Berichte: Kaiserslautern (Pfälzisches Gewerbemuseum)
sondern in der Feststellung der Tatsache, daß in der
Ausbildung seines Stiles der Heidelberger Schule und noch
mehr dem Einfluß der Heidelberger Landschaft die ent-
scheidende Rolle zukommt. — Fohrs Vater hatte den be-
gabten Knaben zum alten Friedrich Rottmann in die Lehre
gegeben, bis er auf Empfehlung Issels, des Malers und hessi-
schen Hofrats, an den Darmstädter Hof kam; dort nahm die
Erb- und Großprinzessin Wilhelmine Luise, eine Badnerin,
sich seiner weiteren Ausbildung in München und Rom an.
Aber wie die Ausstellung, die uns von Raum zu Raum vor
immer größere Überraschungen stellte, zeigte, ist Fohr vor
allem Autodidakt und hatte das Beste seinen eifrigen Natur-
studien zu verdanken.
Von den Frühwerken, den Stadt- und Landschaftsprospek-
ten des Neckartals und der Bergstraße, lösen sich die Bildnis-
zeichnungen des Fohr-Albums, die großen Landschaftskom-
positionen und die interessanten Studienblätter der Tiroler
Reise als Weg- und Marksteine seiner Kunst los. Die frühen
Veduten zeigen vielfach den Einfluß seiner Lehrer, wie Rott-
manns und Issels, des Darmstädter Architekten Moller und
des Schweizer Prospektmalers Strüdt. Aber auch hier bricht
sich die stärkere Begabung Fohrs schon frühzeitig Bahn in
einem künstlerisch gewählten Naturausschnitt und größerer
Farbenfreude, wie die schönen Aquarelle vom Dillsberg und
von der Ersheimer Kapelle zeigen, sowie das alle Schul-
zusammenhänge hinter sich lassende kleine Bild des schla-
fenden Knaben, ein Werk des 15 jährigen. Diese außer-
ordentliche Begabung zum Bildnis und Figürlichen bestätigen
die Porträtzeichnungen des Fohr-Albums, die nach der An-
sicht vieler den Höhepunkt im Schaffen des Künstlers dar-
stellen und zum wertvollsten Besitz des Heidelberger Mu-
seums gehören. Denn diese in klarer Umrißzeichnung mit
sparsamem Schattenschlag gegebenen Studienblätter zu einem
Gruppenbild der Künstlergesellschaft des Cafe Greco in Rom
überraschen nicht nur durch die Treffsicherheit des Physio-
gnomischen, sondern auch durch eine in ihrer Art vollendete
künstlerische Form. Die berühmtesten seiner Zeitgenossen,
wie P. Cornelius, J. A. Koch, Overbeck u. a., hat hier Fohrs
Stift festgehalten. Neben diesen streng stilisierten Bildnis-
studien des 25jährigen fällt unser Blick voll Staunen auf
eine kleine, genial hingeworfene Tuschzeichnung, die lebhaft
den Geist der Romantik herauf beschwört. Drei junge Freunde
— der mittlere ist Fohr selbst — in altdeutscher Tracht,
hohen Hüten, mit wallenden Locken, von einem großen
Hunde gefolgt, ziehen an uns vorüber (1816 dat.). Dies kleine,
leichtbeschwingte Blatt verrät uns, daß auch der graziöse
Zeichenstil des Rokoko in Fohrs Kunst Wurzel geschlagen
hat. Dieselbe immer wieder erstaunliche Belebtheit und
Vielseitigkeit der Form finden wir in der interessanten Gegen-
überstellung der Studienblätter der Tiroler und der Schwarz-
waldreise wieder. In Blättern wie »Mummelsee«, »Herren-
wies«, »Pfingstrose und Dornbusch« (ich verweise hier auf
den reich illustrierten Katalog der Ausstellung) kommt die
echt romantische Andacht zum Kleinen und Unbedeutenden
zum Ausdruck mit ihrer liebevollen Hingabe an das Eigen-
leben des kleinsten Hälmchens oder Blattes. Im »Salzburger
Friedhof«, dem »Holzacker« oder dem »Tiroler Bergtal«
dagegen herrscht eine Großzügigkeit und Freiheit der Linie
vor, die noch durch die neue, breitflächig angelegte Farbig-
keit verstärkt wird. Alles kleintüpfelige Wesen der Vedute
scheint hier von ihm abzufallen.
