacht werden«. — Bald darauf wurde auch der schöne Lettner,
»dise alt gotische Steinarbeit« und »rahre Antiquitet« in der Stefanskirche zum Abbruch bestimmt, »das einzige, was di-
seitige Stiftskirchen herrlich machen könne, weilen andurch der Chor schön geöffnet«. Karlsruhe, General-Landes-Archiv,
Konstanzer Kirchenbaulichkeiten 1408—1805 nr. 615; Denkmale d. Baukunst I (1829), S. 70; Ruppert 1. c. II 2. Schon
Martin Gerbert hatte 1780 den Erwerb der St. Stephansfenster für seinen Neubau in St. Blasien versucht; doch vergeblich.
Dafür erhielt er die Baldungscheiben aus der Freiburger Kartause.

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