Arnold Waldschmidt.
Linearrhythnnschen in schönster Weise entspricht. — Was
bringt alse Waldschmidt nach Stuttgart? Fassen wir
das Vorstehende zusammen, so dürfen wir wohl sagen:
einen nngezähmten Willen, eine nnqewöhnliche Spann-
kraft, ein wirklich seherisches Auge, ein dynamisches
Empfinden, einen kritischen Geist und eine fertige Hand.
Das ist viel Einzelnes, das sich schon mehrfach zur
Gesamtkraft gebunden hat, aber sich doch stets wieder
wird neu bilden müssen, wenn immer wieder Neu-
lebendes aus diesem Kräftepaaren entstehen soll. Dazu
hat Waldschmidt ganz sicher seinen Willen; ob sein
natürliches Kraftereservoir dazu anhält, das ist eine
Frage, die uns nur die Aeit beantworten wird. Darum
ist aber doch zu fragen, was aus Waldschmidt auf Stutt-
garter Kunstboden werden kann. Der Künstler selber
scheint dieser Frage in Person ausweichen zu wollen.
Zuerst hat ihn die Kohlennot wieder in sein bayerisches
Wartenberg vertrieben, aber jetzt hat er uns auch den
ganzen Sommer im Stich gelassen. Jch weiß nicht, wie
es der Künstler künftig damit halten, ob er in Stuttgart
gewissermaßen nur Gast scin will. Auch so wird ihm ja
das Schwäbisch-Beeinflussende vielleicht nahekommen,
aber wir könnten in Stuttgart und Württemberg einen
Zeichner-Künstler brauchen, der wie Waldschmidt das
Wesen in seinen Grundlinien nufspürt und es mit so viel
Naturtreue zugleich gibt. Unsere besten Schwabenmaler
sind Timbristen, sie bieten Schönes auf ihre Art, doch
Waldschmidt hat das Zeug, auf kargste Weise einen
Reichtum auszudrücken, und darin scheint er mir dem echt
schwäbischen Naturell sehr nahezukommcn. Auch daß
er die Farbe so unterordnet, entspricht deni schwäbischen
Sinn für Ökonomie alles Stimmungswertigen. Jch
möchte nicht etwa Waldschmidt als neuschwäbischen
Künstler einschachteln, sondern ich meine, daß ihm der
schwabische Boden und der schwäbische Mensch in seiner
Kunst nahestehen und ein gegenseitiges Beziehen förder-
lich auch für den Künstler sein kann.
Von dieser weiteren Entwicklung seiner künstlerischen
Tätigkeit leitet sich dann auch sein Einfluß ab. Ohne
nachhaltigen Eindruck sind jedenfalls schon seine großen
Bilder in der Kunstausstellung des letzten Winters nicht
geblieben. Dem Schwaben wurde da auf einmal klar,
daß sich hier einer in Stuttgart niederließ, der ordentlich
hervorholt, was eine gütige Vorsehung in ihn gelegt hat.
Das ist kein quietivistisches Laborieren und ängstliches
Herumtragen verborgener Eigenschaften, sondern hier
sah man, daß einer seine Kräfte mit vollen Ellen maß,
daß einer sich heiß alles abrang, was es ihm und der
Umwelt abzuringen gab. Das alles sind jedenfalls vor-
treffliche Führereigenschaften, und wie sich auch die
Schwaben zum Meister stellen werden, das eine ist ge-
wiß, auf die Akadenüe gehörte ein solcher gewissenhafter
Könner sofort. Kein Wunder, daß ihm denn auch das
Aktzeichnen anvertraut wurde, wo er seine genauen
anatomischen Kenntnisse, seine straffe Linienrhythmik,
seine flotte Handfertigkeit zusammen auf seine Schüler
einwirken lassen kann. So hoch entwickelt die Eigenkunst
dieses Meisters auch ist, er wandelt doch auf Wegen des
Uberlieferten, die ihm das Gestrige für das zu gestal-
tende Morgige sind. Und er wandelt nicht nur träumend
diese Wege, sondern mit ganz offenen Sinnen, die indes
nur deswegen aufnahmefähig bleiben, weil in diesem
Künstlernienschen tatsächlich eine ungewöhnliche Kraft
sowohl zum Aufnehmen als zum Ausgeben wohnt. Ein
Ereignis war der EintrittWaldschmidts in den Stuttgarter
Kunstkreissicherlich,mögedereinst auchgeschrieben werden,
daß sein Verbleiben ein Ereignis blieb.
f740sj I. F. Häuselmann.
Amold Waldschmidt.
