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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 4
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Hase, C. W.: Die neuentdeckten spätromanischen Wandmalereien in Schmalkalden aus dem Leben der hl. Elisabeth
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0076

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1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

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Die neuentdeckten spätromanischen Wandmalereien in Schmalkalden,
aus dem Leben der hl. Elisabeth.

urch Herrn Landrath Hagen in
Schmalkalden in kirchenbaulichen
Angelegenheiten dorthin berufen,
traf der Unterzeichnete am 24. Mai
d. J. dort ein, gastlich im Hause des Herrn
Landraths empfangen. Am Abende desselben
Tages kam das Gespräch auf eine in der In-
ventarisirung der Denkmäler Kurhessens von
V. Dehn-Rothfelser und Lotz gegebene kurze
Notiz, nach welcher am Schlüsse der Abhand-
lungen über Schmalkaldens Denkmäler gesagt
wird, dafs in einem Keller des Hessenhofes
am Tonnengewölbe sich Reste roher figür-
licher Malerei befinden. Diese Nachricht
ist aus Lotz »Kunst-Topographie Deutsch-
lands« entnommen, in welcher hinter dieser
Notiz steht: Hess.Zeitschrift, IV. 244; H. (Nach
eingezogenen Erkundigungen heifst der Mit-
theiler H. = Hcfs, Gymnasiallehrer in Schleu-
singen f 18G9.)

Diese Mittheilung ward die Veranlassung
zu einer sehr bedeutsamen Entdeckung. Der
Hessenhof, altes landgräfl. hess. Besitzthum
(später modernisirt), ist jetzt die Dienstwohnung
des Landrathes mit dessen amtlichen Dienst-
räumen — und in seinem Keller waren also
diese angeblichen Reste von Malereien, deren
nähere Untersuchung dem Landrathe längst
auf dem Herzen brannte; er hatte sie indefs
auf meine Ueberkunft aufgespart, und um sie
zu einem Schmalkaldener Ereignifs zu machen,
war der ganze Kirchenvorstand für den kom-
menden Tag dazu eingeladen, unter dessen
Mitgliedern der Apotheker, Herr Mathias, Vor-
sitzender des „Vereins für hennebergische Ge-
schichte", die Geschichte der Stadt Schmal-
kalden bis in die kleinsten Einzelheiten genau
kannte. Schon vor der Besichtigung des Kellers
wurde von Herrn Mathias aus der »Historia
Schmalcaldica« v. Joh. Conr. Geisthirt. 1886.
V. Buch Seite 2 verlesen, wie folgt:

1227. „Als sich eine gemeine Heerfahrt nach dem
hl. Grabe im gelobten Lande erhob, folgte dem
dahin ziehenden Kaiser Friderico II Landgraff als
über die Völker dieses Zuges bestellter Oberster.
Seine Brüder — Landgraf Heinrich, Landgraf
Konrad und die hl. Elisabeth, Ludewigs Gemahlin,
begleiteten ihn bis gen Schmalkalden. Hier ver-
mahnete nun der Landgraf erst seine Brüder, das
Schlofs Bitlersburg, dem Kloster Reinhardsbronn

zuwider gebaut, zu ruiniren. Hernach gesegnete
er alle Anwesende, rekommandirle seinem Bruder
die h. Elisabeth und deren Kinder, seine Mutler
nahm er an den Arm, konnte aber derselben vor
Betrübuifs kaum zusprechen, wandte sich also zu
seiner Gemahlin Elisabeth, sagend: liebe Schwester,
das Bildnifs in Stein gegraben, seil.: in diesem
- Ringe, den ich Dir jetzl schenke, isl Gottes Lamm,
das soll Dir ein Wahrzeichen sein, Deines Trostes,
was ich Dir entbiete, es sei meines Lebens oder
meines Todes. Nun Gott gesegne Dich, meine
allerliebste Schwester und Gott gesegne Dir die
Frucht in Deinem Leibe, die Du tiägst." (Rein-
hardsbr. Chron.)

Aus anderweitigen Nachrichten theilte Herr
Mathias noch mit, dafs nach diesem Abschiede
Mutter, Brüder und Kinder nach der Wartburg
zurückkehrten, während die hl. Elisabeth ihren
Gemahl noch eine kurze Strecke begleitete.
In Anlafs des Abschiedes in Schmalkalden aber
liefs sie zum Andenken an das Ereignifs eine
Kapelle in Schmalkalden erbauen.

Von dem Bestehen dieser Kapelle und ihrer
Belegenheit ist in Schmalkalden keinerlei Kennt-
nis geblieben; vergebens hat man seit langer
Zeit nach Resten einer solchen Kapelle gesucht.
Nach diesen Mittheilungen des Herrn
Mathias begab sich die ganze Gesellschaft in
den Keller, dessen erste Abtheilung ein läng-
licher Raum von etwa 31/2 und G m Gröfse
ist, von welchem der Fufsboden etwa um 1 in
unter dem Pflaster des grofsen Platzes liegt,
an welchem der Hessenhof ein Eckhaus an
einer ziemlich schmalen Strafse bildet, während
die ganze Höhe dieses, mit einem Tonnen-
gewölbe überspannten Raumes etwa 2 '/o '" be-
tragen mag. Dieser Raum, bisher Kohlenkeller,
machte einen so unbehaglichen Eindruck, dafs
die Gesellschaft sogleich in die angrenzenden
Kellerräume eilte, in welchem schöne, aus Sand-
steinquadern aufgeführte Pfeiler wohl eher
Malereien erwarten liefsen. Nach genauer Be-
trachtung der Wände und Gewölbe hatten auf
denselben niemals Malereien gehaftet, und man
kehrte zu dem vorderen Keller zurück, in wel-
chem nun bei Beleuchtung der Gewölbe mit
einigen Leuchtern sich sofort und in grofser
Ausdehnung kräftige Konturen verschiedener
Darstellungen fanden. Gleich die erste Dar-
stellung rief eine grofse Begeisterung hervor,
da man eine schlanke Frau, an der Brust eines
 
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