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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Hase, C. W.: Die neuentdeckten spätromanischen Wandmalereien in Schmalkalden aus dem Leben der hl. Elisabeth
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125

1893.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

126

Ich mufs hier gleich bemerken, dafs dieser
Umstand ein Beweis sein dürfte von der Ach-
tung, welche man vor dem Kellerraume hatte,
und ihn deshalb bei dem Umbau in seiner
Würde nicht schädigen wollte; ein anderer
Grund ist nicht zu finden für die Erhaltung
des Raumes in seiner Länge.

Was nun die Malereien selbst anlangt, so
sind bis auf ganz kleine Reste nur die Kon-
turen derselben erhalten, welche sich als Zeich-
nungen aus der Zeit um 1200 in ihrem Charakter
zeigen. An der Stirnwand ist, um einen an-
ständigen Abschlufs der Darstellungen zu bilden,
ein Fries gleichlaufend mit der Halbkreisform
des Gewölbes in einer Breite von ca. 20 cm
mit breiten Linien eingefafst, gemalt; zwischen
diesen Linien liegt ein aus einfachem romani-
schen Blatte gebildetes Ornament, derart, dafs
je zwei, etwa vierzackige Blätter sich den Rücken
kehren, und, in dieser Form sich immer wieder-
holend, aneinander reihen. An diesem Orna-
mente romanischer Form sind die Farben noch
kräftig erhalten. Das beschriebene Muster ist
aber auch nur vier- bis höchstens fünfmal zu
erkennen. An den eigentlichen figürlichen Male-
reien sind allerdings ab und zu noch Farben-
reste an Gewändern in sehr dunklen Tönen
zu erkennen, aber an Erkennen einer Model-
lirung der Falten oder dergl. ist nicht zu denken.

Nachdem Alles dieses wahrgenommen, und
ich die Zeit dieser Malerei um die Zeit von
1200 angegeben, auch die grofse Bedeutsam-
keit des Fundes hervorgehoben hatte, äufserte
Herr Landrath Hagen: „so hätten wir also
nun wohl die Kapelle der hl. Elisabeth ge-
funden", worauf ich erwiderte, dafs ich diesen
Raum nicht für den Kapellenraum der von der
hl. Elisabeth gestifteten Kapelle halten könne,
sondern nur für einen kryptaähnlichen Unter-
raum derselben, aber als einen solchen auch
mit voller Entschiedenheit.

Eine zweite Besichtigung am folgenden Tage
bei verstärktem Lampenscheine bestätigte die
Thatsache, dafs man die Malereien als Schilde-
rungen des Lebens der hl. Elisabeth aus der
Zeit unmittelbar nach ihrem Tode angefertigt,
zu bezeichnen hat.

Ich selbst füge als Beweismittel für die
soeben ausgesprochene Ansicht das Folgende
hinzu. Das Gewölbe, auf welchem mit Hinzu-
nahme der östlichen Wand des Kellers die an-
geführten Gegenstände der Malerei ausgeführt

sind, ist ein Tonnengewölbe, wie es oben nach
Abmessungen schon angegeben ist. Die Aus-
führung desselben in Bruchstein ist aufser-
ordentlich nachlässig. Nur im Allgemeinen ist
die halbkreisförmige Gestalt innegehalten; die
Flächen gehen auf und nieder, und man mufs
bewundern, wie der Maler den Muth gehabt
hat, auf diesen ruppigen Flächen Gemälde von
solcher Bedeutung auszuführen. Nur eine Noth-
lage kann dazu geführt haben. Durch Ueber-
putzung des rohen Gewölbes hat man einiger-
mafsen die Flächen bemalbar hergestellt; glück-
licher Weise ist an keiner Stelle der Kalkmörtel
zu stark aufgetragen, um etwa leicht abfallen
zu können; und so wird es möglich werden,
bei starkem Lichte die geschwächten Konturen
vollständig aufzufinden und zu verstärken, so
dafs die hochinteressante Darstellung in ihrem
ganzen Umfange wird erkannt werden können.
Was nun jene Nothlage anbetrifft, so glaube
ich sie in Folgendem zu erkennen. Dieser mit
Tonnengewölbe überdeckte Raum zeigt durch
die Rohheit seiner Ausführung, dafs er nur der
Unterbau eines vornehmeren Bauwerkes sein
konnte. Die an dem Gewölbe angebrachte
Malerei weist auf den Zusammenhang des
Raumes mit dem Leben der hl. Elisabeth un-
zweideutig hin, und es liegt nichts näher, als
den Raum als einen kryptenähnlichen Unter-
bau der von der hl. Elisabeth gestifteten Kapelle
ansehen zu dürfen. Die Theilnahme der Schmal-
kaldener an dieser Kapelle wuchs mit der ge-
steigerten Antheilnahme der Thüringer für die
hl. Elisabeth. Sie starb zu Marburg am 19. Nov.
1231 in Gegenwart ihres Beichtvaters, einiger
Nonnen und ihrer nächsten Hausgenossen (siehe
Ersch u. Gruber). Die Darstellung des Todes der
hl. Elisabeth in dem Keller stimmt genau über-
ein mit jener geschichtlichen Mittheilung. Um
den Kopf der hl. Elisabeth fehlt der Nimbus-
reif, das Zeichen der „Heiligkeit". Das Bild
stammt also aus der Zeit, da sie noch nicht
heilig gesprochen war, welches erst geschah in
der Klosterkirche der Franziskaner zu Perugia,
wohin der Papst die Patriarchen von Jerusalem
und Antiochien, die ganze Klerisei und ihren
Erzieher, den Konrad von Marburg beordert
hatte, am 26. Mai 1235, am damaligen Pfingst-
tage. Das war drei und ein halbes Jahr nach
dem Tode derselben. Sollten nicht die Schmal-
kaldener den Wunsch gehabt haben, sie in die
Krypta der von ihr gestifteten Kapelle bei-
 
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