Große Borlim'r Kunfrausslollimg 1617 im Kunstpalnst zu Düssaldorf.
Gelb der Haare wieder abklingt; es ist trotz mancher
Einwande, die man gegen beide Kompositionen machen
könnte, sehr viel reiner künstlerischer Wille in diesen Bil-
dern, der auf eine wohlklingende Harmonie zielt. Frauen
sind als Künstlerinnen in der Ausstellung selten, doch
möchte ich zwei nennen, die mir aufgefallen sind. Die eine
ist Adele v. Finck nrit einem außerst zart und farbig gemal-
ten Jnterieur, „Iwei Frauen im Gesprach", mit jener
Überfertigkeit gemalt, die von Degas herkommt, die den
flirrenden Reiz leichter Frauenkleider in einen Schaum
von Licht auflöst. Die andere ganz anders geartete ist
Jlse Schütze-Schur. Jhre Radierung „Die Harrenden",
deren weiche Technik vielleicht ohne persönlichste Note
ist, hat so viel zwingendere Kraft des künstlerischen Aus-
drucks, daß dies Blatt unter den hier ausgestellten Ra-
dierungen eines der ersten ist, trotz Opplers federzarten
Blattern alis dcm russischen Ballett. Diese „Harrenden",
Frauen mit geweiteten Augen, in der Starrheit der Hal-
tung, die ein beherrschtes Gefühl ihren Gliedern auf-
zwingt, scheinen hineinzuhorchen in die tobende Unruhe
unserer Tage, fast ohne Hoffnung und umklammert von
den Enttauschungen, die sie schon erlitten haben; es ist
sicher ein ebenso künstlerisch schö-
nes wie reines Blatt. Die Tren-
nung der allgemeinen Berliner
Gruppe und der Sezession von
dieser ist nicht so augensällig als
man glauben sollte. Auch in der
Berliner Sezession, die nun bald
zwanzig Jahre besteht, sind die
„alten Herren" zu erkennen,
deren bekanntester Name hier
Lovis Corinth ist. Sein großes
Lutherbild an der einen Haupt-
wand des'Saales hat trotz aller
Größe des Formats, trotz der
bewußt reduzierten Farbigkeit
zu wenig von der Monumentali-
tät, die nötig ist, um uns das
Bildnis eines Mannes zu schen-
ken, der zu den Statuen unserer
Geisteswelt gehört. Luthers
menschliche Figur ist für uns auf
die wenigen Linien begrenzt, die
gerade nötig sind, um den Um-
riß seiner Wesenheit zu stützen;
Gewand und Physiognomie sind
da wenig, alles muß in der Geste,
im Ausdruck des Umrisses liegen,
um den Mann darzustellen, der
das sprechen konnte: „hier stehe
ich, ich kann nicht anders", nicht
weil er keinen anderen Ausweg
wußte, sondern weil es für ihn
nur dies eine gab: „zu stehen".
Dem Luther von Corinth fehlt
das innere Gerüst der Leiden-
schaft, das den Hodlerschen
„Telt" trägt, womit beide nur
als Kunstwerk im Grad ver-
glichen sein sollen. Hodler er-
reicht dieMonumentalität, deren
das Bild von Corinth ganz ent-
behrt, es wirkt wie eine Ver- Fnednch Schüz.
größerung, aber nicht groß. Corinth, der über viel Kraft
verfügt, ist zu wenig frei in der Kenntnis der inneren
Gründe seines Vorwurfs, als daß er das Nebensachliche
vom Notwendigen zu trennen vermöchte, das zeigt sich
auch an dem anderen großen Bild, das von ihm da
ist. „Potiphars Weib" ist eine mit viel Können gemalte
Szene, die trotz der Größe der Figuren zum „Genre"
wird, weil keine Einheit von malerischem und seelischem
Gehalt des Bildes erreicht ist. Erich KuithanS „Junge
Frau im Bluniengartcn" mit dem blühenden Ziot des
Kleides steht selber als Blüte in der Natur, geschlossen
und fast symmetrisch wie diese, womit die Monumen-
talität der menschlichen Figur am ehesten gewahrt ist;
leicht denkt man auch hier an Hodler als den Meister
solcher Aufgabe, aber diese Schülerschaft ist nur dem
zuganglich, der auf der gleichen Spur sucht, und nur
dem kann da eine eigene Meisterschaft und Reife winken.
Das große Bild von Willy Jaeckel „Nach der Geburt"
>väre hier anzureihen. Als Versuch, eine Gruppe in eine
so große Fläche einzuordnen, daß alle Bewegtheit sich zur
Ruhe im Rhythmus der Linien bindet, ist es bedeutsam.
