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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 27.1917

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Heft 9
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Knorr, Theodor: Josef Sattler
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https://doi.org/10.11588/diglit.26489#0224

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Josef Sattler.

Der Gutshof.

tätigte, wurde er außerdem zu Sonderstudien mannig-
facher, vorzugsweise klltur- und naturgeschichtlicher Art
hingewiesen, die wiederum befruchtend auf seine Vor-
stellungskraft einwirkten. Neben dem scharfen Blick für
alles, was Charakter hat, war es denn auch sein Erfin-
dungsreichtum, der des Künstlers Name zuerst bekannt
und anerkannt gemacht hat. Bei allem zeigt sich der
denkende Künstler, dem das Grübeln und Forschen
nach der inneren Logik der Dinge und des Geschehens
im Blute liegt, dessen Phantasie reich genug war, um
ihn vor Trivialitäten zu bewahren.

Den Ansang von Sattlers Werk bezeichnen jene
überaus sein durchgearbeiteten Blättcr in der Aus-
drucksweise des Holzschnittes der Dürerzeit, die sich durch
Gedankentiefe und Fülle der Darstellung diesen bei aller
äußeren Anspruchslosigkeit so bedeutsamen Werken der
deutschen Kleinkunst würdig anreihen. Daß dabei das
äußere altertümelnde Gewand niemals Selbstzweck war,
wurde schon gesagt. Ganz im Gegenteil drängte die
Entwicklung von Anfang an zur Abstreifung der anti-
quierenden Formen, recht zum Bedauern zahlreicher
Altertumsfreunde, die diese in Sattlers Arbeit nur
ungern missen wollten. Es versteht sich von selbst, daß
die Strichzeichnung als solche, die für das gegebene Ver-
vielfaltigungsverfahren der Strichätzung ebenso un-
erläßlich ist, wie sie es für den alten Holzschnitt war,
nicht als Holzschnittnachahmung angesprochen werden
darf. Auch sind die Unterschiede zwischen den beiden
Techniken bei eingehender Betrachtung nicht zu ver-
kennen. Die heutige photomechanische Wiedergabe läßt
der Zeichnung größere Bewegungsfreiheit als die Kunst
des Holzschnitts, die doch der Sprödigkeit des Materials
Rechnung zu tragen hat. Es ist reizvoll, an der Sattler-
schen Graphik von Fall zu Fall nachzuprüfen, wie er
sich nicht die Beschränkungen des Holzschnitts auferlegt,
sondern für seine Originale alle Möglichkeiten ausnützt.

die die genaue Anpassung an die zinkographische Strich-
atzung gewährt.

Sattlers künstlerische Persönlichkeit tritt besonders
deutlich und eindrucksvoll bei seinen Erlibris hervor.
Jn diesem Kunstzweig ist er seit seinem Auftreten einer
der Führenden gewesen und geblieben. Sein Erfolg
hat mit zu der Flutwelle der Erlibris beigetragen, die
über uns hereingebrochen ist und viel künstlerisch Un-
bedeutendes mit sich brachte. Jeder glaubte auf diesem
Gebiete Lorbeer ernten zu können, bis es sich, rasch
genug, zeigte, wie klein auch hier die Iahl der Aus-
erwählten sei. Ein Künstler wie Sattler entwickelt sich,
wie alles Lebendige, mit innerer Naturnotwendigkeit.
Jn folgerichtigem Fortschreiten kam er in seiner Schwarz-
Weiß-Kunst zu immer größerer Einfachheit und findet
in der künstlerisch wirksamen, wohlabgewogenen Ver-
teilung von Hell und Dunkel die Hauptaufgabe der
Erlibriskunst und der Druckgraphik überhaupt. Von
den zartstrichigen Blättchen von früher gelangte er zu
den einfachen graphischen Kompositionen von heute,
deren besonderes Verdienst teils in der Unzertrennlich-
keit von Schrift und Darstellung liegt, teils in der über-
wiegenden, die Gesamterscheinung beherrschenden Be-
deutung der Schrift selbst.

Ansätze in dieser Richtung finden sich übrigens bei
Sattler schon früh. So kann aus der Frühzeit des Künst-
lers das Erlibris I. M. der Kaiserin als ein Beispiel
klassischer Einfachheit angezogen werden. Es zeigt die
Anfangsbuchstaben des Namens der Kaiserin in der Art
der fürstlichen Handmale auf alten Urkunden.

Unsere Abbildungen einiger Erlibris aus jüngster
Zeit kennzeichnen die geschilderte Entwicklung. Jn
bewußtem Gegensatz zu dem auch heute noch üblichen
Durchschnitts-Erlibris, das in den meisten Fällen nicht
mehr ist, als irgendein mehr oder weniger passendes
Bildchen, das durch beigefügte Schrift zum Erlibris

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