Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 27.1917

DOI Heft:
Heft 2
DOI Artikel:
Lohmeyer, Karl: J. C. Sebastiani, der Meister des Koblenzer Stadthauses
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.26489#0044

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
.Hsr Äeister des Roblenzer Stadthauseä.

Sohne; auch sonst erscheinen vornehme Paten aus dem
Beamten- und Hofadelsstand*).

Wenn auch Sebastiani 1671 schon im kurtrierischen
Bauwesen tatig erscheint, so kam er doch erst fünf Jahre
danach zu einer wirklich leitenden Stellung darin, das
hören wir aus seiner erhaltenen Bestallung vom 20Martii
1676**) als „vff absterben des Obrist Wacht-vndt forti-
fications bawmeister Mors Johan Christopfel Sebastiani
an dessen stell ggst. vff vndt ahngenohmen worden . . . .
auch alle fortifications arbeit zu Coblentz, vff allhiesiger
Vestung vndt da man seiner im Ertzstifft nötig haben
wird, in fleißige obsicht nehmen, solche denen sonsten
von Jhme vndt andern gefertigten abrießen gemeß
richtig außführen laßen" solle. Die Vereinigung von
Fortifikations- und Aivilbauwesen begann damals schon
in den rheinisch-fränkischen Landen die übliche zu werden,
bis sie dann zu Beginn des 18. Jahrhunderts zu jener
eigenartigen Erscheinung führte, daß die leitenden
Landesbaudirektoren zu den höchsten militarischen Wür-
den gelangten, sich des Titels Baumeister fast gar nicht
mehr bedienten und nur mehr mit Vorliebe den eines
Jngenieurs führten, was lange Aeit die Architektur-
historiker so irregeführt hat, daß sie die Entwürfe zu
deren großartigen Bauwerken ihren in den Akten weit
öfter genannten bauausführenden Werkmeistern zu-
geschrieben haben.

Die Bauleidenschaft, in der sich gerade die rheinisch-
fränkischen Fürsten noch ganz besonders hervortaten,
verhalf ihren Hofarchitekten zu außerordentlichem Ein-
fluß, der dann wieder Hofintrigen, namentlich der eifer-
süchtigen Hofbeamten, zur Folge hatte, — das können
wir immer wieder beobachten und auch bei Sebastiani
ist es der Fall, dem am 21. Martii 1687 „gnedigst vndt
ernstlich" anbefohlen wird, „sich hinfüro aller schrei-
benden befelcher er mandato .... bey Straff fünfzig
golt fl. allerdingß zu enthalten, die hoff Cammer bey
solchen verrichtungen vngehindert allein zu lassen vndt
sich ferner nit alß mit verfertigung nöthiger abriß vndt
trewer obsicht auf die handtwerckleuth . . . zu bekönr-
mern". Wie gewöhnlich blieb aber auch hier wieder deni
bevorzugten Künstler der Sieg und bald sehen wie
Sebastiani nach wie vor die Akkorde „sx manclato
OminentiZsimt" ohne Hofkammer unterzeichnen, so
schon ani 11. August 1690 eine Verdingung mit dem
Iimmer- und Werkmeister Amais über den „vorhabenden
Baw und Thurn auf dem Schloß Monthabaur". Damit
haben wir zugleich den ersten Hinweis, in Sebastiani
den planlegenden Architekten zu dem eingehenden Um-
bau dieses festen Landschlosses der Trierer Erzbischöfe
zu sehen, woselbst er sich schon 1688 um den Kellereibau
bekümmert und am 26. August 1690 mit Lorenz Stau-
dacher und Georg Behl den Akkord über das Steinwerk
des Schloßumbaues abschließt. Ausdrücklich wird er

*) Katholische Pfarrarchive za Niedcrberg und Chrenbreit:
stein: Kirchenbücher.

