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Oberrheinische Kunst — 1.1925/​1926

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Berichte: Freiburg i. Br. (Kunstwissenschaftliche Gesellschaft)

werden, für das Denkmälerarchiv ein sehr schöner altkolo-
rierter Druck der Ansicht von Freiburg von Gregorius
Sickinger 1589 und anläßlich der Ausstellung zur Ikono-
graphie des Münsters eine Anzahl Münsteransichten.
Gelegentlich der vierten Tagung für christliche Kunst
wurde im Kirchenraum des Augustinermuseums von August
bis Oktober eine umfassende Ausstellung mittelalterlicher
Kunst des Oberrheins veranstaltet, bei der Dank dem Ent-
gegenkommen der kirchlichen Behörden und vieler Privat-
sammler eine Reihe ganz besonders wertvoller und zum Teil
schwer zugänglicher und wenig bekannter Stücke gezeigt
werden konnten; das 2. Heft der Berichte aus dem Frei-
burger Augustiner-Museum enthält den reichillustrierten Kata-
log dieser Ausstellung. Im Ausstellungsraum fand gleichzeitig
eine Ausstellung von Dürer-Graphik aus dem Besitz des
Urb an-Verlages statt. Vorher waren im April und Mai alte
Spitzen gezeigt worden; den Grundstock dieser Ausstellung
bildete ein Teil der Spitzenausstellung, die das Basler Gewerbe-
museum im März veranstaltet hatte, ergänzt durch Freiburger
Privatbesitz. Im Juni/Juli schloß sich eine Ausstellung zur
Ikonographie des Freiburger Münsters an, deren Mittelpunkt
die mittelalterlichen Pergamentrisse des Münsterturmes aus
dem Besitz des Germanischen Museums in Nürnberg, der
Akademie der bildenden Künste in Wien und des Staats-
archivs in Freiburg i. d. Schweiz bildete. Über diese Risse
und ihr Verhältnis zum Münsterturm soll noch ausführlicher
berichtet werden. — Um das Interesse der Jugend an den
älteren Kunst- und Altertumsdenkmälern des Landes zu
wecken, hatte der Landesverein Badische Heimat für die
Schulen ein Preisausschreiben zur Gewinnung von Zeich-
nungen erlassen; das eingegangene Material wurde im Februar
und März ausgestellt. Im März und April fand dann noch
eine Ausstellung von Architekturzeichnungen und Reiseskizzen
des als Ordinarius an die technische Hochschule in Danzig
berufenen Stadtoberbaurates Dr. K. Gruber statt. Noack.
Freiburg i. Br.: Kunstwissenschaftliche Gesellschaft.
Das Wintersemester 1924/25 brachte in öffentlichen Vor-
trägen und wissenschaftlichen Monatssitzungen eine Fülle
wertvoller Anregungen und Belehrungen. Die Reihe der
öffentlichen Vortragsabende wurde am 29. November
1924 mit einem Vortrag des Professors Dr. Ernst Grosse
(Freiburg) über »Japanische Töpferkunst« eröffnet.
Über den Rahmen seines Themas hinausgreifend, gab der
Vortragende ein fesselndes Bild von Kultur, Sitte und Reli-
gion des japanischen Volkes. Zu Beginn des laufenden Jahres,
am 28. Januar, sprach der Konservator der Städtischen Samm-
lungen Dr. Werner Noack (Freiburg) in einem gemeinsam
von der Kunstwissenschaftlichen Gesellschaft und dem Ver-
ein Badische Heimat veranstalteten Lichtbildervortrag über
»Schutz und Erhaltung unserer alten Bau- und
Kunstdenkmäler«. Den mit großem Interesse entgegen-
genommenen lehrreichen Ausführungen über die mannigfal-
tigen, schwierigen Probleme der Denkmalpflege folgte am
28. Februar ein Vortrag über »Romanische Malerei und
Plastik in Schwaben«, in welches Kunstgebiet Professor

