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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 27.1917

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Heft 12
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Stern, Dorothea: Mittelalterliche Wandgemälde aus dem Großherzogtum Hessen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26489#0302

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ausgestellt waren, gaben sehr glücklich den Eindruck der
wundervoll harmonischen Gesamtwirkung von Architek-
tur und Malerei (Abb.4). Welcher Hochstand künstlerischer
Kultur gehörte doch dazu, eine einfache Dorfkirche zum
Schauplatz einer so fein abgestimmten Dekoration zu
machen! Alles ist hier der einheitlichen Wirkung unter-
geordnet. Auch die figürlichen Darstellungen erscheinen
nur als Bestandteile der Ornamentik, die mit ihrem
Rankenwerk alle Flächen der Gewölbe überivuchert.
Diese Ranken in Hungen, mit fortlaufenden Kreisen und
zu dritt stehenden spitz ausgezogenen Blättchen, haben
große Ahnlichkeit mit deni Rankenwerk, das sich auf der
Rückseite des Friedberger Altars erhalten hat. Man
möchte trotz des Aeitabstandes an gemeinsanie Werkstatts-

gewohnheiten denken. Von ferne erinnert auch noch an
die Gestalten des Friedberger Altars der hl. Johannes
in Hungen (Abb. 5). Es sind die gleichen überschlanken
Körpermaße, der Gesichtstypus mit niederer Stirn und
vollen Lippen. Der Faltenwurf und die kelchartige Ein-
ziehung des Gewandes über den Füßen beim Johannes
weisen in den Anfang des 15. Jahrhunderts.

Der gut erhaltene Marientod (Abb. 6) in Hungen läßt
durch seine Versuche räumlicher Darstellung (das schräg ge-
stellte Bett) und die kauernden Gestalten im Vordergrund
an Vorbilder in der Art des Schottener Altars denken.
Die Figuren sind mit demselben beschwingten Linienzug
hingeworsen wie das Rankenwerk, dem sie sich so vollendet
anschmiegen. Bei der Stilisierung der Gewänder be-

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