Landschaft.
Linearrhythnnschen in schönster Weise entspricht. — Was
bringt alse Waldschmidt nach Stuttgart? Fassen wir
das Vorstehende zusammen, so dürfen wir wohl sagen:
einen nngezähmten Willen, eine nnqewöhnliche Spann-
kraft, ein wirklich seherisches Auge, ein dynamisches
Empfinden, einen kritischen Geist und eine fertige Hand.
Das ist viel Einzelnes, das sich schon mehrfach zur
Gesamtkraft gebunden hat, aber sich doch stets wieder
wird neu bilden müssen, wenn immer wieder Neu-
lebendes aus diesem Kräftepaaren entstehen soll. Dazu
hat Waldschmidt ganz sicher seinen Willen; ob sein
natürliches Kraftereservoir dazu anhält, das ist eine
Frage, die uns nur die Aeit beantworten wird. Darum
ist aber doch zu fragen, was aus Waldschmidt auf Stutt-
garter Kunstboden werden kann. Der Künstler selber
scheint dieser Frage in Person ausweichen zu wollen.
Zuerst hat ihn die Kohlennot wieder in sein bayerisches
Wartenberg vertrieben, aber jetzt hat er uns auch den
ganzen Sommer im Stich gelassen. Jch weiß nicht, wie
es der Künstler künftig damit halten, ob er in Stuttgart
gewissermaßen nur Gast scin will. Auch so wird ihm ja
das Schwäbisch-Beeinflussende vielleicht nahekommen,
aber wir könnten in Stuttgart und Württemberg einen
Zeichner-Künstler brauchen, der wie Waldschmidt das
Wesen in seinen Grundlinien nufspürt und es mit so viel
Naturtreue zugleich gibt. Unsere besten Schwabenmaler
sind Timbristen, sie bieten Schönes auf ihre Art, doch
Waldschmidt hat das Zeug, auf kargste Weise einen
Reichtum auszudrücken, und darin scheint er mir dem echt
schwäbischen Naturell sehr nahezukommcn. Auch daß
er die Farbe so unterordnet, entspricht deni schwäbischen
Sinn für Ökonomie alles Stimmungswertigen. Jch
möchte nicht etwa Waldschmidt als neuschwäbischen
Künstler einschachteln, sondern ich meine, daß ihm der
schwabische Boden und der schwäbische Mensch in seiner
Kunst nahestehen und ein gegenseitiges Beziehen förder-
lich auch für den Künstler sein kann.
Von dieser weiteren Entwicklung seiner künstlerischen
Tätigkeit leitet sich dann auch sein Einfluß ab. Ohne
nachhaltigen Eindruck sind jedenfalls schon seine großen
Bilder in der Kunstausstellung des letzten Winters nicht
geblieben. Dem Schwaben wurde da auf einmal klar,
daß sich hier einer in Stuttgart niederließ, der ordentlich
hervorholt, was eine gütige Vorsehung in ihn gelegt hat.
Das ist kein quietivistisches Laborieren und ängstliches
Herumtragen verborgener Eigenschaften, sondern hier
sah man, daß einer seine Kräfte mit vollen Ellen maß,
daß einer sich heiß alles abrang, was es ihm und der
Umwelt abzuringen gab. Das alles sind jedenfalls vor-
treffliche Führereigenschaften, und wie sich auch die
Schwaben zum Meister stellen werden, das eine ist ge-
wiß, auf die Akadenüe gehörte ein solcher gewissenhafter
Könner sofort. Kein Wunder, daß ihm denn auch das
Aktzeichnen anvertraut wurde, wo er seine genauen
anatomischen Kenntnisse, seine straffe Linienrhythmik,
seine flotte Handfertigkeit zusammen auf seine Schüler
einwirken lassen kann. So hoch entwickelt die Eigenkunst
dieses Meisters auch ist, er wandelt doch auf Wegen des
Uberlieferten, die ihm das Gestrige für das zu gestal-
tende Morgige sind. Und er wandelt nicht nur träumend
diese Wege, sondern mit ganz offenen Sinnen, die indes
nur deswegen aufnahmefähig bleiben, weil in diesem
Künstlernienschen tatsächlich eine ungewöhnliche Kraft
sowohl zum Aufnehmen als zum Ausgeben wohnt. Ein
Ereignis war der EintrittWaldschmidts in den Stuttgarter
Kunstkreissicherlich,mögedereinst auchgeschrieben werden,
daß sein Verbleiben ein Ereignis blieb.
f740sj I. F. Häuselmann.
Amold Waldschmidt.
Landschaft.