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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 11
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Tafel IX
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Schnütgen, Alexander: Metallverzierte Elfenbeinkrümme eines gothischen Bischofsstabes
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0193

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345

1803.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 11.

346

Metallverzierte Elfenbeinkrümme eines gothischen Bischofsstabes.

Mit '2 Abbildungen.

m South - Kensington - Museum zu
London befindet sich unter Nr. 7952
der hier von beiden Seiten ab-
gebildete Aufsatz eines Bischofs-

stabes, der
ohne Zweifel
in Frankreich
in der zwei-
ten Hälfte des
XIV. Jahrh.

entstanden
ist. Von dem-
selben bietet
Gay »Glos-
saire arche'o-
logique«, S.
507, eine die

Seite der Madonnendar-
stellung wiedergebende
gute, aber unsere auf photo-
graphischer Aufnahme be-
ruhende Reproduktion an
Treue nicht erreichende
Abbildung, welche aus der
Zeit herrührt, da das Ori-
ginal sich noch in der Solty-
koff'schen Sammlung be-
fand. Dieses ist nicht blofs
sehr merkwürdig und lehr-
reich wegen seiner Zu-
sammensetzung aus Elfen-
bein und Metall, sondern
auch sehr gefällig wie im
Aufbau so in den Einzel-
heiten, daher von her-
vorragender künstlerischer
wie vorbildlicher Bedeu-
tung. Es hat eine Höhe
von 43Va cm und der
Stab, den es bekrönte,
bestand ohne Zweifel in
einzelnen, durch Ringe
miteinander verbundenen
Metallröhren. Von dieser Bekrönung ist die
runde Ansatzröhre mit dem kapellenartig be-
handelten sechsseitigen Knaufe ganz aus ver-
goldetem Rothkupfer gebildet, welches in der
eigentlichen aus Elfenbein geschnitzten Krümme
nur als über den ganzen Rücken herlaufender

Krabbenkamm seine Fortsetzung findet. Man sieht
es der Krümme sogar auf der Abbildung sofort
an, dafs sie nicht aus Metall konstruirt ist, son-
dern aus einem andern Stilgesetzen unterworfe-
nen Material.

-^

Die feste und

kompakte
Art, wie der
das Medail-
lon stützende

Engel mit
dem sich ver-
jüngenden
Stabe zusam-
menhängt,
die dichte
Gruppenbil-
dung innerhalb des Me-
daillons, zumeist dessen
blattverzierte Eckenver-
stärkungen lassen auf den
ersten Blick erkennen,
dafs hier ein Schnitzwerk
vorliegt, kein metallisches
Erzeugnifs, welches eine
viel freiere, mehr kon-
struktive Behandlung ge-
stattet und erfordert hätte.
Die Metallfassung hat hier
offenbar nur den Zweck
zu umrahmen, zu verzieren,
Ober- und Untertheil zu
verbinden, namentlich aber
auch zu schützen. Und wie
sehr dieser Schutz wirk-
sam gewesen ist, beweist
der Umstand, dafs das
sonst der Beschädigung
so zugängliche Elfenbein-
schnitzwerk ganz unver-
sehrt geblieben ist trotz
der starken Benutzung,
von welcher der Aufsatz
überall die Spuren zeigt, besonders auf der
von der Vergoldung arg entblöfsten Röhre,
die als Handhabe diente. Zwei verschiedene
rautenförmig eingefafste Ornamente auf schraf-
firtem Grunde beleben diese Büchse, die,
durch Hohlkehle und Rundstab vermittelt, zu
 
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