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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 11
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Tafel IX
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Bücherschau
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349

1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 1 i.

350

Bücherschau.

Deutsche und italienische Kunstcharaktere
von Dr. Berthold Rieh], Professor an der Uni-
versität München. Mit 16 Abbildungen. Frankfurt
1893. Verlag von Heinrich Keller.
Ein überaus lehrreiches und interessantes Buch, |
welches in neun einzelnen Charakteristiken die deutsche
und italienische Kunst schildert, ihre Verschiedenheiten
wie ihre gegenseitigen Beeinflussungen. Grundlegend
behandelt die grosse und wichtige Frage der erste
Aufsatz, welcher aus der Eigenart von Land und Volk
das beiderseitige Kunstschaffen in ungemein zutreffen-
der Weise begründet. Auf dieser Basis erscheinen die
folgenden Aufsätze als die speziellen Ausführungen des
allgemeinen Themas, als forllaufende Erläuterung des-
selben durch die Kunstgeschichte des Mittelalters und I
der Renaissance. Die heutigen Städtebilder von Regens- |
bürg und Verona werden als drastische Illustrationen |
des mittelalterlichen Kunstlebens in Deutschland und
Italien vorgeführt, zugleich als frappante Beispiele, wie
innere und äufsere, nothwendige und zufällige Um-
stände die örtliche Gestaltung beeinflufst haben. In
die Form von Biographien kleiden sich die weiteren
Aufsätze, welche sich also mit einzelnen hervorragen-
den Künstlern beschäftigen, insofern in ihnen mit den
nationalen Eigenschaften die persönlichen sich ver-
banden und den für die Kunstentwickelung so be-
zeichnenden Typus schufen. Die beiden florentinischen
Mönche Fiesole und Fra Bartolommeo erscheinen als
die Vertreter der klassisch inspirirten aber empfindungs-
vollen Frührenaissance, Dürer als der ganz aus der
Gemüthstiefe des deutschen Volkes herausgewachsene
und trotz aller Berührungen mit Italien an ihr fest-
haltende Meister, der gegenüber die koloristische Gröfse
Bellini's und die Wucht Michelangelo's um so mehr
den italienischen Himmel und den italienischen Geist
reflektiren. Wiebezeichnend ist der Unterschied zwischen
ihnen und den nordischen Bauernmalern, die hier unter
der Führung von Teniers und Brouwer das nieder-
ländische Volksleben so packend darzustellen vermocht
haben. Die mächtige Erscheinung von Rubens be-
zeichnet die Selbstständigkeit der nordischen Kunst
gegenüber der italienischen und bringt die Serie der
ebenso tief erfafsten wie geistvoll durchgeführten Ver-
gleiche zum Abschlüsse.

Erst in der neuesten Zeit findet die deutsche Kunst-
geschichte die Beachtung, welche sie verdient. Allzu-
lange ist sie der italienischen gegenüber, zumal auf
dem Gebiete der Malerei, in den Hintergrund getreten.
Und wenn Künstler und Kunstforscher dazu mitwirkten,
um wie viel weniger werden die Touristen dieser Ver-
suchung zu widerstehen vermocht haben, die draufsen
so Manches zu beachten pflegen, was sie daheim über-
sehen! Die deutschen Kunstschöpfungen sind durch-
weg inhaltreicher, als die italienischen und erfordern
daher mehr Hinuntersteigen in die Tiefe, hier aber
erwecken sie auch um so gröfseres Interesse. Das
gilt von der profanen, in noch höherem Mafse von
der kirchlichen Kunst, und wie Allen, so sei das vor-
liegende Buch namentlich denjenigen empfohlen, welche
mit kirchlicher Kunstgeschichte, auch mit der Aus-

stattung unserer mittelalterlichen Kirchen sich beschäf-
tigen. Hier lassen die liturgischen Bestimmungen und
römischen Gewohnheiten, insoweit sie Beachtung ^be-
anspruchen, noch Spielraum genug, um an den deutschen
Traditionen festzuhalten, die nicht zufällig entstanden,
sondern aus der berechtigten Eigenart deutschen Wesens,
deutschen Geistes und Gemüthes hervorgegangen sind.

S.
Meisterwerke vonMartin Sc hon gauer. 24 Blätter
mit 31 Kupferstichen, getreu nach den Originalen
gestochen von Aloys Petrak, mit erläuterndem Texte
von Ludwig R. von Kurz zu Thurn und Golden-
stein. II. umgearbeitete Auflage. Regensburg 1893.
Verlag vormals G. J. Manz.
In einem neuen prächtigen Gewände erscheinen
diese, schon 1857 von Manz veranlafsten und verlegten
Reproduktionen der hervorragendsten Schongauer'schen
Kupferstiche. Dieselben vermögen sich neben den in-
zwischen erschienenen Vervielfältigungen wohl zu be-
haupten und die gut gezeichnete, in Farbendruck un-
gemein splendid ausgeführte Mappe sowie die mit Be-
geisterung und Sachkenntnifs geschriebene Einleitung,
welche aufser einem Ueberblick über die spätmittel-
alterliche religiöse Malerei in Deutschland und einer
eingehenden Charakteristik Schongauer's (unter be-
sonderer Bezugnahme auf die Schrift v. Wurzbach's)
eine genaue Beschreibung sämmtlicher hier vorgeführten
Stiche enthält, verleihen der vorliegenden Veröffent-
lichung noch einen besonderen, als Festgeschenk in
hohem Mafse sie empfehlenden Werth. A.

Albrecht Dürer. Sein Leben, Wirken und Glauben,
kurz dargestellt von Anton Weber. Mit 11 Abbild.
Regensburg 1894, Verlag von Friedr. Pustet. (1 Mk.)
Aus einem Vortrage herausgewachsen, bietet dieses
110 Seiten umfassende recht frisch und anregend ge-
schriebene Büchlein einen Ueberblick über Dürers
Lebenslauf und künstlerische Thätigkeit, deren Haupt-
erzeugnisse unter Beigabe guter Textabbildungen näher
beschrieben werden, mit Einschlufs des erst vor Kurzem
in das Berliner Museum übergegangenen, bis dahin
unbekannten Marienbildes. Etwas knapp ist die
„Charakteristik Dürer's" gehalten, desto umfänglicher
„Dürer's Glaubensbekenntnifs", welches gründ-
liche und überzeugende Beweisführung als im Wesent-
lichen unberührt erscheinen läfst von der neuen Lehre.
Neben der längst in II. Auflage vorliegenden vortreff-
lichen Arbeit Kaufmann's ist dieses neue Lebensbild
sehr geeignet für den gröfsten deutschen Maler, den
letzten grofsen Vertreter der mittelalterlichen Auffassung,
dem deutschen Volke immer mehr das Verständnifs und
die Werthschätzung zu vermitteln, die er verdient. S.

Liber Regum. Nach dem in der k. k. Universitäts-
Bibliothek zu Innsbruck befindlichen Exemplare zum
ersten Male herausgegeben, mit einer historisch-
kritischen und bibliographischen Einleitung und Er-
läuterung. Von Dr. Rudolf Hochegger, Prof.
an der Universität zu Czernowitz. Leipzig 1892.
Verlag von Otto Harrassowitz.
 
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