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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 27.1917

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Heft7/8
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Häuselmann, Johann Friedrich: Arnold Waldschmidt
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https://doi.org/10.11588/diglit.26489#0173

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Arnold Waldschnüdt.

Sterbendes Pferd.

Arnold Waldfchmidt

s ist noch das Verdienst des verstorbenen Herrn
v. Bieber vom Verein württembergischer Kunst-
freunde, diesen Künstler nach Stuttgart berufen
zu haben. So hielt er in dem von Pankok erbauten
Atelier an der Stuttgarter Berglehne seinen Einzug,
und schon bald darauf wurde ihm vom König ein
Lehrauftrag für Aktzeichnen an der Akademie der
bildenden Künste erteilt. Jm Winter hatten wir Stutt-
garter erstmals Gelegenheit, seine Werke öffentlich
ausgestellt zu sehen. Jch habe an dieser Stelle versucht,
einiges über den Wert dieses Ereignisses für Stuttgart
zu sagen; was jedoch damals nur andeutungsweise ge-
schehen konnte, soll heute etwas erweitert werden.

Iweierlei Fragen werden sich hier sofort aufdrangen:
was bringt Waldschmidt mit und was kann auf Stutt-
garter Kunstboden aus ihm werden, endlich welcher Art
wird sein Einfluß sein? Waldschmidt ist Schüler von
Schmidt-Reutte, aber man darf wohl heute schon sagen,
daß er sein eigener Meister geworden ist. Er ist durchaus
keinc verhaltcne Kraftnatur, sondern empfindet nnt so
starker Leidenschaftlichkeit seine Vorwürfe, daß sie sich
auf diesem Wege des inneren Erlebens in das fast un-
nahbar Einfache zurückbilden, das wir dann als eigenstes
Erlebnis eines Schöpfers mitempfinden. Dabei verfügt
aber Waldschmidt über einen so genau mitschaffenden
Geist, daß auch beim größten Verallgemeinern des natür-
lich Gegebenen in das künstlerisch Gesehene der Jnhalt
unserer Naturgesetze stets seinem vollen Sinn nach berück-
sichtigt ist. Waldschmidt ist somit noch unter die Jm-
pressionisten zu nehmen, aber das überragende Gesamt-
künstlerische und das Gesamtgeistige seiner Arbeiten

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lassen ihn zugleich auch an die Seite der naturalistischen
Erpressionisten stellen. Aber wie gesagt, nur um des
Gesamtwertes seiner Werke willen, die einen Künstler
zeigen, der sehr wohl über die reine Jmpression hinaus
zum Erpressionistischen vorfühlt, dcssen ungewöhnliche
Spannkraft aber dann anhalt, auch das Konkreteste
restlos zu gestalten. Wer ihn in seinem Atelier aufsucht,
sieht ihn nur von wenigen Vorbildern umgeben. Es
sind aber bei Gott nicht etwa geschichtliche Rückerinne-
rungen, die so ein assyrischer Löwe, eine Gruppe von
Grünewald usw., bei ihm auslösen, sondern seine eigene
motorische Kraft wird dadurch frisch und mächtig ange-
trieben. Es ist dann ein Genuß, zu sehen, wie solch ein
Künstler im wildcn Bewegtsein doch so fest in seinen
Angeln sitzt, um auch dem Kleinsten noch nachzugehen.
Vor einer Kreuzigung Grünewalds kann er leidenschaft-
lich ini Gesamtrhythmischen aufleben, zugleich aber die
vereinzelte Falte bewundern. Vor einer amerikanischen
Schnellzugslokomotive in meiner Schreibstube konnte er
aufbrausen und doch dabei dem kunstvollen Ausammenbau
eines solchen mechanischen Tieres nachsinnen. Spricht
er vom Krieg, so lebt er ganz im Kreise der sich aufbau-
menden Gewalten und hatte doch die Eigenkraft, sie in
seinem vor dem Kriege entstandenen „Heldentod"
menschlich übertragen darzustellen. Es niuß schon so sein,
daß in diesem Künstler außergewöhnliche Krafte wohnen,
die ihn auch Außergewöhnliches schasfen lassen.

Was bisher von ihm bekannt geworden ist, und was
hier von ihni gezeigt werden kann, wird stets Beweis
dafür sein, daß nur eine wirklich lang anhaltende Spann-
kraft solches schaffen konnte. Jn seinem Atelier hat er

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