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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 27.1917

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Heft 1
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Häuselmann, Johann Friedrich: 25 Jahre schwäbische Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.26489#0026

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25 Jahre Ichwäbische Krmsr.

Damit hätten wir die Ausstellung durchgegangen.
Wie sich selbst herausstellt, sind in dieser Ausstellung
Malerei, Graphik und Plastik vertreten. Das Kunst-
gewerbe ist unbeteiligt, und für die Baukrmst hat man
nicht einmal die sonst übliche Katzenecke gefunden, und
damit auch die monumentale und dekorative Malerei
ausgeschlossen. Hatte man den Erfolgen auf diesem Ge-
biete in Form eines photographischen Kabinetts mit
farbigen Entwürfen usw., das zugleich die Baukunst wür-
digte, nicht ein kleines
Denkmol setzen kön-
nen? Oder sind Alt-
herr, Cissarz, Hoelzel,

Speyer, Pellegrini,

Pfennig, die Scholler-
Härlin usw., selbst
Haug, Keller denkbar
ohne ihre dekorativen
und monumentalen
Malereien? Und sind
diese Malereien ohne
Neckelmann, Fischer,

Bonatz,Elsässer,Eisen-
lohr usw. denkbar, die
erst die architektoni-
schen Grundlagen für
diese neuen Malereien
schaffen mußten?

Einen kleinen Dank
hätte man der Bau-
kunst somit schon ab-
statten dürfen. Und
lebt nicht auch die
Plastik mit der Bau-
kunst zusammen? Jn
Bauplastik ist manches
entstanden, was die
selbständigen Arbeiten
in der Ausstellung
überragt.

Jndessen hat man
sich einmal auf das
Ausstellen von Origi-
nalwerken beschränkt.

Faßt man hier zusam-
men, so wird das
meiste über die Male-
rei zu sagen sein; die
Graphik hängt mit ihr
eng zusammen und die
Plastik hat ihre eigene, ruhigere Entwicklung. Es liegt nun
wohl die Frage nahe, was der Krieg für einen Einfluß
auf die schwäbische Malerei haben kann. Die Antwort
darauf geht nach zwei Seiten, und die eine hat die Aeit
bereits gegeben: die nach der zeitgenössischen Kriegs-
kunst. Die Ausbeute ist, was die Malerei angeht, in
Schwaben gering. Die Graphik liefert entschieden mehr
Stoff, aber es gibt wenig Künstler, die sich an schwere
seelische Motive herangemacht hätten. Sie sind mehr
mit dem bisherigen Rüstzeug an die Erscheinungen des
Krieges gegangen, und sie haben sich in der Regel an

konkrete Dinge gehalten und abstrakte Jdeen gehen lassen.
— Die zweite Frage geht nach einer Kriegskunst nach
dem Kriege. Jch glaube, daß, wenn irgendwo die Gefahr
droht, daß dann die schwäbstchen Künstler wenigstens
nicht mitmachen werden. Um der großen Opfer dieses
Krieges würdig zu bleiben, brauchen wir keine Kriegskunst
im Dauerzustand; bauen wir den Krüppeln und Ganz-
gebliebenen anständige Wohnungen und suchen wir aus
den Gluten des Krieges, die viel Gutes hartgebrannt

haben, das zu retten,
was unser Volk auf
die Bahn einer wirk-
lichen und einheitliche-
ren künstlerischen Kul-
tur bringen wird.

Wie steht es mit
dieser Aussicht in
Schwaben? Nur eine
junge Kunst wird es
sein können, denn
eine neue Aeit wird
auch nur mit neuen
Aielen gehen können.
Wollte man nach unse-
rer Ausstellung gehen,
so waren eigentlich
Hoelzel und seineLeu-
tebereits erledigt.Wir
aber wissen, daß sie
erst am Anfange sind,
daß sie mit heiligem
Eifer nach der neuen
Form suchen, und daß
sich jetzt ein Wald-
schmidtdazugesellt,der
Sauerteigdazwischen-
wirft und zu den ab-
strakten Wissenschaft-
lern den kritischen
Verstand des Malers
bringt. Die Geschichte
geht immer vorwärts,
sie wiederholt sich nie,
und so kann es sich
auch nicht mehr ein-
zig darum handeln,
die Pinselhiebe der
Pleuer und Reiniger,
Grethe, Landenberger
usw. zu bewundern
und uns an ihrem Farbenspiel zu berauschen, son-
dern wir müssen auch den Wegen der Jüngsten folgen,
ihrem Spiel der Linien und Flächen beizukommen
trachten und die satten Farben auf uns einwirken
lassen. Wenn solches Kunstgenießen allgemeiner wer-
den sollte, dann ist auch dieser Krieg für die Kunst
nicht umsonst gewesen. Und dann kommt sicher einer,
der dazu die gleichbürtige, allen eingängliche, künstlerisch
vollendete Form finden wird. Möge es ein Schwabe
sein, oder wenigstens auf schwäbischem Boden geschehen.
f687jj I. F. Häuselmann.

U. Janssen. Abb. 19. Büste von A. Waldschmidt.
 
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