**) K. A.: Kammerprotokoll von 1676. Soweit von jetzt ab
sich bei den einzelnen Angaben keine andern Archivalien bezeichnet
finden, will das heißen, daß die betr. Notiz in den Kammerproto-
kollen des betr. Iahres ermittelt wurde, die sich als wichtige Quelle
für diese Nachforschungen erwiesen haben.

gelegentlich der erstgenannten Verdingung als der Bau-
meister dieses zu erstellenden Bauwesens bezeichnet, für
den neben dem bauauSführenden Werkmeister eine
Iweitschrift des Verdingzettels ausgestellt werden muß.
Noch 1694 entstehen die Stuckarbeiten in der Monta-
baurer Schloßkapelle, die durch „Hieronymus Bajerna
Stucador" sauber nach deni Abriß um 20 Reichsthaler
verfertigt werden.

Unter Sebastianis Baudirektion ist denn auch zu der
gleichen Aeit der eigenartige Bau der Pagerie am Burg-
felsen von Ehrenbreitstein entstanden (Abb. 1), von dem
in den Kammerprotokollen als „dem newen Anbauw
ahn der Vestung" am 29. Juli 1690 zuerst die Rede ist;
damals wird der Verding mit den Aimmermeistern Hans
Georg Judas und Iohannes Schew abgeschlossen, die
Eichenstämme zum neuen Bauwesen im kurfürstlichen
Wald, der „Maserodt" genannt, hauen sollen, und es
folgt ihm am 10. Januar 1691 ein Akkord wieder mit
Meister Lorenz Staudacher über Marmorarbeiten und
am 23. Marz über die gehauenen Steine mit dem Stein-
hauermeister Hans Georg Döhl.

Am 29. Juli 1692 ist alles soweit fertig, daß der
Kliener die Decken, „so die Stockador machen", in Arbeit
nehmen kann.

Der malerisch, unter geschickter Ausnutzung des
wenigen zur Verfügung stehenden Raumes dem Felsen
angelehnte Bau (Abb. 1) ist uns bis auf die ihn einst
überragende Kuppel*), wie sie keinem der Bauwerke
Sebastianis fehlt, erhalten geblieben und ohne weiteres
auch durch die nahen stilistischen Bezüge zu seinen jetzt
urkundlich feststehenden Bauten als das Werk seiner
Hand kenntlich.

Der Meister hat diesen Bau auf dem Fundament
eines alten Turmes, auf schweren Mauern, die ehedeni
dem Aufgange zum Ehrenbreitstein als Brustwehr dien-
ten, erbaut, in der besondern Absicht, neben seiner eigent-
lichen Bestimmung als Pagenhaus dem in den Felsen
gehauenen Aufweg zur Feste ein monumentales Ein-
gangstor zu verleihen, wie uns die lateinische Jnschrift
auf marmorner Tafel über dem Durchgang mit der
Jahreszahl 1692 deutlich verrät, ein Bauwerk, das sich
zugleich dem Felsen wirkungsvoll anzuschmiegen, aber
auch wieder den zur Linken seitlich darunter am Rheine
gelegenen, heute verschwundenen langgezogenen Resi-
denzbauten anzupassen hatte, mit denen es spater durch
„artige Gartenanlagen und einige Wasserkünste" den
Abhang entlang in echt barocker Weise verbunden war**).

Wir kommen zu einem uns hier ani meisten inter-
essierenden Hauptwerke Sebastianis, dem Koblenzer
Jesuitenkolleg und heutigen Stadthause, bei dessen Bau-
geschichts durch die von I. Deutsch, dem vermeint-
lichen Architekten als „Computans" geführte und er-
haltene „Rechnung über den newen Baw des Gymnasii
P. P. Societatiö Jesu in Coblentz 1694—98"-f) samt den
dazugehörigen Beilagen wir es vermögen, auf völlig
sicherem, urkundlichem Boden zu schreiten.

*) Vgl. Lohmeyer: Iohamres Seiz, Heidelberg 1914, Abb. 9.

**) Rhein. Antiquarius, II, 1, S. 157.

1) K. A.
 
Annotationen