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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 12
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Deneken, Friedrich: Thonaltar des Giovanni della Robbia
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0198

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Abhandlungen.

Thonaltar des Giovanni della Robbia.

Mit Lichtdruck (Tafel X).

er hier abgebildete buntglasirte
Thonaltar befindet sich gegen-
wärtig in Kölner Privatbesitz.
Er ist von beträchtlicher Gröfse
(2,18 x 1,52 m) und einem sehr
hohen Relief, das die Hauptfiguren in nahezu
freier Modellirung vortreten läfst. Auf bank-
artigem Sitz thront die Madonna. Mit der einen
Hand unterstützt sie leicht das Jesuskind, das
auf ihrem Knie steht, die Rechte segnend er-
hoben. Am Boden kniet der kleine Johannes;
er hält ein Spruchband mit der Inschrift: ECCE
AGNVS BEI. Eine zweite Inschrift steht an
der Fufsplatte des Thrones: SVB TVVM PRE-
SID1VM CONFVG1MVS SANCTA DEI
GENITRIX. Oberhalb der Gruppe erscheinen
zwei Engel mit der Himmelskrone und die Taube
des hl. Geistes. Eigenartig ist die Rückwand des
Thronsitzes behandelt; ihre Ornamente erinnern
an die Muster italienischer Fliesen und Teppiche,
und man kann nur zweifeln, ob eine Nachahmung
des einen oder des andern beabsichtigt war.
Ohne Analogie ist eine derartige Ornamentirung
jedoch nicht. Eine wirkliche Verkleidung des
Grundes mit glasirten Fliesen kommt an meh-
reren Robbiawerken vor, von denen eines der
frühesten Giovanni's Taufbrunnen in Sa. Maria
Novella sein dürfte.

Auf eine Entstehung des Kölner Altars unter
der dritten Generation der della Robbia deuten
aber noch andere Anzeichen hin. Den damaligen
Geschmack verräth der dichtgebundene Rahmen-
kranz, in dem Granatäpfel, Pinienzapfen, Citronen
und andere Früchte mit Blättern und Blumen
wechseln. Der in's Dekorative gehenden Rich-
tung entspricht ebenfalls die in kräftigen Farben:
Blau, Grün, Gelb, Braun und Weifs ausgeführte
Bemalung des Ganzen. Was aus dem Stilcharakter
des Bildwerks hervorgeht, bestätigen die In-
schriften der Predella: AL TEMPO Dl GIO-
VACHINO MACIGNL — P-j A'NÖ ■ DNI■
NOSTRI■ 1HV. XPI- M-D- XXIII. Durch
diese Datirung erhält der Altar für die Ge-
schichte der Robbiakunst einen besonderen do

kumentarischen Werth. Wie hier das Jesuskind
die Andächtigen segnet, so sind in vielen andern
Robbiawerken, am frühesten in Luca's unver-
gleichlicher Portallunelte in der Via dell' Agnolo
zu Florenz, Mutter und Kind zur versammelten
Gemeinde in Beziehung gesetzt. Aber in un-
serem Relief tritt die geschlossene, auf das
Jesuskind konzentrirte Aktion der dargestellten
heiligen Personen, das innere Leben und die
weihevolle Stimmung, mit welcher der Altmeister
auf der Höhe seines Schaffens seine Reliefbild-
werke zu erfüllen wufste, etwas zurück; hier-
mit auch das liebevolle Eingehen auf die Natur,
das die Werke seiner Vorgänger dem Beschauer
so nahe bringt. Wir haben es mit einer Arbeit
aus der Spätzeit der Robbiakunst zu thun, da
man in jene Verallgemeinerung der Formen zu-
rückfällt, die hundert Jahre vorher Luca geholfen
hatte zu überwinden, und da man den Mangel
inneren Lebens durch Verstärkung der äufseren
Darstellungsmittel auszugleichen sucht. Und
doch ist es kein namenloser Künstler, aus dessen
Werkstatt der Altar hervorgegangen ist. Im Auf-
bau, in der Dekoration und im Anbringen von
Inschriften sowie in der Auffassung und der Be-
handlung des Figürlichen erscheint er gleich-
artig denjenigen Werken aus den zwanziger
Jahren des XVI. Jahrh., welche nach W. Bode's
grundlegenden Untersuchungen dem Giovanni
zuzuschreiben sind. Besonders nahe steht er
dem grofsen Altar mit der Anbetung des Kindes
im Museo Nazionale vom Jahre 1521 und dem
Tabernakel in der Via Nazionale in Florenz
vom Jahre 1522. Mit letzterer Arbeit stimmt
der Kölner Altar auch seinem Gegenstande nach
wie in der Komposition so genau überein, dafs
er nur als eine vereinfachte Wiederholung des
ein Jahr vorher ausgeführten figurenreicheren
Bildwerks anzusehen ist. Die Ausführung unseres
Reliefs ist weniger durchgebildet als diejenige
des Tabernakels und des Altars vom Jahre 1521.
Gleichwohl wird man schwerlich an eine Werk-
stattarbeit denken dürfen. Die Schriftzüge ver-
rathen wenigstens augenscheinlich dieselbe Hand,
von der die Inschriften an jenen beiden gröfseren
Arbeiten herrühren.

Hamburg. Friedrich Deneken.
 
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