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Oberrheinische Kunst — 1.1925/​1926

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Buchbesprechungen
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Jantzen, Hans: [Rezension von: Hans Wendland/Konrad Witz, Gemäldestudien]
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Noack, Werner: [Rezension von: Joseph Ganter, Die Schweizer Stadt]
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https://doi.org/10.11588/diglit.54484#0112

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Buchbesprechungen

Olsberger Madonna von Witz herrührte, so wäre die Her-
stellung eines »Olsberger Altars«, so wie es Wendland
unternimmt, nichts als eine phantasievolle Vermutung.
Zu den »kleinen« Gemälden, dem Neapeler Kirchenstück
und der Berliner Kreuzigung glaubt Wendland eine neue
Tafel mit dem Christophorus — jetzt im Berliner Museum —
hinzugefunden zu haben. Da ich das Original noch nicht
gesehen habe, enthalte ich mich des Urteils. Das Verhältnis
der »kleinen« Gemälde zum Werk des Witz ist sehr umstritten.
Soweit Konrad Witz überhaupt als Autor angenommen wird,
sind diese Bilder schon in der früheren Literatur als Werke
einer entwickelteren Stilstufe angesprochen. Wendland datiert
sie »nicht vor 1440«, sieht in ihnen also die Stilstufe des
Genfer Altars. Um das Fremdartige in der Erscheinung
dieser Malerei, die von der im übrigen klaren Entwicklungs-
linie des Konrad Witz: Basel — Genf — Spätgruppe ab weicht,
zu erklären, muß Wendland 1) das wenig brauchbare Ar-
gument M. J. Friedländers heranholen, daß kleine Bilder
andere stilistische Merkmale aufweisen als große Bilder, und
muß 2) behaupten, daß Konrad Witz plötzlich und gerade
hier unter Eyckschen Einfluß gekommen ist. Man fragt sich,
was dann schließlich noch mit dem individuellen Stil des
Meisters als nachweisbare Übereinstimmung übrig bleibt. Die
ganze Argumentation, soweit man überhaupt von einer solchen
sprechen kann, bestärkt mich wieder in der Überzeugung,
daß die »kleinen« Gemälde nicht von Witz herrühren. Das
ließe sich auch durch eindringende Analyse des Bildorganis-
mus erweisen, freilich nicht auf Grund der »methodischen
Betrachtungen«, die Wendland seinem Buche vorangestellt hat.
Diese Betrachtungen, die sich durch äußersten Skeptizis-
mus der Kunsterkenntnis charakterisieren, gehören zu den
weniger erfreulichen Erscheinungen unserer kunstgeschicht-
lichen Literatur. Der Kenner im Sinne Wendlands genießt
und beurteilt die »Materie der Malerei« etwa wie ein erlesener
Feinschmecker Importen oder edle Weine unterscheidet. Ich
zweifle keinen Augenblick, daß man aus diesen Quellen
erstaunliche Genüsse und Kenntnisse gewinnen kann. Aber
man verschone uns doch damit, aus solchen am Kunstwerk
erlebten Erfahrungen heraus theoretische Erörterungen über
die Aufgaben einer wissenschaftlichen Disziplin anzustellen
und dazu noch dieser Disziplin die erreichbaren Ziele ab-
stecken zu wollen, indem man gewisse Voraussetzungen aller
kunstgeschichtlichen Bemühung als letzte Möglichkeit ins
Auge faßt. Wenn Wendland sich des »Zusammenhanges
mit Bayersdorfer« zu erfreuen glaubt, so bleibt das wohl

ein Irrtum. Bayersdorfer hat die Technik als ein »kon-
tinuierliches Informtreten geistiger Vorgänge« aufgefaßt und
hat dementsprechend an der Geschichte der Kunst garbeitet.
Von solchen Möglichkeiten lassen die »methodischen Be-
trachtungen« Wendlands leider nichts ahnen.
H. Jantzen
Joseph Gantner: DIE SCHWEIZER STADT. Verlag R.
Piper & Co. in München.
In der bekannten Serie »Die schöne deutsche Stadt« ist
nunmehr auch ein der Schweiz gewidmeter Band erschienen.
Daß der geographischen Zusammensetzung der Eidgenossen-
schaft entsprechend nur ein allerdings überwiegender Teil
der darin behandelten Städte »deutsch« ist, macht das Buch
besonders interessant und lehrreich. Der andersartige Cha-
rakter der Städte der italienischen und französischen Schweiz
läßt gerade die Eigenart der alemannischen Gebietsteile und
ihre enge Verbundenheit mit deutscher Kultur besonders
deutlich erkennen. Die Physiognomie der Städte unseres
oberrheinischen Gebietes ist zuweilen kaum von den nord-
schweizerischen zu unterscheiden. Auch einige dieser schwei-
zer Städte, so Freiburg und Bern, sind Zähringer Gründungen
des 12. Jahrhunderts und zeigen schon in der Grundrißanlage
engste Verwandtschaft mit den badischen Schwestergrün-
düngen. Auch die Stellung der Häuser mit der Traufseite
nach der Straße, die Anlage der Tore und Türme, der
Charakter ganzer Straßen und Platzanlagen sind von über-
raschender Ähnlichkeit. Da die Schweiz das Glück hatte,
viel weniger als wir von kriegerischen und sonstigen Zer-
störungen heimgesucht zu werden, ist dort noch manches
erhalten, was wir bei uns nur noch aus alten Ansichten und
schriftlicher Überlieferung kennen. Die Auflösung der Erd-
geschosse der Häuser ganzer Straßenzüge in Lauben, die
früher z. B. auch die Kaiserstraße in Freiburg i. Br. hatte,
ist in Bern und anderen Orten noch teilweise vorhanden.
Das Buch vermittelt uns also nicht nur eine reiche An-
schauung von der Schönheit und beneidenswert guten Er-
haltung der schweizer Städte, sondern bedeutet darüber hinaus
eine wertvolle Quelle zur Erforschung unseres eigenen Städte-
baues.
Anlage und Ausstattung entspricht im allgemeinen den
früheren Bänden. Besonders wichtig ist die Beigabe zahl-
reicher Fliegerbilder, die gerade für diese Materie ein außer-
ordentlich instruktives Anschauungsmaterial bilden.
N o a c k

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