Wer vor diese Gruppc mit dem Anspruch einer Anekdote
Cngelsbotschaft.
Gelb der Haare wieder abklingt; es ist trotz mancher
Einwande, die man gegen beide Kompositionen machen
könnte, sehr viel reiner künstlerischer Wille in diesen Bil-
dern, der auf eine wohlklingende Harmonie zielt. Frauen
sind als Künstlerinnen in der Ausstellung selten, doch
möchte ich zwei nennen, die mir aufgefallen sind. Die eine
ist Adele v. Finck nrit einem außerst zart und farbig gemal-
ten Jnterieur, „Iwei Frauen im Gesprach", mit jener
Überfertigkeit gemalt, die von Degas herkommt, die den
flirrenden Reiz leichter Frauenkleider in einen Schaum
von Licht auflöst. Die andere ganz anders geartete ist
Jlse Schütze-Schur. Jhre Radierung „Die Harrenden",
deren weiche Technik vielleicht ohne persönlichste Note
ist, hat so viel zwingendere Kraft des künstlerischen Aus-
drucks, daß dies Blatt unter den hier ausgestellten Ra-
dierungen eines der ersten ist, trotz Opplers federzarten
Blattern alis dcm russischen Ballett. Diese „Harrenden",
Frauen mit geweiteten Augen, in der Starrheit der Hal-
tung, die ein beherrschtes Gefühl ihren Gliedern auf-
zwingt, scheinen hineinzuhorchen in die tobende Unruhe
unserer Tage, fast ohne Hoffnung und umklammert von
den Enttauschungen, die sie schon erlitten haben; es ist
sicher ein ebenso künstlerisch schö-
nes wie reines Blatt. Die Tren-
nung der allgemeinen Berliner
Gruppe und der Sezession von
dieser ist nicht so augensällig als
man glauben sollte. Auch in der
Berliner Sezession, die nun bald
zwanzig Jahre besteht, sind die
„alten Herren" zu erkennen,
deren bekanntester Name hier
Lovis Corinth ist. Sein großes
Lutherbild an der einen Haupt-
wand des'Saales hat trotz aller
Größe des Formats, trotz der
bewußt reduzierten Farbigkeit
zu wenig von der Monumentali-
tät, die nötig ist, um uns das
Bildnis eines Mannes zu schen-
ken, der zu den Statuen unserer
Geisteswelt gehört. Luthers
menschliche Figur ist für uns auf
die wenigen Linien begrenzt, die
gerade nötig sind, um den Um-
riß seiner Wesenheit zu stützen;
Gewand und Physiognomie sind
da wenig, alles muß in der Geste,
im Ausdruck des Umrisses liegen,
um den Mann darzustellen, der
das sprechen konnte: „hier stehe
ich, ich kann nicht anders", nicht
weil er keinen anderen Ausweg
wußte, sondern weil es für ihn
nur dies eine gab: „zu stehen".
Dem Luther von Corinth fehlt
das innere Gerüst der Leiden-
schaft, das den Hodlerschen
„Telt" trägt, womit beide nur
als Kunstwerk im Grad ver-
glichen sein sollen. Hodler er-
reicht dieMonumentalität, deren
das Bild von Corinth ganz ent-
behrt, es wirkt wie eine Ver- Fnednch Schüz.
größerung, aber nicht groß. Corinth, der über viel Kraft
verfügt, ist zu wenig frei in der Kenntnis der inneren
Gründe seines Vorwurfs, als daß er das Nebensachliche
vom Notwendigen zu trennen vermöchte, das zeigt sich
auch an dem anderen großen Bild, das von ihm da
ist. „Potiphars Weib" ist eine mit viel Können gemalte
Szene, die trotz der Größe der Figuren zum „Genre"
wird, weil keine Einheit von malerischem und seelischem
Gehalt des Bildes erreicht ist. Erich KuithanS „Junge
Frau im Bluniengartcn" mit dem blühenden Ziot des
Kleides steht selber als Blüte in der Natur, geschlossen
und fast symmetrisch wie diese, womit die Monumen-
talität der menschlichen Figur am ehesten gewahrt ist;
leicht denkt man auch hier an Hodler als den Meister
solcher Aufgabe, aber diese Schülerschaft ist nur dem
zuganglich, der auf der gleichen Spur sucht, und nur
dem kann da eine eigene Meisterschaft und Reife winken.
Das große Bild von Willy Jaeckel „Nach der Geburt"
>väre hier anzureihen. Als Versuch, eine Gruppe in eine
so große Fläche einzuordnen, daß alle Bewegtheit sich zur
Ruhe im Rhythmus der Linien bindet, ist es bedeutsam.
Wer vor diese Gruppc mit dem Anspruch einer Anekdote
Cngelsbotschaft.