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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 10
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Stummel, Friedrich: Teppichartige Wirkung, [2]
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Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0174

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311

1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

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aber in einem durchaus trocknen und nicht
dumpfigen Räume aufbewahren. In einen besseren
Teppich Ecken hineinzunähen ist nicht angängig,
beim Orientteppich auch unmöglich.

Für den festlichen Schmuck des Chorraumes
wäre es am Besten, aus türkisch-rothem Filz
oder sonstigem Läuferstoff die Altarstufen zu
bekleiden und hierin den Stufen enganliegende
Ecken einzunähen. Darüber lege man in der
Breite der oberen Altarstufe, diese ganz be-
deckend, einen Orientteppich in fester Velours-
technik über sämmtliche Stufen herab, bei 4 m
oberer Stufenbreite etwa 5 m lang. Mit kleineren
Teppichen kann man dann die Seiten des Altars
und die übrigen Theile des Chores auslegen.
Vor den Sedilien würde ein solcher hingehören
und die einfach rothe Unterlage könnte zwischen
all' den einzelnen Stücken als farbige Verbindung
sichtbar werden. Beim bischöflichen Throne
wäre ähnlich zu verfahren und zu dem gröfseren
Teppiche könnte hier auf der oberen Stufe ein
kleiner von besonderer Schönheit angebracht
werden. Wer nicht soviel anschaffen kann, be-
ginne mit Wenigem. Die Dauerhaftigkeit des
Orientteppichs aus Wolle, Kameel- oder Ziegen-
haar auf das Dichteste solid verknüpft, garan-
tirt, dafs Generationen Freude von einer solchen
Anschaffung haben, und der verschiedenste Ge-
schmack der Jahrhunderte hat nie ganz auf den
Orientteppich verzichten wollen. Kein vor-

nehmes Haus in Athen und noch weniger in
Rom mochte diesen Schmuck entbehren, selbst
im Tempel zu Olympia war ein grofser ba-
bylonischer Teppich aufgespannt, um das von
oben einfallende Licht zu dämpfen. Die Malereien
des Mittelalters geben uns Zeugnifs von seiner
vielfachen Verwendung und auf die Ausbildung
und Farbengebung dieser Kunst ist der Orient-
teppich von durchschlagender Bedeutung ge-
wesen. Gegen den Naturalismus von heute ist
er das beste Präservativ, und das Lehrmittel, um
zu einem vollkommnen Verständnisse des Flach-
musters zu gelangen. Seine ganze Erscheinung
ist so stilvoll, dafs er in romanischen wie
gothischen Kirchen ganz unbedenklich gebraucht
werden kann. Moderne sogen, kirchliche Muster
der Teppichweberei strotzen von so vielen Ge-
schmacklosigkeiten, dafs bei einem Vergleiche es
Jedem klar werden wird: „Wir müssen lernen,
wir müssen sehr viel vom Orientteppich lernen".
Wie weit seine Formen als Flachmuster sich mit
den reich verzierten Estrichen in Uebereinstim-
mung befinden und wie weit die Farbengebung in
Bezug auf ein harmonisches Zusammenwirken von
Wand und Fufsboden Anforderungen an das
Wiederholen derselben Farben in beiden stellt, in
welcher Wiederholung die eigentliche teppich-
artige Wirkung gröfstentheils beruht, sei in der
Fortsetzung an alten Fufsboden nachgewiesen.
(Forts, folgt.) Stummel.

Nachrichten.

Heinrich Wiethase f. Am 7. Dezember starb
zu Köln, kaum 60 Jahre alt, der Architekt Wiethase,
schon Jahre leidend und doch mitten aus vielseitiger
ruheloser Thätigkeit abberufen. — Landsmann und
Schüler Ungewitter's trat er bei Statz als Steinmetz ein
und seitdem war er mit Köln auf's Innigste verbunden
als Gehülfe Raschdorff's, dann Schmidt's und nach
dessen Weggang als Ausführer seiner noch unerledigten
Aufträge wie als selbstständiger Baumeister. Als
solcher hat er nie die Eindrücke und Neigungen seiner
Jugend verleugnet, die ihn auf die mittelalterliche
Kunst hinwiesen, vor Allem auf die Gothik. Zahl-
reiche, zum Theil sehr bedeutende Kirchen hat er
besonders am Niederrhein und in Westfalen gebaut
und auf die Erfordernisse des katholischen Kirchen-
baues verstand er sich fast noch besser, als auf die-
jenigen der Kirchen seines eigenen Bekenntnisses. An
die Werke der Vergangenheit, zumal der rheinischen,
knüpfte er am liebsten seine Projekte an und viel-
fache Kirchenrestaurationen bezw. Erweiterungen, die
man ihm vorzugsweise übertrug, befestigten ihn immer

mehr in den alten Formen, in denen er sich mit
ebenso grofser Sicherheit als Freiheit bewegte. Aber
auch viele grofse Profanbauten hat er geschaffen:
Rathhäuser, Hospitäler, Schlösser, Wohnhäuser, und
wie die Inspiration an den mittelalterlichen Vorbildern,
so zeichnete auch sie die Eigenart seines Geistes aus,
der keine Wiederholungen liebte. Seine überaus mannig-
faltigen Aufträge nöthigten ihn beständig zu Reisen,
die seinen persönlichen, höchst anregenden Einllufs
weithin trugen, sowie zur Einrichtung eines grofsen
Bureaus, in dem er eine sehr reiche und erspriefs-
liche Lehrtätigkeit entfaltete. Den Ausstattungskünsten
widmete er sich mit Vorliebe und in ausgedehntem
Maafse. Obwohl er mehr als die meisten seiner Fach-
genossen sie beherrschte, so gelangen ihm doch nicht
alle bezüglichen Entwürfe. Auch durch Vorträge und
Aufsätze (einige in dieser Zeitschrift) wirkte er unaus-
gesetzt für seine Grundsätze, und seine gewandte,
humorvolle, nicht selten sarkastische Redeweise, ver-
schaffte denselben leicht Eingang, obgleich sie öfters
gegen den Strom gerichtet waren. R. I. P. S.
 
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