Erst auf der Grundlage dieser gesamten Studien wird
uns das Hauptwerk Fohrs verständlich, die monumentalen
Landschaftskompositionen, die im Mittelpunkt der Ausstel-
lung standen. Neben dem echt romantischen Aquarell der
illyrischen Berglandschaft, der großen deutschen Waldland-
schaft (Sepia) nimmt hier die Ostansicht des Heidelberger
Schlosses mit dem wie ein Schirm sich ausspannenden gro-
ßen Edelkastanienbaum mit Recht die erste Stelle ein. Denn
sie zeigt, wo Fohrs Stil die letzte Reife gefunden; und man
muß nur diese Art der Baumzeichnung mit der zeitüblichen
und seinen eigenen Anfängen vergleichen, um die Spannweite
seiner Entwicklung zu ermessen.
Wir möchten in diesem Zusammenhang noch die kleine
Zeichnung der Scheffelterrasse erwähnen, die dieselben Stil-
merkmale aufweist und unbedingt noch über die Tiroler
Blätter hinausführt. — Neben diesen überraschenden Wer-
ken, die an Kraft der Formgebung den jungen Thoma der
gleichen Altersstufe weit überflügeln, treten die Ölbilder,
unter denen die große ideale Landschaft der Berliner Jahr-
hundertausstellung hervorragte, als maltechnisch noch an-
fängerhaft, mehr in den Hintergrund. Zahlreiche Entwürfe
zu figürlichen Bildern treten ergänzend zum Bild des Ge-
samtwerkes hinzu, sie lassen auch am Thema ihrer Sagen-
und Rittergeschichten die neue, romantische und vaterlän-
dische Gesinnung des Künstlers erkennen. Angesichts all
dieser Werke und Studien läßt uns der Gedanke nicht los,
daß das Schicksal uns wohl mit Fohr den größten aller
Maler der Romantik vorenthalten hat, dem es beschieden
gewesen wäre, die neue Kunst nicht nur mit neuen Inhalten,
sondern mit neuer, selbsterrungener Form zu erfüllen.
Es sei noch darauf hingewiesen, daß die letzten Räume der
Ausstellung zum Vergleich Werke seiner Lehrer, Freunde
und Schüler brachten, darunter solche des ganz unbekannten
Münchner Freundes Ruhl, der Fohr im Ölmalen unterrichtete.
In den Schaukästen lagen das Landschaftsskizzenbuch und
von nicht ausgestellten Werken Reproduktionen des Urban-
Verlags auf, für den Graf Hardenberg und Edmund Schil-
ling eine neue Fohrbiographie vorbereiten. Es ist zu be-
grüßen, daß die schöne und wertvolle Ausstellung in weiten
Kreisen die verdiente Beachtung gefunden hat. Sie tritt er-
gänzend und bestätigend dem von echter Freundschaft ge-
tragenen Lebensbild des Künstlers zur Seite, das Dieffenbach
schon 1825 herausgab und das heute in einem Neudruck vor-
liegt; sie hat in ihrer Weise ein Vermächtnis erfüllt, das
schon die Freunde Fohrs beseelt, als sie dem Frühvollen-
deten ein Denkmal im Heidelberger Schloßgarten hatten auf-
richten wollen. Dr. Gerda Kircher
Kaiserslautern: Pfälzisches Gewerbemuseum.
