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Oberrheinische Kunst — 1.1925/​1926

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Schmitt, Otto: Vom Heiligen Grab im Freiburger Münster
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https://doi.org/10.11588/diglit.54484#0058

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Notizen: Vom Heiligen Grab im Freiburger Münster

Eindruck hat man beim Studium der Gesichter. Das Freiburger Heilige Grab ist seinem ganzen Form-
charakter nach um 1330 oder wenig früher anzusetzen, während die Straßburger Statuen frühestens um
134g bei Fertigstellung der Kapelle entstanden sein mögen. Hiefür spricht auch die Verwandtschaft mit
den Rissen zur Apostelgalerie (Schmitt, Abb. 204/212). Damit löst sich die Zwangslage in den Beziehungen
zur schwäbischen Plastik und wir kommen zugleich zu dem Schluß, daß nicht Straßburg der Ausgang für
die schwäbische Entwicklung des 14. Jahrhunderts gewesen ist. sondern daß diesmal die Antriebe eher
aus Freiburg gekommen sind.
Auch von Schwaben aus erhält die frühere Datierung des Freiburger Heiligen Grabes Stützen:
Zunächst gibt das nördliche Chorportal des Augsburger Domes mit dem inschriftlich gesicherten Stiftungs-
datum 1343 einen festen Terminus ante für Rottweil und stützt Hartmanns Zeitansatz um 1330. Wesentlich
ist noch, daß beim Augsburger Tympanon eine Durchsetzung des Rottweiler Stiles mit Elementen der
Langhausplastik an der Gmünder Heiligkreuzkirche erfolgt ist. Man vergleiche nur einzelne Apostelköpfe
vom Marientod mit denjenigen der gleichen Szene am Gmünder Südwestportal, ebenso die beiden inneren
Engel der Marienkrönung, die von der Gmünder Marienkrönung abgeleitet sind, während die äußeren den
reinen Rottweiler Typ verkörpern. Durch diese Beziehung wird ein weiteres Beweismoment dafür erbracht,
daß die Bildhauerwerkstatt der Gmünder Heiligkreuzkirche nach 1330/33, dem Baubeginn des Langhauses,
und vor 1343 ihren eigentümlichen, mit Rottweil nur mittelbar zusammenhängenden Stil formuliert hat.
Diese Erkenntnis gewinnt noch an Bedeutung durch die Beobachtung, daß die beiden Statuen der Ver-
kündigung vom Gmünder Nordwestportal in unverkennbarem Zusammenhänge mit dem von Schmitt ab-
gebildeten »Posaunenengel« vom Hauptturm des Freiburger Münsters und mit den Statuen des Heiligen
Grabes stehen, so daß auch durch diesen Vergleich die Datierung des Freiburger Heiligen Grabes um
1330 und die Priorität gegenüber den Statuen der Katharinenkapelle in Straßburg gefestigt erscheint.
Für die Kenntnis des Rottweiler Meisters hat neuerdings E. L. Fischei wertvolle Beiträge geliefert durch
den überzeugenden Nachweis, daß das Grabmal Kuno und Anna von Falkenstein in der Stiftskirche zu Lieh und
die Statuen von Lettner und Chorgestühl der Liebfrauenkirche in Oberwesel in Schulbeziehung zu den
Rottweiler Propheten stehen und um 1333 bezw. 1331 entstanden sind. In diesem Zusammenhang möchte
ich darauf hinweisen, daß ein Bruder der Rottweiler Propheten mit allen Zügen dieser Schule außen an
der Moritzkapelle in Nürnberg steht und daß das Tympanonrelief vom Westportal des Münsters in Alt-
breisach an die Peripherie des Rottweiler Schulkreises zu setzen ist. Von ähnlich expansiver Kraft wie
das Freiburger Heilige Grab und die verwandte Statuarik, die sowohl nach Schwaben wie m. E. nach
Straßburg gewirkt haben, ist das wohl erst in den vierziger Jahren des 14. Jahrhunderts entstandene Heilige
Grab in Straßburg. Schmitt hat ihm schon in den Freiburger Münsterblättern (15. Jahrgang, 1919) eine
ausführliche Analyse gewidmet. Ich möchte hier lediglich hinzufügen, daß dieser merkwürdig konservative
Figurenstil, den man nur unter dem Zwang der historischen Überlieferung mit Schmitt so spät datiert,
eine entscheidende Einwirkung auf die Bildhauer des Westportals der Nürnberger Lorenzkirche gehabt
hat, welche im einzelnen noch zu untersuchen wäre.«
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