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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 4
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Tepe, Alfred: Konkurrenzentwurf für die St. Marienkirche in Düsseldorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0065

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99

1893.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 4.

100

Konkurrenzentwurf für die St. Marienkirche in Düsseldorf von A. Tepe.

Mit 5 Abbildungen.

bieten sich den Architekten, welche dem Kirchen-
bau ihre Kräfte widmen, lohnende, aber auch
schwierige Aufgaben und jene sind deswegen
auch in erster Linie berufen, nicht blofs Vor-
schläge und Entwürfe zu machen, sondern auch
zu belehren und zu warnen. Gerade den aus
diesen Kreisen hervorgegangenen Rathschlägen,
wenn anders sie auf gründlichen Studien und
Erfahrungen beruhen, öffnet die Zeitschrift mit
besonderer Bereitwilligkeit und Freude ihre

Spalten. Der Herausgeber.

er hier von seinem Urheber selbst
vorgelegte Entwurf gehörte einem
Kreise von 17 im Wettbewerb ent-
standenen Plänen an, welche für
die St. Marienkirche in Düsseldorf eingelaufen
waren. Hierbei wurde der erste Preis einstimmig
zugebilligt dem den Lesern dieser Zeitschrift
wohlbekannten Baumeister Ludwig Becker in
Mainz, der seinen etwas modifizirten Plan an
dieser Stätte veröffentlichen wird, sobald die
Zeichnungen reproduzirt sind, hoffentlich in
einem der nächsten Hefte.

Wenn ich meinen hochgeschätzten Mitarbeiter
Baumeister Alfred Tepe in Driebergen gebeten
habe, zu den verschiedenen Plänen, welche er be-
reits in dieser Zeitschrift (III. 43 bis 53; IV. 105 bis
117; VI. 45 bis 56) mitgetheilt und beschrieben
hat, auch das jüngste Erzeugnifs seines Stiftes
vorzulegen, so haben mich dazu nicht nur die
bereits früher hervorgehobenen Vorzüge seiner
sämmtlichen, zumeist in Holland ausgeführten
Kirchenpläne bestimmt (die sich durch allseitige
Berücksichtigung der gottesdienstlichen Anfor-
derungen, durch klare Disposition, praktische
Einrichtung, originelle Behandlung, durch mäch-
tige Innenwirkung wie durch einfache, aber im-
posante Aufsengestaltung auszeichnen), sondern
auch, die hier zum ersten Male von ihm an-
geordnete Doppelthurm-Anlage. Dafs derselbe,
meinem Wunsche entsprechend, der kurzen Er-
läuterung seines Entwurfes eine lange, allerlei
brennende Kunstfragen so frisch wie freimüthig
behandelnde Einleitung vorausgeschickt hat, ver-
pflichtet mich zu besonderm Danke.

Auf dem Gebiete des Kirchenbaus herrscht
gegenwärtig fast in ganz Deutschland eine grofse,
stellenweise eine gewaltige Thätigkeit dank dem
Aufschwung des kirchlichen Lebens und dem
Eifer des Klerus, nach der langen unfreiwilligen
Ruhezeit das Versäumte redlichst nachzuholen.
Die nicht unerheblich veränderten Ansprüche
an die Einrichtung der Pfarrkirchen, zumal in
den gröfseren Städten und Industriebezirken,
regen das Forschen nach neuen Dispositionen
an; Alles kommt darauf an, dafs dabei die alt-
bewährten Grundsätze und Formen, der kost-
bare Schatz mittelalterlicher Ueberlieferungen,
nicht aufser Acht gelassen, vielmehr immer und
überall als Leitmotiv behandelt werden. Hier

Sie haben, verehrtester Herr Domkapitular,
dem vorliegenden Konkurrenzentwurf für die
St. Marienkirche in Düsseldorf mit liebens-
würdigster Zuvorkommenheit und ehrender
Werthschätzung die Spalten Ihrer Zeitschrift
geöffnet, und so wird mein in einfachen gothi-
schen Formen gehaltenes, durch keine modernen
Zuthaten überraschendes Projekt in seiner schlich-
ten, des Farbeneffektes entbehrenden Ausführung
dennoch nicht unbeachtet vorübergehen.

Sie sprachen zu gleicher Zeit den Wunsch
aus, ich möchte aufser der Erklärung des Planes
manches auf den Stand der Dinge in unserer
Kunst Bezügliche, das wir zu verschiedenen
Zeiten in unsern Unterhaltungen gestreift haben,
zur Sprache bringen.

Bei gar zu vielen Anlässen drängt sich uns
die Frage auf: Wie mag es kommen, dafs die
so berechtigt scheinenden Hoffnungen, ich will
nicht sagen auf eine baldige Blüthe, aber doch
auf ein fröhliches Keimen und Gedeihen der
christlichen Kunst nicht in dem erwarteten
Maafse erfüllt wurden? Mächtig regte sich der
alte Glaube, die Kirche entfaltete in verjüngter
Kraft mit gestähltem Muth ihre weltumfassende
und -erleuchtende Thätigkeit, das vielgeschmähte
Mittelalter erhob sich lebendig vor unseren
Augen und zeigte sich auf jedem Gebiete,
namentlich auf dem der Kunst, in seiner viel-
gestaltigen, die Gegenwart beschämenden Er-
habenheit. Der Ausbau des Kölner Domes
wurde in Angriff genommen, Begeisterung und
Lust zu neuem monumentalen Schaffen allent-
halben erweckend und fördernd. Mag es natürlich
erscheinen, dass auf dem neu eröffneten, so
weitem als reichem Gebiet, die Forscher und
Entdecker nicht leicht eine klare Uebersicht
 
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