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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 9
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Effmann, Wilhelm: Die alten Theile der Pfarrkirche zu Oberdollendorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0151

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265

1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

266

ist nämlich im Jahre 1879 durch den Glocken-
giefser Clären zu Sieglar umgegossen worden.
Sie trug die auf der neuen Glocke wiederholte

Maafsen keine Erwähnung gefunden ■— ist die
viertgröfste, d. h. die kleinste der vorhandenen
Glocken, die sogenannte Mefsglocke. Dieselbe

Inschrift: Maria end Cent Laurenlius hassen \ trägt keine Inschrift, andere Momente bieten

JL





Mi-.

.

icJi, dunre unde ungeweder verdrievve ich.
Christianus Duslerwald goismich anno domini
MCCCCXXV.

Die zweitgröfste Glocke — sie hat bei einer
Höhe von 0,93 m einen Durchmesser von 1,16 m
— ist dagegen noch die ursprüngliche. Ihre
in gothischen Minuskeln gehaltene, am oberen
Rande angebrachte Inschrift hat folgenden Wort-
laut: Anna heissen ich. e/i de eir der heiige dri-
veldichkeit luden ich. all litis veder verdriffen ich.
juhan van anderflach gois mich MCCCCXIIII.
Ueber dem Schriftbande ist ein Kamm von
kleinen Lilien, unten am Schlagringe ein Orna-
ment von aneinander gereihten Vierpässen an-
geordnet (Ab-
bild. Fig. 8). Zu
letzterer Ver-
zierung kenne
ich nur noch
ein Analogon
an einer der

Stunden-
glocken in der
katholischen
Pfarrkirche zu
Werden a. d.
Ruhr, woselbst
dieselbe aber
nicht am unteren, sondern am oberen Rande
angebracht ist. Ein weiterer Schmucfc ist der
Glocke dann noch in einer Reihe von Münz-
abdrücken, namentlich aber in einem Bildnisse
des hl. Laurentius, des Kirchenpatrons gegeben
worden, der unmittelbar unter dem Schriftbande,
den Rost in der Rechten haltend in schwachem
Relief dargestellt ist. — Auch die drittgröfste
Glocke ist im Jahre 1879 dem Schicksal des
Umgiefsens verfallen. Ihre angeblich auf der
neuen Glocke dem alten Wortlaute nach wieder-
holte Inschrift heifst: LaUrentlo Martlrl
palrono sUo VaLLIs sUperlor refUDIT et
obtULIt In aUgUsto. Le Gros me fecit anno
IJ54-. Das Chronogramm, wie es jetzt dasteht,
ergibt dagegen die Jahreszahl 1748. — Die
älteste der vorhandenen Glocken — sie hat bei

I h'yC.;;

Fig. 9 u. 10. Kreuzverzicrungen der kleinsten Glocke.

aber hinreichende und sichere Kennzeichen für
ihr hohes Alter. Hierher gehört, zunächst ihre
ungewöhnliche Form, ihre Höhe wie ihr unterer
Durchmesser haben nämlich das gleiche, 0,395 in
betragende Maafs; dann aber zwei Kreuze,
welche unten auf der Glocke angebracht sind.
Sie gehören zu den eisten bescheidenen Ver-
suchen jener Methode der Glockenverzierung,
die darin bestand, dafs man die Linien in den
Mantel einritzte, dieselben also auf der Glocken-
oberfläche erhaben hervortraten.7) Von den
beiden unter Fig. 9 und 10 in der Abbildung
dargestellten Kreuzen ist das eine noch mit
einem der D-Form folgenden Zuge umrahmt.

Das Vorkom-
men solcher

eingeritzter
Zierrathe läfst
sich bis in'sXll.
Jahrh. herein
verfolgen: eine
Zeit, der im
Hinblick auf
ihren primi-
tivenCharakter
auch die
Dollendorfer
Glocke zuge-
theilt werden mufs.8) In ihr besitzt die Kirche
somit ein Ausstattungsstück, das mit ihrer Er-
bauung zeitlich zusammenfällt.

Freiburg, Schw. W. Effmann.

.

'

~) Vgl. Schön er mark »Die Altersbestimmung
der Glockenc, Berlin lh89, S. 9 und Effmann „Zur
Glockenkunde", »Zeitschr. f. Christ], Kunst«, IV, 1891,
Sp. 63.

8) Eine Glocke mit ähnlicher Verzierung und von
gleich hohem Alter befindet sich zu Uthleben, Kreis
Sangerhausen. (Besprochenund abgebildetbeiSchöHer-
rn ark a. a. O. S. 9 und Taf. III Abb. 5—7.) Auch
unter den Glocken der kath. Kirche zu Kettwig, die
in der Beschreibung der »Kunsldenkinäler des Kreises
Essen« übrigens unerwähnt gelassen sind, findet sich
eine solche Glocke. Wie aus der Beschreibung der
»Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Lüdinghausen«
(Ludorff, Münster i. W., 1893, S. 19) hervorgeht, sind
auch in Bockum Glocken von anscheinend gleicher Arl.
 
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