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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 3
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Lehrs, Max: Ueber gestochene Vorlagen für gothisches Kirchengeräth
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Abhandlungen.

Ueber gestochene Vorlagen für
gothisches Kirchengeräth.

„ . Mit

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^ie stetig wach-
? sende Werth-
schätzung,

deren sich die
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ä- tendergothi-

schenEpoche
heute zu er-
freuen haben



und das lebhafte Interesse an jedem ein-
zelnen der Denkmale, welche uns noch
aus jener Blüthezeit kirchlicher Kunst er-
halten sind, legt es nahe, auch einmal der
Vorlagen zu gedenken, die von der Hand
hervorragender Künstler des XV. Jahrh.
in Kupferstichen weithin über die deut-
schen Lande verbreitet wurden und denen
manch' zierliches Werk seine Entstehung
verdanken mag. Ueberblickt man die statt-
liche Anzahl gothischer Monstranzen, Re-
liquiarien, Ciborien, Hostienbüchsen, Mefskänn-
chen, Kelche und Patenen, der Bischofsstäbe und
Rauchfässer, welche in den grofsen öffentlichen
Sammlungen Deutschlands und des Auslandes,
sowie in den berühmtesten Privatsammlungen
aufbewahrt wird, so kann man kaum glauben,
dafs dies Alles nur ein winziger Bruchtheil
dessen sei, was unser Vaterland einst hervor-
gebracht. Und doch, bedenkt man, wie viel
Schätze im Sturm der Zeitläufte in Kriegsnoth
oder durch Unverstand zu Grunde gerichtet und
in den Schmelztiegel gewandert, so kann man
sich der Ueberzeugung nicht verschliefsen, dafs
die Summe des Verlorenen die des Erhal-
tenen weit übersteigt.

Selbst die zahlreichen gestochenen Vorlagen,
welche hervorragende Goldschmiede und Kupfer-
stecher aus ihren Werkstätten ausgehen liefsen,
und die doch sicherlich in hunderten von Exem-
plaren überallhin Verbreitung fanden, bilden
heutzutage als Unica und Rarissima den kost-

barsten Besitz der reicheren Kabinette und
Kupferstich-Sammlungen. Dafs sie zur Zeit
ihrer Entstehung auch praktische Verwendung
fanden, kann kaum bezweifelt werden, obwohl
sich nicht ein einziger Fall der Abhängigkeit
eines noch erhaltenen Kirchengeräthes von einem
der bekannten Kupferstiche nachweisen läfst.

Es ist ein alter und zugleich erfreulicher Er-
fahrungssatz auf dem Gebiete der vervielfältigen-
den Künste, dafs die Schönheit und künstlerische
Bedeutung eines Kupferstiches demselben immer
den besten Schutz vor Vernichtung gewählt hat.
Das Minderwerthige und Schlechte verwarf man,
aber das Werthvolle und Mustergiltige vererbte
sich im Wechsel der Geschlechter vom Vater
auf den Sohn, und sei es auch nur um seines
materiellen Werthes willen. Nur so ist es
zu erklären, dafs sich eine relativ sehr bedeutende
Anzahl der Kupferstiche und Holzschnitte Dürer's
in einem Zustande so tadelloser Frische und
Schönheit des Abdrucks, als ob sie eben aus
der Presse kämen, bis auf unsere Tage erhalten
hat; nur so, dafs die zwei köstlichen Blätter
Martin Schongauer's: der Bischofsstab und das
Rauchfafs (B. 106 und 107) in einer stattlichen
Anzahl von Exemplaren — Verfasser kennt von
jedem der beiden Stiche gegen 30 Abdrücke —
vorhanden sind. Die Werthschätzung schöner
Drucke hat freilich trotzdem im Laufe unseres
Jahrhunderts eine sehr erhebliche Steigerung er-
fahren. Noch 1821 kostete der Bischofsstab auf
der Auktion Durand in Paris CO fr. und 1824
bei der Versteigerung der Sammlung des Grafen
Fries 20 holländische Gulden. 1867 zahlte man
auf der Auktion Graf Harrach in Paris 575 fr.,
1877 bei Firmin-Didot 1210 fr., und 1881 galt
ein hervorragend schöner Abdruck auf der Auk-
tion Lobanow-Rostowsky in Berlin gar 2300 Mk.
Aehnlich stiegen die Preise für das Rauchfafs,
das 1824 bei Fries 13 fl. trug, 1859 auf der
Auktion de Ferol in Paris schon 710 fr. galt
und 1873 auf der Versteigerung der berühmten
Sammlung des Marchese Durazzo in Stuttgart
1050 fl. erzielte. 1889 ging ein Exemplar auf
der Auktion Coppenrath für 1900 Mk. nach
Amerika. Eines eigenthümlichen Umstandes sei
hier noch gedacht, dafs nämlich beide Stiche
 
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