Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

DOI Heft:
Heft 9
DOI Artikel:
Effmann, Wilhelm: Die alten Theile der Pfarrkirche zu Oberdollendorf
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0150

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
263

1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

264

sich aber in einem Zustande, der eine gründ-
liche Reparatur nicht nur als wünschenswerth,
sondern auch als durchaus nothwendig erscheinen
läfst. Die häfsliche Treppe, welche (in den
Abbildungen nicht sichtlich) auf der Rückseite
der Apside aufsen vorgelegt ist und über dem
Gewölbe derselben hinweg den Zugang zu den
oberen Thurmgeschossen vermittelt, die un-
schöne Uebermauerung, die der Apside (vgl.
Fig. 7) hat gegeben werden müssen, um diesen
Zugang zu ermöglichen, mögen hier als ent-
stellende Zuthaten nur erwähnt sein; schlimmer
ist, dafs die in Tuffstein hergestellten Gesimse
zum grofsen Theil verwittert sind und ebenso
wie einige der Säulen einer Erneuerung be-
dürfen. Dach und Verputz des Thurmes sind
nicht minder schadhaft. Der Mangel einer irgend-
wie genügenden Fundamentirung hat weiterhin
eine stetig fortschreitende Rissebildung und
Lockerung des Mauerwerkes zur Folge gehabt.

In einer kräftigen, freilich_________________

wenig schön wirkenden
Ummantelungdes unteren
Mauerwerkes (siehe Fig. 7)
hat man eine Abhülfe
gegen die hierin liegende
Gefahr zu schaffen gesucht;
indefs wird, wenn der Bau-
bestand gesichert werden
soll, wohl kaum etwas anders übrig bleiben, als
das von dem Bauinspektor des Siegkreises, Bau-
rath Eschweiler, aufgestellte Restaurationsprojekt
zur Ausführung zu bringen. Dasselbe verspricht
neben der Wiederherstellung der Standsicherheit
eine Erneuerung aller beschädigten Theile und
aufserdem Ersatz der der Apside vorgelegten
Treppe durch ein besonderesTreppenthürmchen,
das, wie aus dem G'rundrifs, Fig. 5, hervorgeht, wo
es durch horizontale Schraffur von dem übrigen
Mauerwerke abgehoben wird, auf der Nordseite
vorgesehen ist. Es soll bis zur Gesimshöhe des
Schiffes hochgeführt werden u. oberhalb desselben
in einem Kegeldache seinen Abschlufs finden.
Die Kosten dieser Arbeiten werden sich auf
6000 Mk. belaufen: eine Summe, die, wenn auch
nicht gerade besonders hoch, für die kleine Ge-
meinde aber nach den schon geleisteten Ausgaben
immerhin beträchlich genug ist. Hoffentlich wird
es aber gelingen, Wege und Mittel zu finden, die
es gestatten, an die Ausführung der Sicherungs-
und Unterhaltungsmafsnahmen in nicht zu ferner
Zeit heranzutreten.

Fig. 8. Vierpafsornament am unteren Rande
der zweitgröfsten Glocke.

Küdinghofen und Oberkassel, Nieder- und
Oberdollendorf sind die Orte, in denen sich
Reste der Eingangs skizzirten sogenannten „ver-
kehrten Kirchen" erhalten haben, Reste, die
an den beiden ersten Orten nur noch in dem
Thurme, an den letzeren aber noch in Thurm
bezw. Altarhaus mit der Chorapside bestehen:
es sind mit Hinzurechnung von Königswinter
dieselben fünf Gemeinden, die im Jahre 1144
durch den kaiserlichen Schutzbrief dem Patronate
von Vilich unterstellt wurden. Von Königs-
winter fehlt nun zwar alle und jede Nachricht
über die Gestalt und die Form der ursprüng-
lichen Kirche, die durch die jetzige, 1779 er-
baute Kirche ersetzt worden ist. Was aber von
den vier anderen Kirchen, sei es durch die er-
haltenen Bautheile, sei es durch die überlieferten
Nachrichten, bekannt ist, spricht dafür, dafs auch
die Kirche von Königswinter dem besprochenen
Schema entsprechend, also nach Maafsen wie die
_________________ anderen „nach Vilich ein-
schlagenden Kirchen auf
derWestseite desThurmes"
erbaut war.6) Die Erschei-
nung solcher Kirchen-
bauten ist sicherlich keine
ungefällige; man wird aber
annehmen dürfen, dafs das
konsequente Festhalten an
ein und demselben Bautypus, wie er in den von
Vilich her beeinflufsten Kirchen zu Tage tritt,
auch in praktischen Momenten seinen Grund
gehabt hat. Wenn der Gemeinde die Baupflicht
von Chor und Thurm oblag — und dieses Rechts-
verhältnifs beruht sicher auf sehr alter Grund-
lage —, so gab es kaum einen billigeren Weg,
als ihn die vorliegende Lösung bietet, wie
andererseits auch zwischen Gemeinde und Stift,
das die Baupflicht des Schiffes zu tragen hatte,
wohl keine reinlichere Scheidung zu schaffen ist.
Von alten Ausstattungsstücken ist der Kirche
nur wenig erhalten geblieben; neben einem vor
der Statue des hl. Sebastian angebrachten, gut
gearbeiteten Armleuchter in Schmiedeeisen von
1650, welcher Zeit auch wohl das Thurmkreuz
angehört, sind nur noch die Glocken einer be-
sonderen Hervorhebung werth. Freilich hat auch
hier der alte Bestand Einbufse erlitten. Die gröfste
im Jahre 1425 durch den bekannten Glocken-
giefser Christian Duisterwald gegossene Glocke

<>) Maafsen a. a. O. S. B16.
 
Annotationen