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Oberrheinische Kunst — 1.1925/​1926

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Lüttich, Rudolf: Der Heidelberger Schloßgarten im XVIII Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.54484#0051

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Der Heidelberger Schloßgarten im XVIII. Jahrhundert
Wir hätten damit beschreibend den Umkreis des Heidelberger Schloß garten s, wie er sich etwa um
die Mitte des 18. Jahrhunderts darstellte, umschritten. Es ist noch Anlaß, der Änderungen zu gedenken,
die man unter Karl Theodor vernahm. Eine so gründliche und den damaligen Stilanforderungen entsprechende
Neugestaltung, wie der Garten unter Johann Wilhelm1 und 1719 unter Karl Philipp erfuhr, ist nicht
wieder durchgeführt worden. Mit der Verlegung des Hofhaltes nach Schwetzingen und Mannheim 1720
hatten die Pfälzer Kurfürsten endgültig ihr Interesse an der Heidelberger Schloßanlage aufgegeben. Wie
für die Erhaltung der Bauten nur die knappsten Mittel zur Verfügung standen, so litten auch die Garten-
anlagen unter der großen Sparsamkeit. Gerade der Barockgarten bedarf für die grünen Wände seiner
Hecken und die geformten Kuppeln seiner Alleebäume ständiger Pflege. Die Akten melden nur von Zer-
störungen an den gemauerten Teilen und den Skulpturen. Die »Statua« bedarf 1739, 1744 und 1750
gründlicher Erneuerungen, die Putten sind beschädigt, dem Meergott der Fuß abgeschlagen. Hofbildhauer
Christian Lif ersetzt 1744 die zerstörten Teile, ein Anstrich mit weißer Ölfarbe soll jedesmal gegen die
Unbilden des Klimas schützen2. Auch die Gruppe (?) im großen Bassin ist 1761 beschädigt. Eine größere
Reparatur des Gartens scheint 1750 durchgeführt worden zu sein, wenigstens wird von dem »neuen
Gartenriß« gesprochen8. Doch scheint es, daß sich die Arbeiten hauptsächlich auf die Besserung in der
Wasserzuleitung bezogen. Eine neue steinerne Stiege sollte die unterste Nordterrasse besser zugänglich
machen (1751). Von den zwei kunstvollen Doppeltreppen, die de Caus hier geplant hatte, war damals
nichts mehr vorhanden, wenn sie überhaupt je angelegt worden sind. 1750 erhielt der Merkur der »Statua,
so im Hofgarten stehet«, einen neuen geflügelten Stab, mit Blattgold überzogen, der Neptun seinen Drei-
zack4. Im Jahre 1772 wird von der »Herstellung des dasigen Schloßgartens« gesprochen. Durch sie
wurden die für die Ansicht des Schlosses von Norden so stark wirkenden Bogennischen der Großen Terrasse
bedroht. Man machte einen Entwurf, die Öffnungen durch eine 7 Fuß dicke Mauer zuzusetzen und die
Höhlungen dahinter mit Grund auszufüllen. Glücklicherweise trat der Unternehmer von dem Akkord
zurück, und so begnügte man sich wohl mit einer weniger eingreifenden Erneuerung der Substruktionen6.
Eine erfreuliche Zutat dieses Jahres war der schon erwähnte Gartentempel, das Oktogon. Graphische
Blätter des ausgehenden 18. Jahrhunderts geben auf der Nordwestecke der Großen Terrasse ein Aussichts-
häuschen aus Lattenwerk wieder 6; es mag sich mit dem steinernen Gartenhaus wohl vertragen haben. —
Übergangen werden mögen die Bereinigungen des Gartens von den letzten Überbleibseln der Renaissance-
anlage, da die Nachrichten vorläufig noch zu unbestimmt sind.
Es nimmt Wunder, daß schon vier Jahre nach diesen doch umfangreichen Arbeiten das Interesse
am Schloßgarten so geringwar, daß man ihn verpachtete (1776)7. Damit verliert der Garten seine künstlerische
-. . £
1 Aus einer Inschrift auf der Statua nach J. T. Kayser a. a. O. S. 55: Principe Wilhelmo datus est regnante Jo-
hanne ortus ....
2 General-Landes-Archiv Heidelberg-Stadt Bausachen 6'5, 1744 Okt. 51.
8 General-Landes-Archiv a. a. O. 77, 1750 Fehr. 20.
4 Mitteilungen VI 17 A. 1.
5 General-Landes-Archiv a. a. O. 65. 1772 April 14 und Juli 18.
6 Radierungen von W. L. Schmidt: Schloßaltan von Westen und Anonymes Sepiablatt, dasselbe, wahrscheinlich von
Schlicht 1784. (Beide Kurpfälzisches Museum Heidelberg.)
7 Vorliegender Aufsatz ist einem in der Kunstwissenschaftlichen Gesellschaft zu Freiburg am 4. Juni 1924 gehal-
tenen Vortrag entnommen.

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