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Ross, Ludwig; Ross, Ludwig [Hrsg.]
Archäologische Aufsätze (Band 1): Griechische Gräber. Ausgrabungsberichte aus Athen. Zur Kunstgeschichte und Topographie von Athen und Attika — Leipzig, 1855

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https://doi.org/10.11588/diglit.9053#0243

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Sommer 1840 gefundenes Bruchstück eines Pieclestals aus wei-
ssem Marmor, mit der Aufschrift:

ολυμνηστοσκεν
εποιησαν

Es leuchtet ein, dass in der ersten Zeile links nur Ein Buch«
Stabe fehlt, nämlich ρ , [nicht tt, wie Brunn gesetzt hat], der
Plural aber des Verbums εποίηβαν zeigt, dass die erste Zeile
zwei Namen von Künstlern enthalten musste, und die Stellung
dieses Wortes auf dem Steine, welche mit sorgfältig abgemes-
sener Symmetrie die Mitte der ganzen Inschrift zu halten pflegt,
begründet die Vermuthung, dass auch hinter der Sylbe ken
nicht mehr als fünf bis sechs Bachstaben zur Herstellung des
zweiten Namens ergänzt werden dürfen. Unter den bekannten
Künstlern ist aber kein anderer, dessen Name mit jener Sylbe
anfängt, als Kenchramis '), den Plinius 34, 19, 27 mit andern
Erzgiessern zusammenstellt, welche am besten Philosophen ge-
bildet *); und die, Inschrift ist daher ohne Zweifel so zu lesen:
\Π]ολνμνηΰτος, Ιιέγ[χραμις] ίποίηΰαν. Der Künstler Pohjmncslos
erscheint hier zum ersten Male, und zwar als Arbeitsgenosse
des Kenchramis; mithin war auch er Erzbildner, und eben die
Meister dieses Faches sind wir jetzt schon gewohnt, paarweise
auftreten zu sehen, wie Kritios und Nesiotes, Kephisodotos und
Timarehos u. s. w. [vgl. oben S. 165 f.]. Zu welcher Zeit Ken-
chramis gelebt, giebt Plinius nicht an. Doch zeigt der paläo-
graphische Charakter der Inschrift, dass sie freilich später als
das Archontat des Eukleides, auf der andern Seite aber schwer-
lich jünger ist als die zweite Hälfte des dritten Jahrhunderts
vor Christo. Zwischen diesen beiden Gränzpunkten haben wir
uns also zu halten; und zwar bin ich wogen der einfachen Ele-
ganz der Schriftzüge und wegen der hier gebrauchten Eecht-
schreibung (n x"statt γ x, und ο i statt des blossen ο in ε π ο i
ησαν) geneigt zu glauben, dass die Inschrift wohl in das Zeit-
alter des Praxiteles und Lysippos gesetzt werden dürfte. So

1) Ueberhaupt dürfte sich kein anderer mit ken (oder κ ε γ)
anfangender hellenischer Eigenname nachweisen lassen; es sei denn
dass man einen von Κίντανι>οζ abgeleiteten Namen voraussetzen wolle.

2) Plin. a. a. O.: Colotes qui cum Phidia Iovem Olympium fece-
rat, philosophos. Item Cleon, et Cenchraini.t, et Callicles, et Cephis.
 
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