Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

DOI Heft:
Heft 5
DOI Artikel:
Becker, Ludwig: Entwurf zur St. Martinskirche in Chicago
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0083

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
133

1893. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

134

Entwurf zur St. Martinskirche in Chicago.

Mit 9 Abbildungen.

ch darf wohl voraussetzen, dafs die
Veröffentlichung eines projektirten
Kirchen-Neubaus für Amerika den
Lesern dieser Zeitschrift nicht un-
willkommen sein wird, und so folge ich gerne
der Aufforderung des Herausgebers dieser Zeit-
schrift, meinen Entwurf für die neue St. Martins-
kirche hier vorzulegen.

Die Kirchen, wie sie heute in Amerika an
allen in kurzer Zeit entstandenen Orten gebaut
worden sind und noch
gebaut werden, und
die bestimmt sind,
möglichst schnell und
billig den Katholiken
des betreffenden Ortes
Gelegenheit zu geben,
ihren religiösen Ver-
pflichtungen in ent-
sprechender Weise
nachzukommen.bieten
allerdings wenig Inter-
essantes für die Leser
dieser Zeitschrift. Sie
bestehen in einfachen
Holzbauten, welche im
Innern verputzt und
in modernen Farben
ausgemalt sind; die-
selben wollen auch kei-
nen Anspruch machen

auf künstlerischen
Werth; sie gleichen

vielfach unseren besseren Nothkirchen und
erfüllen wie diese ihren Zweck vollkommen,
bis die Gemeinde soweit erstarkt ist, dass sie
an den Bau eines massiven Gotteshauses heran-
treten kann.

In den größeren Städten wurden nun allent-
halben an Stelle der früheren massive Kirchen-
bauten ausgeführt, welche sowohl in räumlicher
Hinsicht der inzwischen auch meist vergröfser-
ten Gemeinde entsprechen, sowie durch ihre
äufsere Erscheinung hervorragen sollen. Aber
offen gestanden, gefallen dem kunstsinnigen
Beschauer die einfachen Nothkirchen meist
besser, wie die massiven Bauten, welche be-
deutende Geldmittel zu ihrer Ausführung er-
forderten, jedoch in stilistischer Hinsicht selbst

bescheidenen Ansprüchen nicht zu genügen
pflegen.

Die gothischen und romanischen Kirchen
unserer Kreisbaumeister aus den 50 er Jahren,
leider auch noch einige aus der jüngsten Zeit,
sind jenen Machwerken auffallend ähnlich. Ver-
denken kann man es den amerikanischen Bau-
meistern nicht, dafs sie nichts Besseres zu
leisten vermögen, fehlen ihnen doch gänzlich
alte Vorbilder in ihrem Lande. Die heimischen
Publikationen bringen

keine stilgerechten
Muster und den we-
nigsten dortigen Archi-
tekten war es ver-
gönnt, in Deutschland
oder Frankreich die

mittelalterlichen
Denkmäler eingehend
zu studiren.

Nicht minder hem-
mend auf die künst-
lerische Ausbildung
ihrer Kirchen wirkt
der einseitige Trieb
zum Praktischen. Kir-
chen ohne irgend eine
Säule zur Stütze der
Decke sind die Ideale
nach amerikanischen
Begriffen. Die Grofs-
räumigkeit treibt dort
ihre stolzestenBlüthen,
und da die Amerikaner ihre Gewölbe in Holz
oder Eisen konstruiren und dann verputzen
oder gipsen, so vermögen sie bedeutend gröfsere
Räume zu überspannen, als wir mit unseren
massiven Steingewölben. Jedoch erbaulich und
einladend zum Gebet sind diese Kirchen nicht,
und der Deutsche, dem die herrlichen Dome
und Kapellen seines Heimathlandes unvergefs-
lich sind, empfindet diesen Mangel am aller-
meisten. Daher konnte es nicht ausbleiben, dafs
der Wunsch sich allmählich Geltung verschaffte,
auch in dem neuen Welttheile gleiche Kirchen
wie im Heimathlande zu besitzen.

Auf der deutschen Katholikenversammlung
zu Pittsburg hat Herr Redakteur Gönner diesem
Wunsche Ausdruck verliehen in einem Vor-

« #

..! -

» S

<* e

* je
.v *

* a»
3l ät
& *

* O

> a

■ .-.

a i

* *

■ s>».,f„4-

'S"*1

* V

Fig. 1. Situation
 
Annotationen