Dr. Julius Baum (Ulm) seine zahlreichen Zuhörer, an Hand
von ausgezeichnetem Anschauungsmaterial und auf reiche
Kenntnisse fußend, einführte.
Höchst interessante Mitteilungen über wenig oder gar
nicht bekannte Themen brachten die wissenschaftlichen
Monatssitzungen. An erster Stelle, am 5. November 1924,
hielt der Direktor der Universitäts-Bibliothek, Professor
Dr. Emil Jacobs (Freiburg), einen äußerst fesselnden, auf-
schlußreichen Vortrag über das Museo Vendramin, das
sich einst in Venedig befand. Im Anschluß an die Ver-
öffentlichung von Tancred Borenius: The Picture Gallery
of Andrea Vendramin (London 1923) wies der Vortragende
nach, daß das Museo des Andrea Vendramin zu einem erheb-
lichen Teil schon im siebzehnten Jahrhundert nach Holland
gekommen ist. Gerrit Reynst, dem gemeinsam mit seinem
Bruder Jan die Maraviglie d’arte des Ridolfi gewidmet sind,
brachte die Antikensammlung des Museo an sich. Auch die
Gemälde kamen, wenigstens zum Teil, in Gerrit Reynst’s
Besitz nach Amsterdam. Rembrandt hat sie gekannt, der
Kunsthändler Uylenburgh sie später (1670) zum Teil erwor-
ben. — Der Vortrag ist bereits im Druck und erscheint im
ersten Heft des Repertoriums für Kunstwissenschaft von 1925.
Die Sitzungen vom 3. Dezember und 7. Januar waren
Rezensionen von Neu-Erscheinungen der kunstwissenschaft-
lichen Literatur gewidmet. Die zahlreichen, zum Teil sehr
bedeutungsvollen Veröffentlichungen, die beidemale aus allen
Gebieten der Archäologie, Kunstgeschichte sowie der Ästhetik
vorgelegt werden konnten, zeigten, wie wichtig und not-
wendig, gerade heute bei der Schwierigkeit der Beschaffung
größerer Werke, solche literarischen Sitzungen sind; man
wird sie deshalb besonders dankbar zu begrüßen haben.
In der Sitzung vom 4. Februar gab Professor Dr. Walter
Friedländer (Freiburg) einen sehr interessanten Beitrag
zur Geschichte des werdenden Barocks in der italienischen
Malerei, vermittelt durch Werke des bisher noch wenig
bekannten Malers Giovanni Battista Grespi, meist nach
seinem lombardischen Heimatsort il Gerano genannt (1557 [?]
bis 1633). Frühe Bilder, wie die Geburt Christi in der
Turiner Galerie, zeigen ihn noch stark unter dem Einfluß
des Manierismus — gehäufte Komposition, helle Lokalfarben.
Auch Bilder, wie die sehr schöne Taufe Christi von 1601
in Frankfurt a. M. (Städel), haben in der etwas pretiösen
Bewegung mancher Figuren noch manieristische Elemente.
Doch beginnt Cerano bald, ähnlich andern führenden Künst-
lern der Epoche (Caravaggio, di Carracci) eine »Reforma-
tion« der Künste durch Zurückgehen auf größte Einfachheit
möglicherweise unter Anlehnung an Venetianer, wie Moretto
und Romanino. Besonders seine Madonnenbilder haben einen
höchst strengen Aufbau, aber verbunden mit großer Auf-
lockerung des Stofflichen und mit einer sehr feinen tonigen
Farbigkeit. Solche Bilder befinden sich in Mailand (Brera
und in verschiedenen Kirchen), Pavia, Turin, Florenz (Uffi-
zien) und sonst. Vielfach zeigen sie als einen der Heiligen
den S. Carlo Borromeo; es ist deshalb anzunehmen, daß
diese Bilder nicht vor 1610 (Heiligsprechung des S. Carlo)
gemalt sind. Noch überraschender sind aber die großen

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