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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 9
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Beissel, Stephan: Die mittelalterlichen Mosaiken von S. Marco zu Venedig, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0152

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267

1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

268

Die mittelalterlichen Mosaiken von S. Marco zu Venedig.

Mit Abbildung.

III. Die Mosaiken der Taufkapelle.

Kapelle des hl. Johannes neben
dem südlichen Langschiff entspricht
dem nördlichen Theile der Vor-
halle. Dafs sie nicht, wie hie und
da gesagt wird, ehedem einen südlichen Arm
der Vorhalle bildete, erhellt aus dem Grundrifs.
Von ihren drei Abtheilungen enden die beiden
ersten in Kuppeln, die dritte ist durch ein
schmales Tonnengewölbe geschlossen. Die Kup-
pel II in der mittlem Abtheilung erhielt, weil
sie sich über dem Taufbrunnen befindet, in der
Mitte die Figur des Heilandes, welcher die Hand
zum lateinischen Redegestus erhebt und laut
der Inschrift (Marc. 16, 15 sq.) seinen Aposteln
den Auftrag gibt, in die ganze Welt zu ziehen,
um alle Menschen zu belehren und zu taufen.
Im Umkreis erblickt man zwölf Gruppen, ge-
bildet durch je einen der Apostel, vor welchem
ein Mann bis zur Brust in einen Taufbrunnen
eingesenkt ist, und einen Pathen, hinter dem
sich eine Stadt erhebt. Jeder Pathe hat eine
seinem Lande entsprechende Tracht. So heifst
es beispielsweise: Sanctus Petrus baptizat in
Roma. Darum ist der Pathe als römischer Soldat
gekleidet, in goldenem Panzer und Helm, aber
ohne Beinkleider; und die hinter ihm aufsteigende
Stadt sinnbildet Rom. Die I. Kuppel enthält
in der Mitte wiederum den Heiland und um
ihn in zwei Kreisen die neun Chöre der Engel.
Ihre Zwickel zeigen die Bilder der lateinischen
Kirchenväter, während die Zwickel der II. Kuppel
jene der griechischen tragen. Erstere haben
lateinische, letztere griechische Kleidung. Papst
Gregor hat nur eine Krone an seiner Kopf-
bedeckung, Hieronymus Kardinalskleidung. Die
Musterung der Kleider der griechischen Väter
ist Spalte 239 f. Figur 3 bei n. 6 gegeben.

Da ,,die gewöhnliche Annahme ist, Papst
Bonifaz VIII. (1294 — 1303) habe (der Tiara) die
zweite Krone zum Zeichen der geistlichen und
weltlichen Herrschaft und Papst Urban V. (1362
bis 1370) die dritte Krone aus symbolischen
Gründen hinzugefügt," (»Kirchenlexikon« XI, 1;
vergl. Hefele »Beiträge zur Kirchengeschichte«
II, 236 f.; und weil das Mittelalter die zur Zeit
der Entstehung seiner Werke übliche Tracht auch
längst verstorbenen Personen gab, würde man
leicht dazu kommen, dies Mosaik vor 1294 zu

datiren. De Rossi beweist jedoch in seinem
grofsen Werke über die römischen Mosaiken,
dafs noch Johann XXII. in dem nach 1321
entstandenen Mosaik der Facade von St. Paul
nur eine Krone trug und dafs noch unter In-
nozens VI. (j 1362) die Tiara mit nur einer
Krone die officielle war.

Ein grofses Bild des Gekreuzigten nimmt
die östliche Wand unter der I. Kuppel ein. Aus
der Brust des nur mit drei Nägeln angehefteten
Herrn fliefst ein oben weifs, unten roth gefärbter
Strahl. Das Blut seiner Füfse rinnt auf den
Schädel Adams, zur Rechten stehen Maria und
Marcus, zur Linken die beiden Johannes. Unter
dem Kreuze kniet ein Doge, nach Pasini Dan-
dolo f 1354), in den Ecken je ein in Purpur
gekleideter Senator von Venedig.

Aus dem Tonnengewölbe der dritten, schma-
len Abtheilung schaut ein grofses hageres und
bärtiges Brustbild Christi. Es gleicht dem in
der Kuppel von Johann im Lateran zu Rom,
ist aber greisenhafter und starrer gebildet. Um-
geben wird es von acht Propheten, zu denen
sich vier andere in den Lunetten gesellen, um
die symbolische Zwölfzahl voll zu machen. Die
untern Flächen jenes Gewölbes zeigen in vier
Szenen die drei Könige vor Herodes und vor
Maria, die Flucht und den Kinderniord.

Die geraden Wände aller drei Abtheilungen
sind der Geschichte des Vorläufers gewidmet.
Ihre zwölf Szenen beginnen bei der südlichen
Wand unter der I. Kuppel neben dem erwähnten
Kreuzigungsbilde, sind fortgesetzt durch die drei
Räume und enden auf der nördlichen Wand
unter derselben Kuppel: 1. die Erscheinung des
Engels vor Zacharias sowie die Umarmung des
Zacharias und der Elisabeth; 2. die Geburt des
Johannes; 3. ein Engel führt den kleinen Johannes
in die Wüste; 4. der Engel reicht ihm ein Bufs-
kleid; Hie angelus represenlat vestem b'iato
Johanni; 5. die Predigt des Vorläufers; 6. die
Taufe Christi; 7. Johannes Zeugnifs über Christus
Joh. 1. 25 f.; 8. das Mahl Herodes; 9. die Ent-
hauptung des Täufers, dieUebergabe des Hauptes
an die thronende Herodias und das Begräbnifs
(Fig. 5 Spalte 269).

Die Bilder 2 und 3 sind neu, 5 ist stark
restaurirt, die drei letzten Szenen des 9. Bildes
sind ganz byzantinisch. Gemäfs der Anweisung


 
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