Kunstwissenschaftliche Bstrachtungen über städtischs Bauformen.
Rheinbrücke bei Ruhrort. (Hermann Billing.)
Das selbe würde übrigens vom Treppenturm in Rothen-
burg gelten, ivenn der Eckerker nicht so nahe aufsitzen
ivürde. Er hat indes seine Ursache mehr im Platzmonu-
mentalen des Stadtteils und es ist ivohl überhaupt
nicht angangig, das Haus etwa dauernd aus diesem
-Zusammenhang heraus zu betrachten. Jndes muß auch
die Straßenbaukunst mit platzbaukünstlerischen Motiven,
also verankernden, hervortretenden Teilen, arbeiten, soll
ein wohlabgetöntes Bild entstehen. Das Bild des Augs-
bUrger Rathauses zeigt solche Möglichkeiten sehr schön,
indem nicht nur in den Straßenwänden Mittelpartien
hervortreten, sondern das ganze Straßensystem im Turm
einen ankermäßigen Ausklang findet.
Das sind jedoch stadtbaukünstlerische Motive, die hier
nicht weiter verfolgt werden sollen. Die große Wichtig-
keit im Einzelhausbau liegt darin, daß er als Teil einer
gesamtstädtischen Ordnung erkannt und demnach kunst-
voll ausgestaltet wird. Diese Feststellung ist gerade des-
wegen sehr wichtig, weil im Hausbau der nächsten Au-
kunft sich die heutige Menschheit gewissermaßen ein
Kriegsdenkmal setzen witl. Das bedingt unbedingtes Ein-
ordnen in ein übergeordnetes System in der Weise, daß
der Einzelne nicht dumpf diese Notwendigkeit ahnt,
sondern sie klar erkennt und sich selbst nur als Glied einer
geordneten, abcr frei schaltenden Gesamtheit fühlt.
Damit wird die Bau-
kunst ein eminentes
politisches Hilfsmittel,
sie ist dann nicht mehr
Ausdruck einer seien-
den Weltanschauung,
sondern sie arbeitet
dem Werdenden, Ver-
einheitlichenden, dem
Sozialisierenden über
dem Demokratisieren-
den voraus. Alles
strebt so wieder vom
Einzelnen zum Gan-
zen, aber nicht im
stummen Gehorsam,
sondern ini vollen Er-
kennen des Aeichens
einer Aeit, die eine
schöne Grundlage für
eine festere Aukunft sein soll. Möchten die kleinen Haus-
baumeister der kommenden Tage dieses doch so ganz
erfassen, daß sie nicht nur Techniker und Wissen-
schaftler, sondern auch Künstler, also Tragende einer
höheren Kulturbestimmung, sein werden. Der Friede
in der Welt wird sich künftig noch viel mehr danach
richten, wieviel das Wohnen das Sehnen eines Volkes
zu befriedigen vermag, wie stark sich eine wohnliche
Kultur bildet, die ein Hinausstreben über ihre Grenzen
unnötig erscheinen läßt. Es ist unheilvoll genug gc-
wesen, daß solche Notwendigkeiten erst heute so richtig
erkannt werden, daß ein künstlerischer Nachwuchs auf
unseren Schulen herangebildet wurde, der seine Kräfte
im nutzlosen kraftgenialen Entwerfen vergeudete, der-
weil kunstlose Geldverdiener dem Volke das Wohnen
vergifteten. Es ist daher ein Schönes, Hohes, Edles
uni das Neubeleben einer kunstübersonnten Wohn-
kultur, aber es wird noch nianches -Zuviele gelasscn
werden müssen, bis unsere Menschen wieder an der
Quelle eines künstlerischen, kulturbildenden Menschen-
tums wohnen können. Gleichsam einer stillen, getragenen
Musik, wird solche Kunst die Seelen der Menschen er-
füllen und laben. Form, Stil, Technik, Wissen müssen
zur Einform werden, die, in der Vielheit der Einzel-
bauten nur angedeutet, sich erst in der nienschlichen Vor-
stellung voll bildet und
in treuer Weiterarbeit
festzuhalten versucht
wird.
Über dieses gesamt-
geistige Kleinbauen
hinaus gibt es aber
auch in Aukunft noch
ein Großbauen, deni
die großen Bauauf-
gaben gehören. Und
hier ist zu sagen, daß
das erpressionistische
Architektonisieren
eines Bauzweckes
schon heute in Einzel-
leistungen so entwickelt
ist, daß es mehrfach
Beispiele gibt, die auch
von späteren Aeiten
Cheunsche Fabrik iu Posen. (Hans Pölzig.)
