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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 27.1917

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Heft 5
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Fries, Heinrich de: Beiträge zum Kleinwohnungsproblem
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https://doi.org/10.11588/diglit.26489#0131

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Beiträge zum Kleinwohmmgsproblem.

zu brechen? Arbeiten und Versuche in dieser Hinsicht
müssen außerordentlich wünschenöwert erscheinen und
verdienen dankbarste Anerkennung.

Gegenüber diesen Schwierigkeiten aber bedeutet es
ein völliges Verkennen der tatsächlichen Verhältnisse,
wenn immer wieder ein besonderer Wohnraum verlangt
wird. Aunächst kommt ein solcher nur für eine Drei-
zimmerwohnung in Betracht. Es sind hier stets mehr-
köpfige Familien vorausgesetzt, so daß besonders günstige
Fälle, z. B. daß eine oder zwei Personen eine Zwei- oder
Dreizimmerwohnung mieten, nicht in Erwägung ge-
zogen werden, da dann alle Schwierigkeiten sich von
selbst lösen. Sodann aber müßte dieser Wohnraum so
angeordnet sein, daß er als Schlafraum möglichst wenig
in Betracht käme. Dies könnte, wie in Abb. 4, durch
seine geringen Maße, seine Lage als Durchgangsraum,
die Art der Anordnung von Fenster und Türen annähernd
erreicht werden. All die Maßnahmen, ebenso wie die
Anordnung von Wandschränken, die sehr zu empfehlen ist,
können zur Ausübung eines gewissen Zwanges bezüglich
der Benutzung angewandt werden. Jst in der Wohnung
keine Aentralheizung, so wird das Wohnzimmer dennoch
nicht in gewünschter Weise benutzt werden. Denn die
Kosten der Unterhaltung eines besonderen Ofens zwingen
zum Aufenthalt in der Küche. Eine Möglichkeit läge
vielleicht in einer Kombination der Herdfeueranlage mit
einer Heizvorrichtung im Wohnzimmer und der Warm-
wasserversorgung im Badezimmer. Das warme Wasser
würde dementsprechend zunächst den Heizkörper passieren,
der durch Anordnung eines Dreiwegehahnes allen Tem-
peraturmöglichkeiten gerecht werden könnte, sodann
einem evtl. Gebrauch im Badezimmer zur Verfügung
stehen. Jn sehr vielen Familien der großen Städte ist es
ja so, daß Wohnzimmer und Küche nur zu den gemein-
samen Mahlzeiten benutzt werden, die Bewohner aber
die übrige Aeit des Tages in ihrem Berufe abwesend
sind. Mit obiger Anlage wäre dann möglich, daß, während
gekocht wird, auch eine gewisse Aimmerwärme vorhanden
ist. Anders wäre ein besonderes Wohnzimmer eine durch-
aus illusorische Einrichtung. Die erwähnte Heizkombi-
nation wäre auch zum Erwärmen eines anderen Raumes
zu empfehlen, zumal dieses Erwärmen ohne wesentliche
Unkosten geschehen könnte. Für einen Wohnraum wäre
sie bei niedriger Außentemperatur kaum zureichend. Doch
dieses ist eine Frage der Konstruktion.

Wir haben in knapper Form einige wesentliche
Momente der Kleinwohnungsfrage aufgezeigt und ein
jedes der angeführten Dinge hat uns immer daö gleiche
bewiesen: Man wird niemals zu einer Lösung des Pro-
blems der Kleinwohnung gelangen, wenn man sich nicht
eingehend mit den Lebensbedingungen ihrer Bewohner
befaßt. Die Erfahrung lehrt, daß die gegenwärtigen
Kleinwohnungen die Anforderungen, die an sie gestellt
werden, nicht zu erfüllen vermögen, daß ihre Benutzung
immer nur mit einem mehr oder minder großen Awang
und erheblichen Kompromissen zu erreichen ist. Zumeist
wird dabei die Jdee der Wohnungsanlage gegenüber der
Art ihrer Benutzung vollkommen illusorisch. Auf diesem
Wege kommen wir nicht weiter.

Alle Lösungsversuche basieren auf der gleichen Regel:
einen Grundriß zu schaffen auf der Basis des üblichen

Systems von Gängen und Aimmern. Die vielfachen Ver-
suche, das Ubel das Flurraumes irgendwie zu mildern,
scheinen zu zeigen, daß hierin ein wesentliches Hindernis

Abb. 6.

für eine tatsächliche Lösung verborgen liegt. Die An-
ordnung des Lichtganges wie in dem Entwurfe Erl-
weins ist einer dieser Versuche, und kein schlechter, denn
er führt auf den Kern des Problems. Es lohnt sich, diese
Frage ein wenig eingehender zu prüfen.

Der Flurraum nimmt innerhalb der Kleinwohnung
einen ganz erheblichen, wenn nicht zu sagen bedenklichen
Prozentsatz der Grundfläche fort. Soll der Flur von
irgendeinem nutzbaren Werte sein, so muß er außer dem
nötigen Passierraum noch Platz bieten für die Aufstellung
von Schränken, Truhen und anderen Dingen, die in den
Zimmern nicht mehr untergebracht werden können. Eine
Gangbreite von 1,50 m wäre in diesem Falle ein
Minimum. Soll nun zudem der Flur auch nur entfernt
belichtet und entlüftet werden, so tritt die Anordnung
des Lichtganges hinzu, für den 1,10 m Mindestbreite wäre
wegen der Türen, die sich in ihm öffnen. Bei einer An-
lage von drei Aimmern und Küche wie in Abb. 2 gehen
also über 10 m verloren, d. h. etwa 15 der Gesamt-
fläche werden einer peinlichen Notwendigkeit geopfert,
von der man keinen Nutzen hat, als in das Iimmer zu
gelangen, um im besten Falle ein paar Schränke auf-
stellen zu können. Audem ist dieser Raum auch bei An-
ordnung des Lichtganges in jedem Falle eng, dunkel und
unersreuliche Sammelstätte des Zuvielen und der Un-
sauberkeit. Es wäre demnach viel erreicht, wenn man
diesen Raum so formen und konzentrieren könnte, daß
er außer der Erfüllung seiner erwähnten Aufgabe noch
den praktischen Anforderungen eines Wohn- und Arbeits-
raumes gerecht zu werden vermöchte. Jn Abb. 6 ist eine
solche Anordnung für eine Zwei- und Dreizimmerwoh-
nung dargestellt, die nun keineswegs eine ideale Lösung
vorstellen soll, dennoch aber dieser Lösung ein gut Teil
näherrückt. Der Grundriß sei kurz im wesentlichen be-
sprochen.

Durch Herausrückung des Treppenpodestes hinter die
Rückwand des Hauses wird Raum zu einem kleinen Vor-
flur gewonnen, der den Eingang zur Wohnung, den Au-
gang zur Toilette und den direkten Eingang in ein

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