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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 6
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Destrée, Joseph: Ein Altarschrein der Brüsseler Schule
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Effmann, Wilhelm: Die Glocken der Liebfrauen-(Ueberwasser-)Kirche zu Münster i. W.
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0107

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181

1893.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. G.

182

müfste es eher heifsen: Landeghem, welcher Orts-
name des Verwaltungs- und Gerichtsbezirks Gand
mit oder ohne das Bindewort Van ein häufiger
Geschlechtsname ist.11)

Hat Claudio Villa nach seiner Verheirathung
in Belgien gelebt? Im verneinenden Falle wäre
Pietro de Villa der Auftraggeber des Altarblattes,
welches nach der Kleidung der dargestellten
Personen, wie gesagt, gegen 1465—1475 an-
gefertigt sein mufs.

Es wird dem Leser aufgefallen sein, dafs die
Stifter nicht von ihren Namenspatronen, sondern
von Petrus und Maria Magdalena begleitet sind.
Die Wahl dieser Heiligen ist nicht willkürlich,
denn wir treffen sie auch auf einem Triptychon
des Kölner Museums, auf dessen Klappthüren
zu unserer Ueberraschung gleichfalls Claudio
und Gentina dargestellt sind, wie sich nach den
mit unserem Brüsseler Altarblatt übereinstim-
menden Wappen feststellen liefs.

Auf dem Kölner Triptychon12) ist Claudio
Villa nicht mehr der schüchterne Junker des
Brüsseler Altarblattes, nur die Augen blicken
noch lebhaft wie früher unter den halb geschlos-
senen Lidern hervor. Er ist kahlköpfig und ein
alter Mann geworden, der sich fröstelnd in
seinen pelzverbrämten Mantel hüllt, und Gentina
Solaro, welche auf dem gegenüberliegenden

") In dem heraldischen Lexikon von Migne wird
eine Familie dieses Namens erwähnt.

I2) Ein niederländisches FlUgelbild aus dem Ende
des XV. Jahrh. Mit Lichtdruck von A. Schnütgen. »Zeit-
schrift für christl. Kunst« II. Jahrg., Heft II, Sp. 49—54.
Dieses Altarbild wurde 1885 in Florenz erworben und
1889 dem Wallraf-Richartz-Museum zu Köln Überwiesen.

Flügel kniet, zeigt ein abgemagertes, fast unter
der weifsen Haube verschwindendes Antlitz.
Ohne das Wappen neben ihr würden wir sie
nicht als die anmuthige, in der Blüthe ihrer
Jahre dargestellte Stifterin des Brüsseler Altar-
blattes erkennen. Beider Alter steht zu dieser
früheren Darstellung in richtigem Verhältnifs,
da das Kölner Triptychon aus dem Ende des
XV. Jahrh. stammt.

Wir glauben, dafs es nur aus den Flügeln
eines ursprünglich vollständigen Altarblattes be-
steht, und dafs Reliefdarstellungen das Mittelfeld
füllten. Die Szenen aus der Legende des hl.
Petrus und unserer lieben Frau vom Schnee bil-
deten Seitentheile zu einem Mittelstück mit der
Leidensgeschichte des Herrn oder mit Szenen
aus dem Leben der hl. Jungfrau. Ob dem so war?
Jedenfalls darf man annehmen, dafs die Bilder
Brüsseler Ursprungs sind. Domherr Schnütgen
hat sehr richtig bemerkt, dafs sie von einem
Künstler zweiten Ranges herrühren und den
Einflufs von Dirk Bouts vermuthen lassem
welcher bis 1479 in Löwen lebte und zwei
Söhne, Dirk und Albert, hinterliefs. Beide
waren ebenfalls Maler, so dafs die Annahme
nahe liegt, das dem Ende des XV. Jahrh. an-
gehörende Kölner Triptychon möchte einen von
ihnen zum Urheber haben. Aber es lassen sich
hierfür keine Beweise erbringen, und die Frage
mufs ungelöst bleiben.

Wir wissen jedoch wenigstens mit hinreichen-
der Sicherheit, wer die Besteller sowohl unseres
Brüsseler Altarschreins wie des Kölner Trip-
tychons gewesen sind.

Brüssel. Joseph Destree.

Die Glocken der Liebfrauen-(Ueberwasser-)Kirche zu Münster i. W.1)

Mit 3 Abbildungen.

Sie trägt in lateinischen Majuskeln folgende In-

ie Liebfrauen-oder Ueberwasserkirche

zu Münster birgt in ihrem mächtigen

Thurme fünf Glocken, von denen

^J drei datirt sind.

Die jüngste — es ist die zweitgröfste —

gehört dem Jahre 1C58 an. Dieselbe mifet 78 cm

in der Höhe, 93 cm im unteren Durchmesser.

Schrift: 'S. Johanne clamans in deserto sis
nosicr patronus + Maria von Drösle abattissa-
Johannes Thier decanus. Litber/us Meier. Hen-
rtcus A umtingkprovisores. Anno i6^8. Gegossen
ist die Glocke von dem aus Lothringen stam-
menden Giefser Johann Paris, einem Franzis-

') Die Besprechung der verdienstvollen Arbeit von Einzelbeiträgen zur Glockenkunde bilden. Später
Schönermark's im IV. Jahrg. dieser Zeitschrift (Sp. 59 ff.), als ich gedacht, kann ich damit beginnen. Ich De-
in der ich eine kurzgefafste Darlegung der Geschichte merke dazu, dafs ich bei der Auswahl nicht nach be-
und Technik des Glockengusses gab, sollte, wie ich stimmten Prinzipien verfahren, sondern die einzelnen
dabei bemerkte, zugleich die Einleitung zu einer Reihe Aufsätze in loser Folge aneinanderreihen werde.
 
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