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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 27.1917

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Heft 5
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Schäfer, Wilhelm: Reinhold Nägele, ein schwäbischer Maler
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https://doi.org/10.11588/diglit.26489#0116

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Reinhold Nägele.

Abb. 2. Lazarett.

Namen Schiller und Mörike bewahren uns, die Geistig-
keit dieses Schwabenbuches als schwäbisches Wesen zu
verallgemeinern; immerhin deutet es sowohl sür das
besondere Pathos Schillers wie sür die besondere Keusch-
heit Mörikes einen Lebensgrund an, und es sollte nicht
allzuschwer sein, von Albert Einhart aus, „weiland Vogt,
sernerhin nur Mensch" (wie es auf der verunglückten
Marmorplatte des Äuch Einerschen Kirchhoss heißt) die
Landsmannschast Schillers wie die Mörikes aufzuzeigen.
Sie haben zrir deutschen Blüte gebracht, was Vischer ins
schwabische Kraut schoß.

Die Erinnerung an den großen Schwaben drangt
sich aus, wenn man die Bilder und Blatter seines jüngsten
Landsmanns Reinhold Nagele sieht, und das Gefühl
braucht gar keinen so großen Sprung zu machen, um in
deni obenstehenden Selbstbildnis des Künstlers ein
Jugendbild Albert Einharts zu sinden aus jener Ieit,
da er sein Unglück nnt der Goldrun hatte. Daß er sich
als Dunkelheit zwischen Fenster und Spiegel mit durch-
leuchteten Ohren neben Geranientöpsen malen muß, ist
ebenso eine Selbstverstandlichkeit wie der schwäbische
Schädel, in dem man den Krauükohl des „harmonischen
Weltalls" förmlich wachsen sieht.

Man weiß seit Reiniger und Pleuer, in welcher Stil-
größe das schwäbische Wesen an der Entwicklung der
modernen Malerei teilzunehmen verniochte, und wenig-
stens einige Nanien der Hoelzelschule zeigen seinen An-
teil auch an der neuesten Wendung: in der Sonderbar-
keit Reinhold Nägeles hat es sich bisher nicht gezeigt,
weil es weder in den genannten Großen noch in den
vielen Kleineren so eigenmachtig aufwuchs. Sowohl
Reiniger wie Pleuer sind Münchener Schule und tragen
deren Spuren an sich, und so hoch man Hoelzel als Lehrer
stellen mag, ein Schwabe ist er gewiß nicht, weshalb
denn auch seine Schüler — soweit sie überhaupt schwäbi-
scher Herkunft sind — sich bewußt in die allgemeine
Bewegung der jüngsten Malerei einstellen. Das ist
nicht etwa so gemeint, als ob dieser junge Maler aus
Murrhardt sozusagen ein Jdeal schwäbischer Heimat-
kunst vorstellte, dem seine Genossen, dem Rattenfanger
Hoelzel solgend, untreu geworden wären. Eine Begabung
wie die von Reinhold Nägele ist ein gefährlicher Glücks-
sall, und nichts wäre beängstigender, als sich ein Dutzend
seinesgleichen vorzustellen; er ist in jeder Beziehung,
der guten und schlimmen, „Auch Einer", also ein Eigen-
brödler und dadurch zum Sonderdasein bestimmt.

ivs
 
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