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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 7
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Tafel VII
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Stummel, Friedrich: Teppichartige Wirkung, [1]
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Dittrich, Franz: Gothisches Ornamentscheibchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0126

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215

18Ü3.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

216

Zusatz von Mumie und Asphalt bräunlich färbte,
um die sogen. Patina künstlich herzustellen.
Schliefslich artete die Anwendung dieses Mittels
bei den fabrikmäfsig arbeitenden Schnellmalern
aus, die Neigung für den bräunlichen Ton wurde
eine so grofse, dafs man in den Gallerien alte
Bilder, welche den Liebhabern nicht braun genug
waren, mit brauner Sauce überzog, wie unsere
modernen Künstler nicht ganz mit Unrecht über
solchen Mifsbrauch sich zu äufsern pflegen.

Die Freilichtmalerei von heute will weder
von dem braunen Ton noch von der Lasur
etwas wissen. Sie verzichtet auf die reichen
Mittel der Oelmalerei nach der Tiefe hin, um
im Hellen der staubigen Tageserscheinungen
sich zu versuchen. Die gröfste koloristische Kraft
im Sinne der alten Venezianer war H. Makart
mit seinen, leider die Sinnlichkeit verherrlichen-
den, malerischen Farbenpoesien. Sein Einflufs
ist aufser den, nach ihm benannten Makart-

bouquets, deren Zusammensetzung aus getrock-
neten Palmen und Gräsern in der Grundstim-
mung das Gelblichbräunliche verwendet, in der
Einrichtung und Ausstattung der Wohnräume
noch heute wirksam, während in der Malerei
seine Weise keine Nachahmung gefunden. Makart
versteht sich auf die Lasuren. Ein feiner bräun-
licher Gesammtton bildet die Stimmung und
durch Wiederholen derselben Farben weifs er
mit verhältnifsmäfsig wenigen Tönen eine reiche
Farbenwirkung hervorzubringen, ein Beweis, dafs
es nicht an unserm modernen Material liegt, wenn
die heutige Kunst so weit vom Alten entfernt
bleibt, sondern an der Technik und Auffassung.

Was derO rientteppich, dieser stilvollste Boden-
belag uns in der Farbenwirkung lehren kann, wäre
in Obigem gesagt. Der Kenntnifs und Betrachtung
seiner Formen und sonstigen Vorzüge soll der
nächste Abschnitt gewidmet sein. (Forts, folgt.)

Kevelaer. Fr i e d r. Stumme 1.

Gothisches Ornamentscheibchen.

Mit Abbildung.

n der Abbildung bringen wir ein
mittelalterliches Ornamentstück,wel-
ches mit anderen, im Ganzen sech-
zehn, und einer Menge Deutsch-
ordensschillingen aus der ersten Hälfte des XV.
Jahrh. im Jahre 1873 auf dem
Frauenburger Domberge gefun-
den wurde. Es hat die Form
eines sechsspeichigenRades oder
eines Sechsblattes von 3 cm
Durchmesser. In den Winkeln
zwischen den einzelnen Blättern
sieht man Kügelchen, zugleich
als Abschlufs der Speichen. Zwi-
schen letzteren liegt je eine
gothische Lilienkrone; über dem
Mittelpunkt ist ein Schildchen mit dem Buch-
staben fitl (Maria) aufgelöthet. Es ist eine Arbeit

') [Die Ornamente sind vielmehr eingestanzt und
zwar in der Weise, dafs das Wappenschildchen für sich
aus einem Metallstempel geschlagen und in der Mitte
aufgelöthet wurde, während die Lilienkrone aus einer
mit dieser Verzierung versehenen Matrize sechsmal im
Umkreise eingestempelt wurde. Zuletzt erfolgte die
Auflöthung der kleinen Kügelchen in den Zwickeln
des Sechspasses und die Vergoldung des Ganzen. Die
(auch auf der Abbildung wiedergegebenen) Unregel-
mäfsigkeiten der Lilienkronen in Bezug auf ihre Ein-

aus vergoldetem Silberblech getrieben;1) nur das
Schildchen und die Kügelchen zeigen die natür-
liche Farbe des Silbers. Gewifs gehört es zu den
rotulae aureae, welche im XIV. und XV. Jahrh.
so beliebt waren und in Verbindung mit Seiden-
und Perlenstickerei (opus angli-
cutn) zur Verzierung von Gürteln,
Wehrgehängen, auch kirchlichen
Paramenten, besonders der Schil-
der an den Chorkappen und der
parura oder plaga der einem
aufstehenden Kragen nicht un-
ähnlichen Humeralien verwendet
wurden. Vergl. Hinz »Die Schatz-
kammer der Marienkirche zu
Danzig« S. 22, Taf. 11 u. LV1II,
und meinen Aufsatz in dieser Zeitschrift, Jahrg.
1890, S. 245/246. Dittrich.

gliederung lassen an diesem einfachen und sehr wohl-
feilen Vei fahren keinen Zweifel. Dasselbe war im XIV.
und XV. Tahrh. in Norddeutschland sehr verbreitet und
manche Borten, die sich besonders an Antependien und
Schultertüchern in den Kirchen- und Klosterschätzen von
Danzig, Halberstadt, Lüne, Wienhausen u. s. w. erhalten
haben, legen von der vortrefflichen Wirkung dieser auf-
genähten Pailletten so glänzendes Zeugnifs ab, dafs die
Wiedereinführung derselben in den liturgischen Gebrauch
angelegentlichst empfohlen zu werden verdient. H.]
 
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