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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 4
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Hase, C. W.: Die neuentdeckten spätromanischen Wandmalereien in Schmalkalden aus dem Leben der hl. Elisabeth
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0077

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123

1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

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Ritters den Kopf bergend und Abschied neh-
mend erkennen konnte; daneben steht links
von dem Beschauer eine ältere Frau, und seit-
lich rechts ein Mädchen mit lockigem Haar,
und andere Gestalten, welche theils von den
genannten Figuren halb bedeckt, schwerer er-
kennbar sind. In achtungsvoller Entfernung
links stehen verschiedene andere Gestalten,
ebenso rechts zur Seite eine Anzahl Ritter.

Allgemein glaubte man das kurz zuvor von
Herrn Mathias verlesene Begebnifs des Ab-
schiedes der hl. Elisabeth von ihrem Gemahl,
dem Landgrafen in Gegenwart ihrer Schwieger-
mutter und der Brüder u. s. w. erkennen zu
müssen.

Ein anderes Bild, getrennt durch die Dar-
stellung eines Thurmes von dem vorhergehen-
den (die einzelnen Darstellungen sind sämmt-
lich voneinander durch solche Thürme oder
Bäume getrennt), stellt ein Gefecht zu Fufs
Streitender, mit Schwertern kämpfend vor; ge-
wifs zur Geschichte der hl. Elisabeth gehörend,
vorläufig nicht auslegbar.

Ein drittes stellt ein Turnier oder einen
Kampf dar, in welchem der rechts vom Be-
schauer anstürmende Ritter, vom Gegner ge-
troffen, rückwärts vom Pferde stürzt; sehr an-
schaulich dargestellt, aber wohl nur bei gründ-
lichster Kenntnifs der Geschichte der hl. Elisa-
beth zu deuten.

Darauf kommt ein Bild zu Tische sitzender
Frauen, paarweise sich unterhaltend und trin-
kend, auf dem Tische stehen Weinkrüge und
Speiseschüsseln. Die Frauen sitzen nur jenseits
der Tafel (wie bei Leonardo's Abendmahl) und
wie man überhaupt um diese Zeit des Mittel-
alters an schmalen Tischen einseitig safs, wäh-
rend Diener von der anderen freien Seite be-
dienten; Kleider und Füfse der Frauen sieht
man unterhalb der Tafel deutlich hervortreten.
Gegen das rechte Ende der Tafel erhebt sich
eine grofse Frauengestalt nach rechts hinüber-
gebeugt, von welcher Seite her eiligen Schrittes
zwei Reisige mit langen Reisestäben der eben
genannten Frauengestalt entgegentreten. Es ist
nicht zweifelhaft, dafs diese Boten eine wichtige
Nachricht überbringen, und die Empfängerin
ist entweder die hl. Elisabeth selber, oder ihre
Schwiegermutter bei dem Empfange der Nach-
richt von dem Tode des Landgrafen aus Otranto.
Die Schwiegermutter soll (nach Ersch und
Gruber »Encyklopädie- 18-10) der hl. Elisabeth

die Nachricht von dem Tode erst dann all-
mählich beigebracht haben, als der Ring, wel-
chen letztere beim Abschiede von ihrem Gemahl
empfangen, zersprungen war, sie aber doch an
die Weissagung des Ringes nicht glaubte. (Die
mancherlei Sagen über den Ring sind ja hin-
reichend bekannt und brauchen deshalb hier
nicht wiederholt zu werden.) Man kann sich
in der geschilderten Darstellung auch ebensogut
die hl. Elisabeth selber auf dem, von ihrem
Oheim, dem Bischof zu Bamberg, neben Bam-
berg gut für sie ausgestatteten Sitze denken,
auf welchem sie die Nachricht von dem heran-
nahenden Leichenzuge von Otranto nach Rein-
hardsbrunnen erhielt, wo die Leiche beigesetzt
werden sollte. In der Frühe des anderen
Morgens ging sie dem Leichenzuge entgegen
unter dem Geläute aller Glocken in Bamberg, und
begleitete denselben bis Reinhardsbrunnen, wo
sie den Todten noch einmal zu sehen begehrte,
bei dessen Anblick sie aber zusammenbrach.

Jedenfalls ist das Bild in der einen oder
der anderen Deutung zum Leben der hl. Elisa-
beth gehörend zu denken.

Das letzte Bild zeigt eine auf einem Bette
(in einer Form, wie dasselbe um 1200 oftmals
dargestellt ist) Sterbende oder soeben Gestor-
bene. Hinter derselben eine Reihe innigst Theil-
nehmender.

Schreiber dieses glaubt auf das Bestimmteste
in dieser Darstellung den Tod der hl. Elisabeth
zu erkennen; von den übrigen Herren wurde
mehr an eine Darstellung der Krankenpflege
der hl. Elisabeth geglaubt. Sehr gewichtige
Gründe lassen mich an die Darstellung des
Todes der hl. Elisabeth denken. Ich will hier
gleich noch bemerken, dafs mit diesem Bilde
die Darstellungen enden, auch das Gewölbe
selbst hier abgebrochen endet; vor dem-
selben, in etwa 5 cm von dem zackigen Ab-
bruche des Gewölbes entfernt, ist eine in mo-
derner Zeit angelegte Mauer aufgeführt, welche
rechtwinklig am Westende des Raumes den
Abschlufs des Kellerraumes bildet und im
oberen Geschosse weiter geführt ist, während
die östliche Stirnmauer des Raumes noch die
alte, Malereien enthaltende Mauer ist. Diese
bildet aber nicht eine Scheidewand des Hessen-
hofes, welche letztere vielmehr durch eine etwa
1 Meter von der Stirnwand des besprochenen
Kellerraumes parallel entfernt liegende modern
aufgeführte Mauer gebildet wird.
 
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