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Oberrheinische Kunst — 1.1925/​1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.54484#0106

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Berichte: Basel (Gewerbemuseum) / Freiburg i. Br. (Augustinermuseum)

die beiden Tafeln zu Sebastian Münsters Instrument beider
Lichter zu sehen, das graphische Hauptwerk seines letzten
Basler Aufenthalts (um 1530), als er die beiden Fresken von
Saul und Samuel und Rehabeam mit den Ältesten seines
Volkes für das Basler Rathaus malte und die großen Ereignisse
der Reformation auch in dem sonst kühlen Manne die
menschlich ergreifenden Seiten des Daseins mehr und mehr
in den Vordergrund rückten. Unter den Geschenken auf
diesem Gebiete ist vor allem ein Exemplar der Freiburger
Stadtrechte von 1520 mit dem bekannten Titelblatte der
Madonna mit den beiden Stadtheiligen zu nennen, das die
Stadt Freiburg der Basler Sammlung in Erinnerung an die
alten Beziehungen zum Geschenk gemacht hat.
Von Neuerwerbungen der letzten Monate seien er-
wähnt Dürers »Weihnachten« (B. 2) und eine Studie von
Böcklin »Pan Nymphe verfolgend«, welche den ersten Entwurf
zu dem bekannten, später völlig veränderten Bilde darstellt.
R. R.
Basel: Gewerbemuseum.
Das Gewerbemuseum in Basel veranstaltete, nach einer
Ausstellung über das Basler Bürgerhaus in der Zeit der Gotik
und der Renaissance, vom 13. September bis 18. Oktober eine
Ausstellung über die Leinenstickerei, die die schönsten
Arbeiten dieser Technik aus schweizerischen Museen und
Privatsammlungen vereinigte und damit einen Überblick über
die in der Schweiz seit dem Mittelalter heimische Leinen-
stickerei bot. Neben einer Gruppe mittelalterlicher Stücke
— darunter eine aus dem Kloster Altenberg a. d. Lahn
stammende Altardecke, deren Entstehung noch in das 13. Jahr-
hundert fallen mag, sowie das schöne Tafeltuch des Histo-
rischen Museums in Basel aus dem Kloster Felsbach am
Bodensee — waren vor allem die charakteristischen schwei-
zerischen Tischdecken, Reichslaken des 16. Jahrhunderts usw.
vertreten, die in ihren mannigfaltigen bildlichen Darstel-
lungen eine ähnliche Volkstümlichkeit zeigen wie die gleich-
zeitigen Ofenkacheln, Kuchenmodel, Glasgemälde usw. Eine
dritte Gruppe bildete die Leinenstickerei mit abgezähltem
Muster (Kreuzstich, Holbeinstich und verwandte Stickgat-
tungen), die sich in der Innerschweiz und besonders im
Engadin bis ins 18. Jahrhundert hinein, z. T. mit auffallen-
der Reinheit der ursprünglichen Renaissancemuster, erhalten
hatte. Die Leinen- und Batiststickereien des 18. Jahrhunderts
zeigten, wie der veränderte Stil neue technische Verfahren
und Muster schuf, bis endlich mit der um 1760 nach chi-
nesischem Vorbild eingeführten Tamburinstickerei der jahr-
hundertelangen Entwicklung ein etwas dürftiges Ende be-
reitet wurde.
Soweit die Übersicht über die Vergangenheit der Leinen-
stickerei. Da es aber Aufgabe des Gewerbemuseums ist, von
der Vergangenheit schließlich zu den Aufgaben der Gegen-
wart zu führen, schloß sich an die retrospektivische Abtei-
lung eine Zusammenstellung neuzeitlicher Arbeiten an, an
der sich vor allem die Klasse für Sticken und Weben an der
Allgemeinen Gewerbeschule in Basel beteiligte.
Die Folge der Ausstellungen über die Textilkunst soll im
kommenden Jahre, zunächst mit einer Ausstellung über die

