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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 27.1917

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Heft 9
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Knorr, Theodor: Josef Sattler
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https://doi.org/10.11588/diglit.26489#0223

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Äoftf

^^,osef Sattler vollendete am 26. Juli d. I. sein
^ ^ fünfzigstes Lebensjahr. Das Straßburger Kunst-

H museum veranstaltete aus diesenr Anlaß eine
kleine Sonderausstellung von Originalzeichnun-
gen, die fast ausnahmslos der neueren Aeit angehörten
und deshalb für viele, die des Künstlers Entwicklung nicht
eingehend verfolgt haben, eine Überraschung bedeuteten.
Denn mit Sattlers Name verbindet sich der Begriff
einer festumrissenen Künstlerpersönlichkeit. Als zu
Anfang der neunziger Jahre seine graphischen Arbeiten
seinen Ruf begründeten und rasch ausbreiteten, als
dann die von ihm im Staatsauftrag besorgte, in der
Reichsdruckerei gedruckte Nibelungen-Ausgabe diesen
zum Weltruf erweiterte, wurde Sattler von den Aeit-
genossen gewertet und ins Gesamtbild der deutschen Kunst
eingereiht. Als Buchschmuck- und Erlibris-Graphiker
von tiefgewurzelter Persönlichkeit lebt er seitdem im
Bewußtsein der zeitgenössischen Kunstgeschichte.

Über Sattlers Kunst von damals zu schreiben ist
deshalb heute nicht geboten. Um so weniger, als die
Literatur bereits mehrere eingehende Würdigungen
derselben aufweist, die zugleich ein reiches Abbildungs-
material vom Wirken jener ersten Schaffensperiode
enthalten. Seine graphischen Werke*), obwohl durchweg
in nur kleinen Auflagen gedruckt und deshalb selten

*) Ein moderner Totentanz (1891). — Die Quelle, ein fliegen-
der Bildcrbogen (1892). — Elsässische Bilderbogen sin Gemein-
schaft mit C. Spindlers I (1893/94), 11(1894/95), 111(1895/96). —
Bilder aus der Aeit des Bauernkrieges (1894). — Bilder vom
internationalen Kunstkrieg (1895). — Die Wiedertäufer (1895). —
Deutsche Kleinkunst in 42 Bücherzeichen (1895). — Meine Harmonie
(1896). — Durcheinander (1897). — Geschichte der rhein. Städte-
kultur (1897). — Die Nibelungcn (1898/99). — Simplicius /von
Grmmrelshauscns (1913). — Straßburger Hafcnbüchlein (1913). —
Ostergruß der Kaiser-Wilhelnnllniversität an ihre Studenten im
Felde 1917 (1917).

Sattler.

und gesucht, haben scine Art in aller Welt bekannt ge-
macht. Freilich ist diese Art verschieden aufgefaßt
worden. Manche haben ohne Aweifel diese früheren
Arbeiten für altertümelnder angesehen, als sie es waren,
und daraus, je nach Richtung und Geschmack, rückhalt-
lose Austimmung oder kopfschüttelnde Bedenklichkeit
hergeleitet. Dabei ist doch, sollte man meinen, für den
eindringlichen Beschauer von Anfang an nicht zu ver-
kennen gewesen, daß sklavische Nachahmung dem Künstler
stets ferngelegen, daß er nicht einmal zum Ausdruck
neuen Jnhalts alte Ausdrucksformen hervorgesucht hat,
sondern daß er vielmehr gegebene, der Klassizitat würdige
Formen sich zu eigen gemacht, sie mit warmem Leben
durchdrungen und zu seinem eigenen Ausdrucksorgan
gemacht hat. Die Sache lag doch schließlich nicht so, daß
die Darstellungsweise des alten deutschen Holzschnitts
für unsere Ieit als klassische und gewissermaßen kanonische
Kunstform gebräuchlich, ihr Aufgreifen daher eine Selbst-
verstandlichkeit gewesen ware. Sie war es nicht und ist
es auch durch Sattler nicht geworden, obgleich sein Vor-
gang Nachahmer in dieser Richtung gefunden hat. Rück-
schauend laßt sich heute wohl erkennen, worin die ge-
heimen Ausammenhänge seines Wesens mit dem der
alten deutschen Holzfchneidekunst bestanden haben niögen:
Die klare Einfachheit und Volkstümlichkeit jener alten Dar-
stellungen schwebte ihm für sein Werk als erstrebenswertes
Aiel vor, und ferner mußte ihn die Fülle der Erfindung
und die in ihnen zum Ausdruck kommende Gedanken-
tiefe als etwas seiner Natur Verwandtes anziehen.

Grüblerischer Ernst sowie Beweglichkeit und Viel-
seitigkeit des Geistes verbinden sich in Sattlers graphischen
Werken zu lebendiger und mannigfaltiger Wirkung.
Beide gehören zu den kennzeichnendsten Iügen seiner
Persönlichkeit. Als verständniSreicher Sanimler, dessen
Eifer sich nacheinander auf verschiedenen Gebieten be-

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