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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 8
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Beissel, Stephan: Die mittelalterlichen Mosaiken von S. Marco zu Venedig, [1]
DOI Artikel:
Schnütgen, Alexander: Französisches Elfenbein-Medaillon des XV. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0142

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247

1893.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

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sehr altitalienisch als byzantinisch. Noch zwischen
der V. und VI. Kuppel ist die Tracht des hl.
Nikolaus mehr griechisch als lateinisch, dagegen
jene der heiligen Blasius, Petrus und Dominikus
ganz lateinisch.

Im Scheitel des Gurtbogens vor der III.
Kuppel sieht man die Justitia, vor der IV. die
Charitas, vor der V. die Spes, vor der VI. die
Regina austri (Matth. 12, 42) wohl als Vertreterin
des Glaubens, alle in Brustbildern, die erstem
mit nackten Armen. Auf einem Bogen über
dem bei der III. Kuppel befindlichen Portal
trinken zwei Vögel aus einem Bassin, zwei andere
sitzen auf Bäumen. Ihre Inschrift säst:

+ Intrent securi, vtniam quia sunt habituri;
+ Omnes confessi, qui non sunt crimine pressi.

Bei dem Bilde des hl. Christophorus steht:

Christophori saticti speciem quicunquc tuetur,
Illo namque die nullo languore ienetur.

Am Ende der ersten Abtheilung sagt eine
Inschrift hinter der II. Kuppel mit Abrahams
Geschichte:

+ Signat Abram Kristum, qui gentis spretus Hebree,
+ Transit ad Gentes et siii luncxit {junxitj eas.
Solche Sprüche und Heiligenbilder bestätigen
den abendländischen Grundcharakter der Bilder-
reihe, ohne jedoch starke byzantinische Beein-
flussung auszuschliefsen. (Forts, folgt.)
Exaeten. Steph. Beisse], S. J.

Französisches Elfenbein-Medaillon des XV. Jahrhunderts.

Mit Abbildung.

ieses aus der Sammlung Spitzer (Ver-
steigerungskatalog Nr. 137) herrüh-
rende Medaillon hat einen Durch-
messer von 8,5 cm, eine Tiefe von
1,2 cm. Es stellt die
vom hl. Johannes ge-
haltene hl. Jungfrau
und zwei dieselbe
verehrende Engel dar.
Die Darstellung der
vom Liebesjünger un-
ter dem Kreuze ge-
haltenen Gottes- und
Menschenmutter war
namentlich im XV.
Jahrh. sehr beliebt,
zumal auf Kasein, auf
deren Rücken sie dem
schmalen Stabe leicht
sich eingliederte, da-
her auch für ihn die
auf die Vervielfälti-
gung berechnete ge-
webte „kölnische Borte" mit Vorliebe verwendet
wurde. Vom Kreuze getrennt kommt die Dar-
stellung selten vor, sehr selten, wie im vorlie-
genden Falle, in der Fassung des Medaillons.
Dieses zeigt hier in ziemlich starker Reliefirung
die durch reiche, tief behandelte Gewandung
und guten Ausdruck sich auszeichnenden Brust-
bilder, die mit den beiden sie flankirenden
Engeln in den gegebenen Raum vortrefflich

hineinkomponirt sind. Die beiden tief empfun-
denen Köpfe beherrschen dies anmuthige Grüpp-
chen und zu denselben schauen voll Inbrunst
die Engel auf, deren sorgfältigst ausgearbeitete

Flügel zur Belebung
des schraffirten Grun-
des und zur Aus-
füllung der Zwickel
geschickt verwendet
sind. Die ausserge-
wöhnlich stark ge-
kräuselten Haare des
hier mit schwachem
Barte dargestellten hl.
Johannes, wie der
Engel erhöhen den
poetischen Eindruck
und der tiefe Falten-
schnitt verstärkt die
Reliefwirkung. An
dem französischen Ur-
sprung des Medaillons
ist nicht zu zweifeln
und als Ursprungszeit der Beginn des XV. Jahrh.
anzunehmen. Die Frage nach seiner Bestimmung
wird wohl dahin zu beantworten sein, dafs es
der Privatdevotion dienen sollte, sei es in der
Tasche, sei es am Gürtel getragen. In sich voll-
ständig abgeschlossen ist es weder auf einen
Deckel, noch auf eine Kapsel eingerichtet, wie
die zuweilen auch mit religiösen Darstellungen
ausgestatteten Elfenbeinspiegel. Schntttgen.
 
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