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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 27.1917

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Heft 1
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Häuselmann, Johann Friedrich: 25 Jahre schwäbische Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.26489#0020

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Auffassung, die wir schon bei den anderen Bildern fest-
stellen konnten. Von Grethe ist noch die hier wieder-
gegebene Ebbe Nieuport (Äbb. 4) zu erwähnen. Von
Grünenwald fallt nanrentlich das treffliche spielende
Kindchen auf, auch ein Lindenbaum llnd ein Schafer-
hund waren noch zu nennen. Kappis ist neben seinem
„Geflügelhof" im Ehrensaal sehr gut mit bekannteren
Stücken vertreten: „die Schiffswerft am Neckar", die
„Ernte am Starnberger See" und der „Hohenstaufen".
Auch Friedrich v. Keller ist nicht zu kurz gekommen:
Neben einem Äraber mit Wasserpfeife, der noch im Stile
seiner srüheren figürlichen Sachen gehalten ist, kommen
dann die Belege seiner spateren Kunst, da er sich mit den
Motiven dem Handwerklichen und Jndustriellen zu-
wandte. Wir sehen die Steinbrüche, Schleifer (Abb. 5),
Steinsetzer usw., die es erkennen lassen, wie richtig der
Künstler die Grenzen seiner Kunst zu ziehen vermeinte.
Vielleicht ist er da und dort doch etwas von der Poesie
des Handwerklichen zur ticfen Prosa der Jndustrie ab-
gekommen, und hierfür war er doch nicht der Mann.
Otterstedt ist nur im Ehrenraunl vertreten, von Pleuer
finden wir noch die „Dorfstraße im Mondschein", wo
er motivlich Reiniger ani nachsten steht und am meisten

zum Vergleich herausfordert, dann insbesondere„Die
Kohlenträger", dieses ergreifende Gemälde schwerer
Arbeit unter der Erde, wozu der Himmel seine grellsten
Farben zeigt, endlich noch die älteren figürlichen Sachen,
deren ich bereits Erwähnung getan habe. Von Reiniger
ist noch eine Waldstudie, die den Meister im Grün treff-
lich beweist, zu sehen, dann die sehr flotten Stücke von
der Neckarbrücke und dem Tachensee, endlich der „Feuer-
bach mit Figuren" aus dem Jahre 1889. Abgesehen
davon, daß der Künstler hier noch Figuren nötig gehabt
hat, steht es auch im übrigen noch auf der Stufe einer
ziemlich schulmäßigen Arbeit. Für Reiniger muß die
Freundschaft Pleuers nachher ein wahrer Antrieb ge-
wesen sein, wie auch Pleuer sich selbst dadurch ange-
trieben fühlen mochte. Man beachte, daß die badenden
Frauen schon 1888 gemalt waren, um dieses zu verstehen.

An Aeitgenossen dieser neun Toten, zum Teil auch
gestorben oder noch lebend, ist nüt Braith sein Biberacher
Landsmann Chr. Mali zu nennen. Er hat freilich nicht die
Stufe Braiths erreicht; seine Kunst war leidlich selbst-
gefälliger, mehr den Eindruck als den Ausdruck suchend,
und so hat er auch mit baulichen Motiven mehr Glück
gehabt alS mit Tierbildern. Was in der Ausstellung
hängt, ist zumal nicht sonderlich gut gewählt,
und es ist heute kein großer Ruhm mehr,
wenn man in einem Feitgenossen der neu-
aufkoncmenden Realistik einen Spitzwegepigo-
nen herausspürt, wie in dem Bildchen von
Maulbronn.

Was sich in Braith leise ankündigt, das
hat sich in Heinrich v. Iügel später schön er-
füllt. Er ist unter den heutigen Schwaben
der flotteste Tiermaler, und seine drei Stücke
in der Ausstellung gereichen ihr zu hohem
Werte.

Mit Carlos Grethe kündigen sich als Feit-
genossen zunächst die mit ihm von Karlsruhe
gekomnienen Kalckreuth und Pötzelberger an.
Ferner gesellen sich dazu:Haug, Landenberger
und Speyer. Es versteht sich, daß man Kalck-
reuth, dem verdienstvollen langjährigen Aka-
demiedirektor, eine gebührende Vertretung
zuwies. Ein Selbstporträt zeigt ihn uns selbst,
ein Velazquezprinzeßchen kam aus Frankfurter
Privatbesitz, wir sehen verschiedene Jnterieurs,
das Bildnis seines Sohnes, dasjenige der Frau
Katte und endlich den Schloßplatz in Stuttgart.
Blieb er in den Bildnissen immer etwas steif
aristokratisch, so ist der Stuttgarter Schloßplatz
wesentlich freier gehalten. Äber immer verrät
sich die Gewissenhaftigkeit des Malers, dem ein
ruhiger Aufbau und eine farbene Ausgeglichen-
heit stets als höchstes Aiel vorschwebten.
Pötzelberger ist eine stille und in sich versenkte
Natur. So hat er auch eine eigenste male-
rische Kultur entwickelt, die ihn von Kalckreuth
und Grethe unterscheidet. Er ist mit einem
Dünen- und einem Küstenbildchen vertreten,
die von einer schönen innerlichen Anschauung
dieser sandigen Landschaften zeugen. Iart, duf-
tig, leicht gemalt, erhalten sie doch ein Gesamt-

K. Schaller-Härlin. Abb. 12. Sybille.
 
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