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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 4.1902

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Rüttenauer, Benno: Goethe und der Rhein
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Lücke, Hans: Blüchers Rheinübergang bei Caub: Panorama von H. Ungewitter und G. Wendling
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https://doi.org/10.11588/diglit.49103#0038

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Übermafs und Völlerei eine geharnischte Predigt
hielt. Folgendermafsen schlofs er:
„Ihr überzeugt euch also hieraus, andächtige,
zu Reue und Bufse schon begnadete Zuhörer,
dafs derjenige die gröfste Sünde begehe, welcher
die herrliche Gabe Gottes solcherweise mifs-
braucht. Der Mifsbrauch aber schliefst den
Gebrauch nicht aus . .. und wer bei dem Genufs
von vier Mafs, ja von fünfen oder sechsen, noch
dergestalt sich selbst gleich bleibt, dafs er seinem
Nebenmenschen liebevoll unter die Arme greifen

mag, dem Hauswesen vorstehen kann, . .. der
geniefse sein bescheiden Teil, und nehme es
mit Dank dahin. Er hüte sich aber, ohne be-
sondere Prüfung weiter zu gehen, weil hier ge-
wöhnlich dem schwachen Menschen ein Ziel
gesetzt ward. Denn der Fall ist äufserst selten,
dafs der grundgütige Gott jemanden die be-
sondere Gnade verleiht, acht Mafs trinken zu
dürfen, wie er mich, seinen Knecht, gewürdigt
hat..
So bei Goethe, B. XLIII, am 270. bis 271. Vers.


Panorama von H. Ungewitter und G. Wendling.

Blüchers Rheinübergang bei Caub.
Die Kunstzugehörigkeit der Panorama-Malerei
ist des öfteren bestritten worden, und könnte
man wohl Trübners geistreiche Definition der
Begriffe Kunst und Kunststück, wie sie in einem
Hefte dieser Zeitschrift gegeben worden ist, auch
auf sie anwenden, die in der That mit allen
Mitteln danach strebt, nicht allein „der Natur
nahe zu kommen“, sondern die Täuschung hervor-
zurufen, „als handle es sich um die Natur selbst“.
Sei dem wie es wolle; jedenfalls hat dieser
Kunstzweig sein Lebensrecht erwiesen, gehört
der Gedanke des Rundgemäldes mit plastischem
Vorbau unter Aufstellung des Beschauers in der
Mitte desselben doch schon dem 18. Jahrhundert
an, während er allerdings seine gröfsten Triumphe
in unserem realistischen Zeitalter feiert, und
haben sich doch auch ganz bedeutende Künstler
mit Eifer und grofsem künstlerischem Erfolg an
die Herstellung derartiger Gemälde begeben;
denn darauf kommt es schliefslich an, wie das
Ding gemacht wird, und wer es macht.
Auch kann man wohl den Eindruck haben,
dafs damit vom Maler etwas ausgesprochen

wird, was er mit einem noch so grofsen Staffelei-
bilde nicht sagen konnte; das Staffeleibild hat
vier Grenzen, das Rundgemälde hat, wenn man
so will, deren keine und somit ist es noch
immer die beste Form zur Darstellung vieles-
umfassender Landschaften („Pergamon“, „Kreuzi-
gung“), ausgedehnter Städtebilder („Rom“, „Kon-
stantinopel“) und vor allem kriegerischer Vor-
gänge, welche grofse Massendarstellungen erfor-
dern („Beresina“, „Champigny“).
„So hat das also ausgesehen!“ sagt der Be-
schauer wohl meistens, wenn er einen derartigen
Riesenbau mit seiner Riesenleinwand verläfst;
in der That ist die belehrende Wirkung beson-
ders auf breitere Volksschichten eine offenkun-
dige Eigenschaft dieser Kunst und giebt es
kaum Mittel, denselben das Bild eines hervor-
ragenden geschichtlichen Ereignisses zum Beispiel
stärker einzuprägen.
Dieser besonderen Aufgabe gerecht zu werden,
helfen ihr heutzutage in nicht geringem Mafse
einzelne charakteristische Errungenschaften un-
serer modernen Malerei. Ich meine die feinere

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