MAX SLEVOGT-AUSSTELLUNG. — Eine Slevogt-
Ausstellung in der Pfalz konnte nur ihren Wert gewinnen,
96
sondern in der Feststellung der Tatsache, daß in der
Ausbildung seines Stiles der Heidelberger Schule und noch
mehr dem Einfluß der Heidelberger Landschaft die ent-
scheidende Rolle zukommt. — Fohrs Vater hatte den be-
gabten Knaben zum alten Friedrich Rottmann in die Lehre
gegeben, bis er auf Empfehlung Issels, des Malers und hessi-
schen Hofrats, an den Darmstädter Hof kam; dort nahm die
Erb- und Großprinzessin Wilhelmine Luise, eine Badnerin,
sich seiner weiteren Ausbildung in München und Rom an.
Aber wie die Ausstellung, die uns von Raum zu Raum vor
immer größere Überraschungen stellte, zeigte, ist Fohr vor
allem Autodidakt und hatte das Beste seinen eifrigen Natur-
studien zu verdanken.
Von den Frühwerken, den Stadt- und Landschaftsprospek-
ten des Neckartals und der Bergstraße, lösen sich die Bildnis-
zeichnungen des Fohr-Albums, die großen Landschaftskom-
positionen und die interessanten Studienblätter der Tiroler
Reise als Weg- und Marksteine seiner Kunst los. Die frühen
Veduten zeigen vielfach den Einfluß seiner Lehrer, wie Rott-
manns und Issels, des Darmstädter Architekten Moller und
des Schweizer Prospektmalers Strüdt. Aber auch hier bricht
sich die stärkere Begabung Fohrs schon frühzeitig Bahn in
einem künstlerisch gewählten Naturausschnitt und größerer
Farbenfreude, wie die schönen Aquarelle vom Dillsberg und
von der Ersheimer Kapelle zeigen, sowie das alle Schul-
zusammenhänge hinter sich lassende kleine Bild des schla-
fenden Knaben, ein Werk des 15 jährigen. Diese außer-
ordentliche Begabung zum Bildnis und Figürlichen bestätigen
die Porträtzeichnungen des Fohr-Albums, die nach der An-
sicht vieler den Höhepunkt im Schaffen des Künstlers dar-
stellen und zum wertvollsten Besitz des Heidelberger Mu-
seums gehören. Denn diese in klarer Umrißzeichnung mit
sparsamem Schattenschlag gegebenen Studienblätter zu einem
Gruppenbild der Künstlergesellschaft des Cafe Greco in Rom
überraschen nicht nur durch die Treffsicherheit des Physio-
gnomischen, sondern auch durch eine in ihrer Art vollendete
künstlerische Form. Die berühmtesten seiner Zeitgenossen,
wie P. Cornelius, J. A. Koch, Overbeck u. a., hat hier Fohrs
Stift festgehalten. Neben diesen streng stilisierten Bildnis-
studien des 25jährigen fällt unser Blick voll Staunen auf
eine kleine, genial hingeworfene Tuschzeichnung, die lebhaft
den Geist der Romantik herauf beschwört. Drei junge Freunde
— der mittlere ist Fohr selbst — in altdeutscher Tracht,
hohen Hüten, mit wallenden Locken, von einem großen
Hunde gefolgt, ziehen an uns vorüber (1816 dat.). Dies kleine,
leichtbeschwingte Blatt verrät uns, daß auch der graziöse
Zeichenstil des Rokoko in Fohrs Kunst Wurzel geschlagen
hat. Dieselbe immer wieder erstaunliche Belebtheit und
Vielseitigkeit der Form finden wir in der interessanten Gegen-
überstellung der Studienblätter der Tiroler und der Schwarz-
waldreise wieder. In Blättern wie »Mummelsee«, »Herren-
wies«, »Pfingstrose und Dornbusch« (ich verweise hier auf
den reich illustrierten Katalog der Ausstellung) kommt die
echt romantische Andacht zum Kleinen und Unbedeutenden
zum Ausdruck mit ihrer liebevollen Hingabe an das Eigen-
leben des kleinsten Hälmchens oder Blattes. Im »Salzburger
Friedhof«, dem »Holzacker« oder dem »Tiroler Bergtal«
dagegen herrscht eine Großzügigkeit und Freiheit der Linie
vor, die noch durch die neue, breitflächig angelegte Farbig-
keit verstärkt wird. Alles kleintüpfelige Wesen der Vedute
scheint hier von ihm abzufallen.
