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Oberrheinische Kunst — 1.1925/​1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.54484#0110

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Berichte: Mannheim (Historisches Museum)

das geht aus der Ausstellung deutlich hervor — am Anfang.
Noch haben die künstlerischen Probleme nicht ihre endgül-
tige Lösung gefunden, aber die Fragestellung ist scharf und
präzise. Die beglückende Gewißheit kann man aus der Aus-
stellung mitnehmen, daß wir endlich wieder auf dem Wege
zu einem Stil sind, der nicht nur Mode und Angelegenheit
weniger ästhetisierender Schöngeister ist, sondern aus brei-
tester Grundlage und innerer Notwendigkeit herauswächst.
Zwei mittelgroße Ausstellungen waren vor den beiden
Hauptveranstaltungen aufgebaut: im Frühjahr Bilder spät-
impressionistischer Maler, wie Oskar Moll, Rudolf Levi,
Großmann, Tewes, Waldemar Rösler usw., im Herbst das
Ergebnis eines Wettbewerbs aus dem Gebiet der Gebrauchs-
graphik. Die Mannheimer Firma P. J. Landmann hatte .ein
Preisausschreiben für Zigarrenpackungen erlassen. Aus den
zirka 1500 eingegangenen Entwürfen waren die 200 besten
Arbeiten ausgesucht und zusammen mit fertigen Packungen,
die in freiem Auftrag der Firma von Künstlern wie Schnarren-
berger, Scholz usw. gefertigt waren, zur Schau gestellt. —
Vier kleine Ausstellungen schließlich zeigten Handzeichnungen
und Aquarelle von Christian Rohlfs, Hans Reichel-München,
Otto Gleichmann-Hannover, und Bernhard Kretschmar-Dres-
den. Im graphischen Kabinett waren Zeichnungen fran-
zösischer Meister von Delacroix bis Picasso ausgestellt, die
aus der Sammlung Bollag - Zürich stammten. Außerdem
wurden Radierungen von Karl Hubbuch, Aquarelle von Xaver
Fuhr, Zeichnungen von R. Herber und von R. Scheibe und
graphische Arbeiten von Carlo Mense und Hermann Geibel
gezeigt.
Die Vortragstätigkeit hat im Herbst wieder mit voller
Kraft eingesetzt. Außerhalb der regelmäßigen Vorträge des
Freien Bundes fanden anläßlich der Bauausstellung zwei Vor-
träge von führenden Architekten statt: W. Gropius sprach
über die Probleme der modernen Baukunst und J. J. P. Oud
über die moderne Architektur in Holland. Die Vorträge im
Freien Bund wurden eingeleitet durch eine Doppelstunde,
in der Prof. W. Doegen unter dem Titel »Stimmen der Völ-
ker« interessante Einblicke in seine Tätigkeit als Leiter der
von ihm ins Leben gerufenen Lautbibliothek an der preu-
ßischen Staatsbibliothek in Berlin gab. Anschließend daran
sprachen 10 stündig Dr. F. W. Fraenger - Heidelberg über
»Die Renaissance und die Nationen« und 9 stündig Direktor
Dr. Hartlaub über seine Reise nach Griechenland. Für das
zweite Winterhalbjahr sind folgende Vortragszyklen geplant:
Dr. A. Hackel-Berlin, über »Das russische Theater« (3 Stun-
den), Dr. B. Pines über »Kunst und Landschaft in Rußland«
(5 Stunden), Dr. P. Lips über »Das Vermächtnis des 19. Jahr-
hunderts« (8 Stunden), Dr. E. Strübing über »Hans Holbein
den Jüngeren« (4 Stunden) und Dr. F. Wassermann über
»Das römische Kaiserbildnis« (2 Stunden). In der Gesellschaft
der Freunde des graphischen Kabinetts sprach Frau H. Kron-
berger-Frentzen über die Pariser Kunstgewerbeausstellung.
Neben den Arbeiten für die Kunsthalle selbst liefen die
Arbeiten für die Gemäldegalerie im Schloß, die ja
neuerdings der Verwaltung der Kunsthalle unterstellt ist.
Es wurden sämtliche Säle neu hergerichtet, die Wände wur-

den gestrichen, die kostbaren Stuckdecken zum großen Teil
restauriert. Die Bilder, die bisher in buntem Durcheinander
von wertvollem Original und absolut wertloser Kopie und
Fälschung über die Wände verteilt waren, wurden gesichtet.
Die wenigen guten Bilder wurden in weiter Hängung auf
die Räume verteilt, die schlechten magaziniert. Über diese
Arbeiten wird in einem späteren Heft eingehend zu berichten
sein, wenn die wissenschaftlichen Untersuchungen, die sich
an die Sichtung und Neuhängung knüpfen, abgeschlossen
sind.
Im Kupferstichkabinett im Schloß wurden un-
gefähr 1200 Blatt neu montiert. Es ist zu hoffen, daß bei
günstigem Fortschreiten dieser Arbeiten übers Jahr die deut-
schen Stiche der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden
können. Als erste Ausstellung aus den Beständen des Kupfer-
stichkabinetts wurden Schabkunstblätter ausgesucht, die einen
Überblick über die Entwicklung der Schabkunst von ihren
Anfängen bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts geben. Wich-
tige Blätter, wie »Der große Henker« von Prinz Rupprecht
von der Pfalz befinden sich darunter. Strübing
Mannheim: Historisches Museum,
Die Herstellungs- und Einrichtungsarbeiten im Schloß
sind nunmehr so weit gediehen, daß die Eröffnung des
Museums für nächstes Frühjahr in Aussicht genommen
werden kann. Es erstreckt sich vom Mittelbau des Schlosses
bis zum Bibliothekflügel und umfaßt in seinen beiden Ab-
teilungen (archäologische Abteilung im Erdgeschoß, neuere
Abteilung im ersten Obergeschoß) gegen 40 Ausstellungsräume,
darunter die Repräsentationssäle des Mittelbaues und außer-
dem etwa 20 Magazin-, Werkstatt- und Büroräume. Die
aus städtischen Mitteln ausgeführten Instandsetzungsarbeiten
gestalteten sich viel umfangreicher, als anfangs angenommen
wurde. Sie betreffen in den meisten Räumen wegen der
starken Abnützung während der Jahre von der Revolution
bis zur französischen Besetzung Fußböden, Wände und Decken.
An Stelle der 1919 weggebrachten Gobelins mußten neue
Wandbespannungen treten. Der Hauptsaal des Schlosses
(Rittersaal), der den Museumsbesuchern zugänglich sein
wird, von musealer Einrichtung aber frei bleibt, soll auch
städtischen Repräsentationszwecken und festlichen Ver-
anstaltungen dienen. Der daneben liegende sog. Trabantensaal
wird als Vortragsraum eingerichtet. Der Zugang zum Museum
und zu den Veranstaltungen erfolgt über die Prunktreppe
des großen Haupttreppenhauses. Im Museum ist Sammlungs-
besitz der Stadt, des Mannheimer Altertumsvereins und des
Staates (Antiquarium und Schloßmöbel) vereinigt. Die von
der Stadt erworbene Porzellan- und Kleinporträtsammlung
Carl Baer ist in den drei Sälen des Ostpavillons unter-
gebracht. Das bisherige Stadtgeschichtliche Museum in der
Nonnenkirche L 1 ist geräumt; seine Bestände wurden gleich-
falls ins Schloß übergeführt.
Die Erwerbungen der letzten Monate verfolgten den Zweck,
u. a. die keramische Sammlung abzurunden. Zu erwähnen
sind eine Anzahl Steinzeugkrüge, darunter zwei Kreussener

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