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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 3
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Schnütgen, Alexander: Der neue Kreuzweg im Dom zu Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0061

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93

1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

Seitenschiffe sich besonders eignen. Die Mafs-
verhältnisse der Nischen, welche 118 cm lichte
Höhe, 72 cm Breite, 53 cm Tiefe und eine (wie
die hier beigefügte Abbildung zeigt) sehr kräf-
tige Umrahmung von 31 cm haben, gestatten
hinreichend grofse Darstellungen, verlangen aber,
schon der schweren Einfassungen wegen, plas-
tische Gruppen und zwar Hochreliefs, die na-
türlich nur in Stein ausgeführt werden dürfen und
in hochgothischen Stilformen, wie sie auch dem
Bauwerk an diesen Stellen eigenthümlich sind.
Wenn die Einspannung von Goldmosaiktafeln
angeregt ist, so beruht dieser Vorschlag (ganz ab-
gesehen davon, dafs das deutsche Mittelalter sie
nicht kennt) auf einer vollständigen Verkennung
dieser auf die Entfernung berechneten, keinerlei
weitausladende Umrahmung ertragenden, auch
mit dem einfachen Steinmaterial nicht recht ver-
einbaren Technik. Wie die Höhenverhältnisse
der Nischen, so verlangten die Rücksichten auf
die Eingliederung der Gruppe in den ganzen
Rahmen der Architektur eine dem Stile ent-
sprechende architektonische Horizontalbekrö-
nung, also eine Art von Baldachinanlage.

Die vorstehenden Gesichtspunkte sind bei
der Ausführung der ersten Stationsgruppe zur
Anwendung gebracht, von der hier eine Ab-
bildung vorliegt. Vom Bildhauer Wilhelm
Mengelberg in Utrecht geschaffen, ist sie
unmittelbar vor dem Doppelj ubiläum Seiner
Eminenz des Hochwürdigsten Herrn
KardinalsundErzbischofsDr.Philippus
Krementz eingesetzt worden, an welches sie
zugleich im Dom eine dauernde Erinnerung sein
sollte. Dafs hierfür die VI. Station gewählt
wurde, hat vornehmlich darin seinen Grund,
dafs sie im Dom auf der Evangelienseite den
Schlufs bildet. Jede der beiden Seiten weist
nämlich nur vier Nischen auf, weil das erste
der fünf Felder eine solche entbehrt. Würden

in diesem je zwei Nischen angebracht, so
erübrigten nur noch die beiden Endstationen,
von denen die letzte, die Grablegung, im Dome
längst vorhanden ist in der aus lebensgrofsen
Figuren bestehenden, am Südportal provisorisch
aufgestellten spätgothischen Steingruppe. Würde
zu dieser ein Gegenstück, also in demselben
Mafs- und Stilverhältnisse geschaffen, welches
den Leichnam Jesu im Schoofse seiner h. Mutter,
die Pietä darzustellen hätte, so würde nicht nur
die innere, das Seitenschiff abschliefsendeThurm-
mauer rechts wie links, also im engsten An-
schlüsse an die I. bezw. XII. Station, einen über-
aus wirkungsvollen Schmuck (sei es im Seiten-
schiff, sei es in der Thurmhalle) erhalten, son-
dern gerade diejenigen Andachtsbilder, welche
das Volk allen anderen vorzuziehen pflegt, wären
alsdann im Dom in ganz bevorzugter Ausführung
und Aufstellung vertreten.

In Bezug auf die unlängst eingesetzte Probe-
und Mustergruppe mag noch bemerkt werden,
dafs sie in feinstem französischem Kalkstein aus-
geführt und 17 Y2 cm t'ef ist- In verschiedenen
Ausladungen sind die fünf Figuren, aus denen
sie besteht, derart geordnet, dafs sie den Raum
vortrefflich füllen, und überall ist dem Relief-
charakter Rechnung getragen. Haltung wie Aus-
druck beruhen auf tiefer Empfindung und reden
warm zum Gemüthe, Bewegung wie Gewandung
erinnern an die allerbesten Erzeugnisse der herr-
lichen Kölner Bildhauerschule im Beginne des
XV. Jahrh. Die oberhalb der Umrahmung in die
Wand eingelassene Vierpass-Scheibe mit dem
Holzkreuzehen wird, sobald dieses an allen
übrigen Stellen vorläufig eingefügt ist, die Bene-
diktion erhalten. Das in die untere Hohlkehle
aufgenommene Wappenschildchen enthält das
Monogramm der hochherzigen Stifterin, deren
grofsmüthiges Beispiel hoffentlich baldige Nach-
ahmung findet. Schattigen.

Buche rsch

au.

Ueber die Bemalung der Kirchen. Sachgemäfse
Winke für Kirchenvorstände, Behörden und aus-
übende Künstler von Joh. Kuhn, Pfarrer in Main-
aschaff. Würzburg 1893, Verlag der k. k. Hofbuch-
handlung von Leo Wörl.
Der Verfasser versieht es, mit grofser Belesenheit
und interessanten Zitaten der verschiedensten Autori-
täten darzulhun, dafs das ganze heidnische und christ-
liche Alterthum, das Mittelalter, wie auch die Renais-

sance mit vollen, satten Farben die Architektur und
die damit zusammenhängende Skulptur bemalt hat und
dafs demnach auch unsere Gotteshäuser bunt bemalt
werden müssen. In gedrängter Kürze ist die grofs-
artige Entwicklung der monumentalen Polychromie
der alten Zeit mit sehr viel Begeisterung geschildert.
Man merkt es der Schrift an, dafs der Verfasser
selbst sich mit Malerei beschäftigt und den meisten
seiner Aussprüche, welche aus einem für die Kunst


 
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