Erst auf der Grundlage dieser gesamten Studien wird
uns das Hauptwerk Fohrs verständlich, die monumentalen
Landschaftskompositionen, die im Mittelpunkt der Ausstel-
lung standen. Neben dem echt romantischen Aquarell der
illyrischen Berglandschaft, der großen deutschen Waldland-
schaft (Sepia) nimmt hier die Ostansicht des Heidelberger
Schlosses mit dem wie ein Schirm sich ausspannenden gro-
ßen Edelkastanienbaum mit Recht die erste Stelle ein. Denn
sie zeigt, wo Fohrs Stil die letzte Reife gefunden; und man
muß nur diese Art der Baumzeichnung mit der zeitüblichen
und seinen eigenen Anfängen vergleichen, um die Spannweite
seiner Entwicklung zu ermessen.
Wir möchten in diesem Zusammenhang noch die kleine
Zeichnung der Scheffelterrasse erwähnen, die dieselben Stil-
merkmale aufweist und unbedingt noch über die Tiroler
Blätter hinausführt. — Neben diesen überraschenden Wer-
ken, die an Kraft der Formgebung den jungen Thoma der
gleichen Altersstufe weit überflügeln, treten die Ölbilder,
unter denen die große ideale Landschaft der Berliner Jahr-
hundertausstellung hervorragte, als maltechnisch noch an-
fängerhaft, mehr in den Hintergrund. Zahlreiche Entwürfe
zu figürlichen Bildern treten ergänzend zum Bild des Ge-
samtwerkes hinzu, sie lassen auch am Thema ihrer Sagen-
und Rittergeschichten die neue, romantische und vaterlän-
dische Gesinnung des Künstlers erkennen. Angesichts all
dieser Werke und Studien läßt uns der Gedanke nicht los,
daß das Schicksal uns wohl mit Fohr den größten aller
Maler der Romantik vorenthalten hat, dem es beschieden
gewesen wäre, die neue Kunst nicht nur mit neuen Inhalten,
sondern mit neuer, selbsterrungener Form zu erfüllen.
Es sei noch darauf hingewiesen, daß die letzten Räume der
Ausstellung zum Vergleich Werke seiner Lehrer, Freunde
und Schüler brachten, darunter solche des ganz unbekannten
Münchner Freundes Ruhl, der Fohr im Ölmalen unterrichtete.
In den Schaukästen lagen das Landschaftsskizzenbuch und
von nicht ausgestellten Werken Reproduktionen des Urban-
Verlags auf, für den Graf Hardenberg und Edmund Schil-
ling eine neue Fohrbiographie vorbereiten. Es ist zu be-
grüßen, daß die schöne und wertvolle Ausstellung in weiten
Kreisen die verdiente Beachtung gefunden hat. Sie tritt er-
gänzend und bestätigend dem von echter Freundschaft ge-
tragenen Lebensbild des Künstlers zur Seite, das Dieffenbach
schon 1825 herausgab und das heute in einem Neudruck vor-
liegt; sie hat in ihrer Weise ein Vermächtnis erfüllt, das
schon die Freunde Fohrs beseelt, als sie dem Frühvollen-
deten ein Denkmal im Heidelberger Schloßgarten hatten auf-
richten wollen. Dr. Gerda Kircher
Kaiserslautern: Pfälzisches Gewerbemuseum.
MAX SLEVOGT-AUSSTELLUNG. — Eine Slevogt-
Ausstellung in der Pfalz konnte nur ihren Wert gewinnen,
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