Rheinbrücke bei Ruhrort. (Hermann Billing.)
Das selbe würde übrigens vom Treppenturm in Rothen-
burg gelten, ivenn der Eckerker nicht so nahe aufsitzen
ivürde. Er hat indes seine Ursache mehr im Platzmonu-
mentalen des Stadtteils und es ist ivohl überhaupt
nicht angangig, das Haus etwa dauernd aus diesem
-Zusammenhang heraus zu betrachten. Jndes muß auch
die Straßenbaukunst mit platzbaukünstlerischen Motiven,
also verankernden, hervortretenden Teilen, arbeiten, soll
ein wohlabgetöntes Bild entstehen. Das Bild des Augs-
bUrger Rathauses zeigt solche Möglichkeiten sehr schön,
indem nicht nur in den Straßenwänden Mittelpartien
hervortreten, sondern das ganze Straßensystem im Turm
einen ankermäßigen Ausklang findet.
Das sind jedoch stadtbaukünstlerische Motive, die hier
nicht weiter verfolgt werden sollen. Die große Wichtig-
keit im Einzelhausbau liegt darin, daß er als Teil einer
gesamtstädtischen Ordnung erkannt und demnach kunst-
voll ausgestaltet wird. Diese Feststellung ist gerade des-
wegen sehr wichtig, weil im Hausbau der nächsten Au-
kunft sich die heutige Menschheit gewissermaßen ein
Kriegsdenkmal setzen witl. Das bedingt unbedingtes Ein-
ordnen in ein übergeordnetes System in der Weise, daß
der Einzelne nicht dumpf diese Notwendigkeit ahnt,
sondern sie klar erkennt und sich selbst nur als Glied einer
geordneten, abcr frei schaltenden Gesamtheit fühlt.
Damit wird die Bau-
kunst ein eminentes
politisches Hilfsmittel,
sie ist dann nicht mehr
Ausdruck einer seien-
den Weltanschauung,
sondern sie arbeitet
dem Werdenden, Ver-
einheitlichenden, dem
Sozialisierenden über
dem Demokratisieren-
den voraus. Alles
strebt so wieder vom
Einzelnen zum Gan-
zen, aber nicht im
stummen Gehorsam,
sondern ini vollen Er-
kennen des Aeichens
einer Aeit, die eine
schöne Grundlage für
eine festere Aukunft sein soll. Möchten die kleinen Haus-
baumeister der kommenden Tage dieses doch so ganz
erfassen, daß sie nicht nur Techniker und Wissen-
schaftler, sondern auch Künstler, also Tragende einer
höheren Kulturbestimmung, sein werden. Der Friede
in der Welt wird sich künftig noch viel mehr danach
richten, wieviel das Wohnen das Sehnen eines Volkes
zu befriedigen vermag, wie stark sich eine wohnliche
Kultur bildet, die ein Hinausstreben über ihre Grenzen
unnötig erscheinen läßt. Es ist unheilvoll genug gc-
wesen, daß solche Notwendigkeiten erst heute so richtig
erkannt werden, daß ein künstlerischer Nachwuchs auf
unseren Schulen herangebildet wurde, der seine Kräfte
im nutzlosen kraftgenialen Entwerfen vergeudete, der-
weil kunstlose Geldverdiener dem Volke das Wohnen
vergifteten. Es ist daher ein Schönes, Hohes, Edles
uni das Neubeleben einer kunstübersonnten Wohn-
kultur, aber es wird noch nianches -Zuviele gelasscn
werden müssen, bis unsere Menschen wieder an der
Quelle eines künstlerischen, kulturbildenden Menschen-
tums wohnen können. Gleichsam einer stillen, getragenen
Musik, wird solche Kunst die Seelen der Menschen er-
füllen und laben. Form, Stil, Technik, Wissen müssen
zur Einform werden, die, in der Vielheit der Einzel-
bauten nur angedeutet, sich erst in der nienschlichen Vor-
stellung voll bildet und
in treuer Weiterarbeit
festzuhalten versucht
wird.
Über dieses gesamt-
geistige Kleinbauen
hinaus gibt es aber
auch in Aukunft noch
ein Großbauen, deni
die großen Bauauf-
gaben gehören. Und
hier ist zu sagen, daß
das erpressionistische
Architektonisieren
eines Bauzweckes
schon heute in Einzel-
leistungen so entwickelt
ist, daß es mehrfach
Beispiele gibt, die auch
von späteren Aeiten
Cheunsche Fabrik iu Posen. (Hans Pölzig.)