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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 11
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Tafel IX
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Lehrs, Max: Ein kölnisches Gebetbuch mit Stichen des Meisters P W
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339

1893.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 11.

340

Ein kölnisches Gebetbuch mit Stichen des Meisters P W.

Mit Abbildung.

n jüngster Zeit ist die kölnische Ab-
kunft des Meisters P W in Zweifel
gezogen worden. Friedrich Lipp-
mann sagt in seinem, übrigens aus-
gezeichneten und mit seltener Beherrschung des
Stoffes geschriebenen «Handbuch des Kupfer-
stichs« (Berlin 1893) S. 37—38: „Ob der Stecher
mit dem Monogramm P W der nieder- oder
oberdeutschen Schule zuzuzählen ist, kann frag-
lich sein. Vielleicht ist er mit dem Holz-
schnittzeichner identisch, der in der Zeit um
1500 Druckwerke der Grieninger'schen Offizin
in Strassburg mit zahlreichen Illustrationen aus-
stattete. Der Dialekt der deutschen Beischriften
auf dem Schweizerkrieg bietet keinen hin-
reichend sicheren Anhaltspunkt, um die Her-
kunft des Verfertigers — ob Oberrhein oder
Köln — festzustellen." In demselben Sinne
äufsert sich der Anonymus der Chalcogra-
phischen Gesellschaft (Jahrg. 1892, Text zum
runden Kartenspiel Nr. 9—13), der die Haupt-
thätigkeit des Stechers nach West-Deutschland
oder der Schweiz verlegen möchte.

Dem gegenüber seien hier noch einmal in
Kürze _die Gründe aufgeführt, welche mich
seinerzeit veranlafsten, den unter den Stechern
des XV. Jahrh. in erster Reihe stehenden Künstler
für einen Kölner zu erklären.1)

W. Schmidt hat aufs Bündigste nachge-
wiesen, dafs die Inschriften auf dem Haupt-
werk des Meisters, dem Schweizerkrieg, köl-
nisch seien.2) Das aus den Buchstaben P C
gebildete Einschiebsel, welches sich nur auf dem
Schweizerkrieg zwischen den Buchstaben des
Künstlermonogramms findet, kann sehr wohl
auf „Piclor Coloniensis" gedeutet werden, und
die Windmühle, die der Stecher daselbst oben
am Bodensee anbrachte, dürfte eine Reminis-
cenz an seine niederrheinische Heimath sein.

Der Titel zum runden Kartenspiel, von dessen
seltenen Blättern sich ausser in Bologna, Dres-
den, London und Wien nur noch in Köln
8 Karten erhalten haben3), zeigt die drei Kronen
des Kölner Stadtwappens mit der Umschrift:
Salve felix Colonia !

!) »Repertorium f. K.« X, S. 254 ff.

2) Vgl. die »Münchener Allgemeine Zeitung« vom
T.Juni 18fc5 (Nr.löG)und »Reperlorium f. K « X,S.'2öC>.

3) Vgl' »Reperlorium f. K.» XIV, S. 105.

Alle Wasserzeichen, welche in den vom
Meister P W benutzten Papieren vorkommen,
(Lilienwappen, Hand, Herz und Zange) sind
ausschliefslich niederdeutsch und finden sich
niemals bei den süddeutschen Stechern des
XV. Jahrh., während sie in den Blättern Isra-
hels van Meckenem, des Monogrammisten I C
von Köln, des sogen. „Franz von Bocholt"
und des Meisters von Zwolle fast ständig an-
getroffen werden.

Die auf den Stichen des Meisters P W vor-
kommenden Kostüme, besonders die Frauen-
trachten,sind ausgesprochen niederrheinisch,
Schon Thausing hat sie nach dem in der Alber-
tina zu Wien befindlichen „Loth", den er wegen
des ausradirten P für eine Arbeit Wenzels von
Olmütz hielt, für unzweifelhaft kölnisch er-
klärt.4)

Endlich hat der Meister P W das Wappen
eines Aachener Kanonikus: Walther von
Bilsen gestochen, und seine Blätter sind vor-
wiegend in Köln und am Niederrhein
kopirt worden, so das runde Kartenspiel von
Telman von Wesel, die hl. Anna selbdritt
P. III. 66. 185 von dem wahrscheinlich köl-
nischen Meister S5) und der hl. Hieronymus
P. 6 in freier Weise auf einer der frühesten
Arbeiten Jacob Bincks. Auch Israhel van
Meckenem hat Stiche des Meisters P W kopirt.6)

Es dürfte schwerlich einen andern namen-
losen Stecher des XV. Jahrh. geben, für dessen
Lokalisirung sich soviele Argumente finden
lassen, wie für den Meister P W von Köln,
und ich glaube, dafs man bei dem Fehlen
jeder urkundlichen Nachricht sich unbedingt
für seine kölnische Herkunft erklären mufs, so
lange nicht bes s e r e Gründe dagegen geltend
gemacht werden, als die Eingangs erwähnten.

Ich habe im III. Bd. dieser Zeitschrift
Sp. 188 einen vordem nicht als Arbeit des
Meisters P W bekannten, unbezeichneten Stich,
S. Anna selbdritt darstellend, beschrieben, der
sich nach Passavant's Zuweisung unter den Blät-
tern des Meisters S im Berliner Kabinet fand.
Gerade zu der Zeit als ich jenen kleinen Fund

4) Vgl. »Repertorium f. K.« X, S. 258.
6) Vgl. Bd. III dieser Zeitschrift Sp. 389.
6) ibid. Sp. 390 und »Repertorium f. IC.«
139. 245.

XV,
 
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