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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 2
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Firmenich-Richartz, Eduard: Der Pallant'sche Altar
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0033

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39

1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2.

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selbe im Beginn des XVI. Jahrb. mit prächtigen
Schnitzereien aus einer Antwerpener Werkstatt,
welche das Leiden Christi verbildlichen, geziert.
Dieser neue Schrein aber verdrängte offenbar
unser älteres, unscheinbar gewordenes Altarwerk,
dessen Theile die Pallant dann der Kirche des
benachbarten Dorfes überwiesen, wo die Familie
ebenfalls begütert war. Das Hofgut der Pallant
in Roerdorf hatte Werner IL von den Erben der
Johanna von Reifferscheidt zu Hackenbroich ge-
kauft, es wird später bei der grofsen Güter-
theilung als Pallant'scher Besitz von Alters her
ausdrücklich erwähnt.

Die oben eruirte späte Entstehungszeit des
Pallant'schen Altares erklärt sich nun keines-
wegs durch einen zurückgebliebenen, provin-
ziellen Charakter der beschriebenen Gemälde,
der es etwa gestatten würde, diese Bilder be-
deutend später anzusetzen, wie verwandte Ar-
beiten kölnischer Maler. Im Gegentheil! Das
hier geschilderte Altarwerk übertrifft in künst-
lerischer Vollendung die meisten jener wenigen
datirbaren altkölnischen Malereien,7) welche

7) Zur Vervollständigung der kleinen Anzahl datir-
barer kölnischer Gemälde aus dem Beginn desXV.Jahrh.
mögen zwei weitere Beispiele dienen: Darmstadt, Mu-
seum, Nr. 1G0. Christus am Kreuz, Maria, Johannes
und Stifter. Zu den Seiten acht Heilige und ein Ka-
nonikus (späterer Zusatz). Unter der Tafel die In-
schrift: hütic tabulam furi fecervnt discreti viri hen-
ricus de cassel et ccnradits rost de cassel pro salute
animae qnondam johannis rast de cassel ac aleidis
eins vxoris qnorum animae fer misericordiam dei
reqiiiescanl in face. amen. In der Hohe die Wappen
der Familien Rost de cassel und Cleingedank. Johann
Rost de cassel und seine Gattin Aleid besafsen in Köln
das Haus Monheim und Roggendorp under Kranen-
boymen und werden urkundlich erwähnt 1391 März
und Okt. (Köln, städt. Archiv, Nr. 5203), 1399 März
(Schrb. Nr. 147). Im Jahre 1409 treten die Söhne
das väterliche Erbe an, damals lebte aber die Mutter
noch. Die Votivtafel, zum Seelenheil beider Gatten
gestiftet, entstand also bestimmt nach 1409. Der Name
des kölnischen Geschlechtes Rost de cassel verführte
Janitschek (»Geschichte der deutsch. Malerei« S. 214)
zu einer bedauerlichen Verwechselung und irrigen Kom-
binationen.— (»KlassischerBilderschatz« Nr.247), Köln,
Wallraf-Richartz-Museum, Nr. 99, Martyrium der hl. Ur-
sula, enthält im ganzen Mittelgrunde eine zusammen-
gedrängte Ansicht Kölns, die eine nähere Datirung
des Bildes ermöglicht. Der hohe Chor des Domes
ist vollendet, hinter demselben wird der alte Glocken-
thurm sichtbar, der an den Marienchor grenzte und
noch lange im XV. Jahrh. seinen Platz behauptete
(vgl. Koelhoff'sche Chronik, 1499, fol. 115, 6).
Weiter erscheint St. Marlin ohne den hölzernen Thurm-
helm, der 1378 abgebrannt war. Zuletzt sieht man

sämmtlich darauf hinweisen, dafs der Stil, den
man mit dem Namen „Meister Wilhelm" be-
zeichnet, in seiner reifsten Blüthe den ersten
Jahrzehnten desXV.Jahrh. angehört. Das Hand-
werk wie die Kunst hatten im Mittelalter wahr-
lich einen goldenen Boden, Traditionen ver-
knöcherten nicht so schnell. Der Ciarenaltar
wird wahrscheinlich eine der frühesten Meister-
schöpfungen der ganzen Richtung sein. Die
.Flügelbilder, welche wir der Hand eines Gehilfen
zuzuweisen haben, verrathen noch deutlich im
Zug der Gewänder die Gewöhnung eines altern
Stils. Das Werk dürfte etwa um die Wende des
Jahrhunderts entstanden sein und um diese Zeit
auch die Geburtsstunde der neuen Kunstweise ge-
schlagen haben, welche wir sicherlich nicht über
das Jahr 1390 zurückdatiren können. Die inter-
essanten Uebergangsstufen sind leider nicht mehr
deutlich zu verfolgen.8) Es ist überhaupt schwer,
eine sichere Anschauung der kölnischen Malerei
seit der Mitte des XIV. Jahrh. zu gewinnen;
denn zeitlich genau bestimmbare Gemälde aus
der Blütheperiode des Wilhelm vonHerle blieben
nicht mehr erhalten. Das letzte derselben be-
fand sich auf der Nothmauer, welche den hohen
Chor des Domes nach Westen abschlofs. Franz
Kugler sah diese Bilder des thronenden Christus
und der Apostelfürsten noch vor ihrer Ueber-
malung durch Lasinsky und bezeichnet die kolos-
salen Gestalten als „sehr einfach, beinahe roh"
in der Ausführung.9) Nicht die mindeste Spur
erinnerte ihn an „Meister Wilhelm" und doch
entstanden diese Wandgemälde zwischen 13C3
und 1371, wie aus dem beigefügten Stifterbild-
nifs des Kuno von Falkenstein und den Kur-
wappen Trier und Köln hervorging.10) Bei Leb-

st. Severin im vollen Schmuck seiner drei Thürme,
erbaut 1391 bis 1400 und 1411, dagegen fehlt der
1414 vollendete Rathhauslhurm.

8) Auf einige Miniaturen und die Prophetenköpfe aus
dem Rathhaus, welche diese Entwickelung wenigstens
andeuten, hat der Unterzeichnete bereits früher hinge-
wiesen (vgl. diese Zeischrift IV, Nr. 8).

9) Franz Kugler »Kleine Schriften« II, S. 28(5;
»Geschichte der Malerei« I, S. 227.

10) Vgl. Franz Ferdinand »Kuno von Falken-
stein etc.«, (Paderborn 1£:85); Kaiser »Aus der Chro-
nik von Nieder-Weise!« (Archiv für hess. Geschichte
und Alterthumskunde XII, S. 565); »Die Limburger
Chronik« (ed. Arthur Wyss) »Monumenla Germ. hist.
Script., qui vernacula lingua usi sunt«, Tomi IV, 1 ;
»Städtechronik« XIV.

Kuno von Falkenstein ist bereits 1303 Juni 12
Administrator von Köln und hat diese Stelle auch
 
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