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Oberrheinische Kunst — 1.1925/​1926

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Schmitt, Otto: Vom Heiligen Grab im Freiburger Münster
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https://doi.org/10.11588/diglit.54484#0057

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Notizen

Vom Heiligen Grab im Freiburger Münster.
In einer Besprechung meiner »Gotischen Skulpturen des Straßburger Münsters«
(Frankfurt a. M. 1924), die soeben in den Blättern für württembergische Kirchen-
geschichte (N. F. XXVIII, 1924, S. isoff.) erschien, erörtert Hans Christ auch
das Verhältnis des Freiburger Heiligen Grabes zu den Skulpturen der Straß-
burger Katharinenkapelle. Er kommt dabei zu einem von meiner früher (Frbg.
Münsterbl. 15, 1919) geäußerten Ansicht abweichenden Besultat, indem er das
Freiburger Hl. Grab für früher, die Statuen der Katharinenkapelle
für später und von Freiburg abhängig hält. Christs Darlegungen scheinen
mir so interessant und in allem Wesentlichen überzeugend, daß ich nicht ver-
fehlen möchte, sie durch Abdruck der betreffenden Stelle in dieser Zeitschrift
einem weiteren Kreis von Fachgenossen zugänglich zu machen.
Frankfurt a. M. Otto Schmitt.
». . . so bleiben uns als letzte Zeugen für die (Straßburger) Münsterplastik der ersten Hälfte des
14. Jahrhunderts nur noch 4 Statuen an den Pfeilern der 1551 bis 1349 erbauten Katharinenkapelle und
Bruchstücke eines Heiligen Grabes. Über beide Gruppen hat Schmitt namentlich im Zusammenhang mit
dem Freiburger Heiligen Grabe wichtige Beobachtungen gemacht und bei dieser Gelegenheit die dunklen
Zusammenhänge der Rottweiler Bildhauerschule mit Freiburg-Straßburg merklich aufgehellt. An den von
ihm erkannten Zusammenhängen ist nicht zu rütteln. Dagegen vermag ich ihm in den Abhängigkeiten
und damit in den Zeitansätzen nicht immer zu folgen. Nach Schmitt wäre die Statue der hl. Katharina
bald nach 1331, die drei übrigen etwas später entstanden. Ihr Stil, der ganz allgemein an Vierpaßreliefs
des Außenchores der Pariser Notre-Dame anknüpfe, habe dann auf das Freiburger Heilige Grab und auf
Rottweil eingewirkt. Durch diese Thesen kommt m. E. zu Unrecht ein Druck nach vorwärts in die schon
von Paul Hartmann mit Mühe und Scharfsinn gewonnene Datierung der Rottweiler Schule. Der Gegenbeweis
kann von Straßburg-Freiburg und vom Standpunkt der schwäbischen Entwicklung aus geführt werden.
Zunächst bin ich der Überzeugung, daß das Freiburger Heilige Grab älter ist als die Statuen der Straßburger
Katharinenkapelle (mit Ausnahme der Titelheiligen). Der merkwürdig realistische Stil in Freiburg ist ein Novum
und wächst aus der heimischen Entwicklung heraus, hat aber zweifellos starke Impulse aus Frankreich bekommen
und zwar von einer Stilrichtung, die an den Chorkapellen der Pariser Notre-Dame bereits um 1300 nachweisbar
ist (vgl. Schmitt, Abb. 23 u. 24). Abgesehen von der Unwahrscheinlichkeit, daß eine in Frankreich um 1300
herrschende Stilrichtung erst nach 40 Jahren an einem dem französischen Gebiet so nahe gelegenen Bau wie
Freiburg gewirkt haben soll, wissen wir doch aus der Allgemeinentwicklung, daß die sterile Oberflächen-
behandlung der Statuen der Katharinenkapelle in dieses Stadium erst um die Jahrhundertmitte hinein reift.
Ein Vergleich der von Schmitt herangezogenen Marienfigur vom Freiburger Heiligen Grab mit der hl. Elisabeth
in Straßburg zeigt deutlich, daß die Gewandbehandlung in Freiburg natürlicher und über den Entwicklungsstand
um 1300 nicht sehr weit hinausgediehen ist, während sie in Straßburg vollkommen trocken und starr wird und
dies in einem Grade, wie er erst im 3. Viertel des 14. Jahrhunderts beobachtet werden kann. Den gleichen

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