Handweberei, fortgesetzt werden. Die Novemberausstellung
des Gewerbemuseums hatte die Flechttechniken zum
Thema. Die nächste soll dem Bilderbuch gewidmet sein
(13. Dezember bis 16. Januar).
Unter den neuesten Erwerbungen des Gewerbemuseums
sind zu nennen: einer der typischen Basler Barockschränke
um 1700, nußbaumfourniert mit gewundenen Säulen, einige
der schönsten Drucke des Parmenser Hofbuchdruckers G. B.
Bodoni, sowie eine Anzahl von Textilien. Diese Erwerbungen
ergänzen die Typenreihen unserer nach Materialgruppen ge-
gliederten Sammlung, deren Zweck es ist, den Besucher
— Handwerker, Schüler und Laien — in die Fragen der
künstlerischen Materialbehandlung einzuführen.
K i e n z 1 e
Freiburg 1. Br.: Augustinermuseuni.
Von den im 1. Heft dieser Zeitschrift mitgeteilten Neu-
erwerbungen des Jahres 1924/25 bringen wir diesmal Ab-
bildungen von zwei Stücken der Abteilung für neuere Kunst
(Taf. 45): Das Aquarell von Emil Lugo »Einsamkeit«, 1863,
H. 62,5, Br. 89,5 (M 24/7, Erwerbung der Gesellschaft der
Freunde der städt. Sammlungen; Beringer: Emil Lugo, Karls-
ruhe 1925, N. 21) ist ein besonders charakteristisches Werk
des Meisters aus der Zeit, als er bei einem Aufenthalt in
Weimar mit Preller in Berührung kam. Es ist eine wert-
volle Ergänzung des reichen Lugo-Besitzes der Stadt, der
den Mittelpunkt der demnächst stattfindenden Neuaufstellung
unserer Bestände an neueren Kunstwerken bilden wird. Daß
in dieser Abteilung Hans Thoma bisher nur mit drei Zeich-
nungen vertreten war, bedeutete für ein badisches Museum
eine besonders empfindliche Lücke, die auszufüllen mit dem
Ankauf des Gemäldes »Friedliches Schauen«, 1878, Öl auf
Leinwand, H. 31, Br. 42 (M 24/9, Thode S. 108) ein ver-
heißungsvoller Anfang gemacht wurde.
Auch in der 1. Hälfte des Rechnungsjahres 1925/26 ist
wieder eine erfreuliche Vermehrung der Sammlungen durch
Kauf, Schenkungen und Leihgaben zu verzeichnen. Besondere
Erwähnung verdienen:
Sitzende Madonna mit Kind, Elsaß 1490—1500, Linden-
holz Fassung neu, darunter erhebliche Reste alter Fassung,
H. 35, 5, Br. 28 (S 25/1, Abb. Taf. 44, erworben von der
Altkunst G. m. b. H. in Freiburg i. Br.); es ist ein charak-
teristisches Beispiel spätgotischer elsässischer Skulptur mit
deutlichen Nachklängen der Kunst des Niklas Gerhart von
Leyden und des sog. Simon Lainberger. — Christus als
Gärtner (aus einer Gruppe des Auf erstandenen mit Maria
Magdalena), Elsaß um 1500, angeblich aus Ensisheim, Sand-
stein, H. 74 (S 25/3). — Gewirkter Kissenbezug mit Darstellung
der Verkündigung und Brustbildern von zwei Aposteln, Ober-
rhein um 1500, aus dem Dominikanerinnenkloster Adelhausen,
H. 36, 5, Br. 45, 5 (K 25/2, Leihgabe des Schulfonds Adel-
hausen) ; das sehr schöne, ausgezeichnet erhaltene Stück gehört
zusammen mit zwei weiteren Kissenbezügen, die sich schon
seit langem als Leihgaben der Stiftungsverwaltung in den
Sammlungen befinden; der eine zeigt nur ein unserem neuen
Stück entsprechendes Ranken werk auf dunklem Grund, der
andere außerdem die Brustbilder von zwei weiteren Aposteln

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