Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

DOI Heft:
Heft 1
DOI Artikel:
Schlie, Friedrich: Hölzerne Spruchteller oder Bricken aus Güstrow im Museum zu Schwerin
DOI Artikel:
Keppler, Paul Wilhelm von: Neuentdeckte vorromanische Wandmalereien
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0013

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 1.

Auf derselben Seite am Rande der Spruch:
SCgll iber latc gycfi bar an ücuogrjcn:
batlj jnrli tflo gnnrn fjanbcl luul fogcn:
lurnf) Ijc bar üaücu tfju Uclc ürtjljrrcu:
(50 liiDtfj ljr batlj grotc mntl) bcmc Blenneil
entücrcti.5)

(Ein jeder lasse sich an dem genügen,

was sich zu seinem Handel will fügen;

wird er darüber zu viel begehren,

so mufs er das Grofse mit dem Kleinen entbehren.)

Um das Jesusmonogramm des anderen Tellers
(Fig. 2) der Spruch:

g>a Ijolt men cnncfjcur. reclit:

Wen öc nie bt§ anbrcn üarbc brecht.4)

(So hält man Einigkeit recht,
wenn der eine des anderen Bürde trägt.)
Auf derselben Seite am Rande der Spruch:

Mj>ol bar bespottet mii mibe bc liinncn:

bc ga tljn jjii^ mibe ücf5C bc gnucii:

nnnbet l)c ft* ocn ane ürcrli:

f30 Raine ije fialbe fjer mibe gtraffc niycli.5)

(Wer da bespottet mich und die Meinen,
der geh' nach Haus' und beseh' die Seinen;
findet er sie dann ohne Gebrechen,
so komme er alsobald her und schelte mich.)

Auf der Gegenseite (Fig. 2a) um eine statt
des Christuszeichens die Mitte einnehmende
Kreuzblume der Spruch:

lfytc i§ arger luni üorgijfft tmbe fennn:6)
De bar üuentrj i£ mibe luni ftunrj) puii.')

(Der ist ärger denn Gift und Pest,

der da Feind ist und will Freund sein.)

<©e gunc frunbc jjroücn tun! mibe §äjn\:
bc urotic f$c in un&Qebal:
lucntljc frunbc brr lucrit in gratuet notfj:
ber gan luol Uerunbcttonntfjtndj ujj rnu latfj.8)

(Wer seine Freunde erproben will und soll,
Der erprobe sie im Unglück.
Denn Freunde der Welt in grofser Noth,
Derer gehn wohl vierundzwanzig auf ein Roth.)

3) Vergl. Seelmann »Niederdeutsches Reimbitch-
lein«, Norden und Leipzig 18S5, D. Soltau's Verlag,
,,Kiinstlike Werldtspröke" S. XIV:

Cin neber lote piefl an beul genoflen/
©at piat tJjo pmicm .§iobe tail üboen.
lücrt De übet t>trl> ttio beel f'caern/
&o motfj De bat orotD unb Blctn entbern.
und ebendaselbst ,,Eyn schön rimbökelin" S. 9:

Gin iber lote pim an 6cm bcnbn.cn/

©at PicVi ttio pinem Danbel tnil bonen.

liiert De barbaben tljo bell üeneren/

^o morD De bat rjrotc mit bem Dienen cutteren.

4) Vergl. Seelmann a. a. O. S. 52:

......Po bat üolcu pttn übet/

CDo Ijolben bc «SnicDcit mit rtcrjt;'
©at be eint bep- unteren 13brte brecDt.

5) Auf die falsche Lesung und gezwungene Deutung
der dritten Zeile bei Lisch brauchen wir nicht einzu-
gehen, da im Original alles klar vor Augen steht. Im
Uebrigen vergl. Seelmann a. a. O. S. 91:

10al mt bepcDimpet unb be imnen/
©c oDa tDo Duf3 nnb Ocp> be pinen.
IDinbt De benne bar nein ncüceli/
^o Dame De üalbe unt (treffe meefi.

6) fennn = venenum, Gift. Noch heute ist die Re-
densart gebräuchlich: bat 10 eentn fennngefjtn Vieri, d. h. der
Kerl hat ein giftiges Wesen, der taugt nicht, vor dem
hüte man sich. Vgl. Seelmann a. a. O. S. 87:

©at bu pprclig"t/ ip" arger ben fennin.
') Vergl. Seelmann a. a. O. S. G5:

IDo marfl bo:D tem tDo p'inne gin/
©c bienbt i£ unb nocD tnil frünbt pin?
und S. 72:

Be i^ aroer olpe Dorrjiffr unb fennln/
©e Pienbt ip unb teil nocD frünbt pin-

8) Vergl. Seelmann a. a. O. S. 85:
©e pine friinbe proben null unb pcjal/
©e probe p> in ungebal/
uDente im tfelüdie ip menniefj {cünöt/
©e in ber nobt nicD cn rjüntD.
IDente frünbe in tec nobt/
©er. rjan tnol CtointicB up ein Xobt/
Unb be tmn beim ment bc üepren pin/
©er rjoen rooll Döffnrft up ein 43urfttin.

Aehnlich S. 48, wo es wie auf dem Bricken heifst:
i-rünbe ber tnerlt in oroter nobt
«5an beer unb ttointirß up ein tf.obt
Unb be be beeren bullen QeFjeten pin/
©er nan tnol (CtointicD up ein Qucntin.

Der gleiche Gedanke wieder ähnlich ausgedrückt
S. G3, wo von den besten „tnol teine up ein mientin" ge-
rechnet werden.

Schwerin. Friedrich Schlie.

Neuentdeckte vorroman

i wenigen Sätzen und unter Ver-
weisung auf ausführliche Artikel in
meinem »Archiv für christl. Kunst«
(1893, Nr. 1 u. 2) erlaube ich mir,
das Interesse der Leser hinzulenken auf einen
neuen Fund, welcher für die Geschichte der
kirchlichen Wandmalerei von grofser Bedeutung
ist. Diese wies bisher eine breite, klaffende Lücke
auf zwischen den Gemälden der St. Georgskirche
in Oberzell auf Reichenau einerseits,1) welche

ische Wandmalereien.

um die Wende des IX. und X. Jahrh. entstanden,
und den über ein und ein halb Jahrhundert später
anzusetzenden Wandmalereien der Unterkirche
zu Schwarzrheindorf bei Bonn und den Decken-
bildern im Kapitelsaal der Abtei Brauweiler bei
Köln andererseits. Nunmehr sind wir in der
glücklichen Lage, in diese Lücke ein bedeuten-
des Mittel- und Verbindungsglied einfugen zu

!) F. X. Kraus »Die Wandgemälde der St. Georgs-
kirche in Oberzell auf der Reichenau«, Freiburg 1884.
 
Annotationen