Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

DOI Heft:
Heft 2
DOI Artikel:
Tafel III
DOI Artikel:
Tepe, Alfred: Die neue Pfarrkirche zu Houten bei Utrecht
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0041

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
53

1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 2.

was unter den gegebenen Verhältnissen für unsere
Gemeinde am Besten und Zweckmäfsigsten ist.

An's Werk also!

Vorher kommen mir noch einige Bedenken
in Bezug auf die Grundsätze, die in unserer
Gilde ausgesprochen, richtig befunden und an-
genommen waren. Wenn wir auch nicht immer
und überall die Einfachheit des Mittelalters fest-
halten können, so sollen wir uns doch bestre-
ben, der Dorfkirche den Dorfkirchencharakter
zu erhalten.

Wir sollen bei unseren Entwürfen möglichst
die alte eigenartige Landesarchitektur vor Augen
haben und berücksichtigen, freilich ohne uns
dabei um die jetzige Landesgrenze ängstlich zu
kümmern.

Man ist den Herren Archäologen und Kunst-
verständigen gegenüber gerne verantwortet und
eine Berathung mit unseren Autoritäten scheint
mir daher sehr am Platz.

Wohl wäre es vergebliche Mühe, sich in
den nördlichen Niederlanden nach Dorfkirchen
mit Mittelthürmen umzusehen, doch der De-
chant der St. Bernulphusgilde, Herr van Heu-
kelum, war gerne bereit, hier einen Ausnahme-
fall gelten zu lassen, der ein Weiterschweifen
wohl rechtfertigen könnte, und der Konservator
des erzbischöflichen Museums, Herr J. Lindsen,
meinte, wir brauchten, um das gesuchte Vor-
bild zu finden, nicht weiter zu gehen, als zu
unseren südlichen Nachbarn, den Belgiern. In
den Ardennen gäbe es viele, sogar sehr kleine
Kirchen mit Centralthürmen. Er holte aus seiner
auf unserem Kunstgebiet fast allumfassenden
Bibliothek ein kleines Werk hervor, das uns in
Wort und Bild diese eigenthümlichen Bauten
vor Augen führte und stellte es mir zur Ver-
fügung. Es fanden sich sehr werthvolle Motive
und Anhaltspunkte.

So können wir jetzt zur Ausarbeitung und
Fertigstellung der Pläne übergehen.

Die äufsere Breite des Chores, des Mittel-
schiffs und folglich des Centralthurmes wird zu
8 m angenommen.

Die Chortiefe soll 9 m betragen; auf's Vie-
rungsgewölbe kommen naturgemäfs wieder 8 m.

Der Pfeilerabstand in der Längenrichtung
ist ziemlich weit bemessen: drei Schiffsjoche
haben eine Gesammtlänge von IG m, durch
welche Anordnung auch die Seitenschififsgewölbe
eine oblonge Form erhalten.

Dem Mittelschiff wird an der Westseite ein

weiteres schmäleres Joch angefügt, in welchem
vermittelst einer Abschlufswand in Schreiner-
arbeit mit im oberen Theil verglasten Thüren
und einer reich profilirten überkragenden Balken-
lage mit Balustrade, unten ein geräumiges Por-
tal und oben die Orgelbühne gewonnen wird.
An der Nordseite findet nun die Taufkapelle
den gewünschten Platz, während südlich ein
tüchtiger Treppenthurm angelegt wird, welcher
zur Orgelbühne und zu den Dachräumen einen
bequemen Aufgang bietet.

Die Gesammtlänge des Baues ausschliefslich
der Strebepfeiler beträgt 37,50 in.

Ein Kreuzschiff ergibt sich bei der Anlage
eines Centralthurmes mit seinen Tragpfeilern
und dem entsprechenden Centralgewölbe von
selbst, und es könnte nun die Frage aufgestellt
werden, ob die Orgelbühne nicht zweckmäfsiger
in einem der Kreuzflügel Platz gefunden hätte.

Um den Thurm besser hervortreten zu lassen,
ihn nicht kreuzweise zwischen den Dächern
einzuzwängen, wird das Kreuzschiff niedriger
genommen, als das Mittelschiff, welche Anlage
zugleich die Gewinnung kleiner Fenster zur Be-
leuchtung des unteren Thurmgeschosses gestattet.

Diese Beschränkung im Aufbau des Kreuz-
schiffes läfst nun aber eine Höhentheilung nicht
mehr zu, wie die Anbringung einer Orgelbühne
sie gefordert hätte.

Auch ist sie Veranlassung, dafs in den Stirn-
wänden der Kreuzflügel auf je ein grofses
Fenster, dem im Vordergiebel entsprechend,
verzichtet werden mufs, um ein gedrücktes un-
beholfenes Verhältnifs zu vermeiden. Wir ge-
stalten die Kreuzschiffsgewölbe viereckig, theilen
sie durch Mittelgräte und erlangen so in jeder
Stirnwand zwei schlanke zweitheilige Fenster.

Durch die weite Pfeilerstellung bekommen
die Seitenschiffsjoche, wie schon erwähnt, eine
längliche Form und die verhältnifsmäfsig breite
und niedrige Seitenschiffsmauer erheischt ent-
sprechende dreitheilige Fenster, bei welchen
drückendes Mafswerk vermieden werden mufs.

Kleine, rosettenartige Oberlichter, innerlich
in eine Nischenumrahmung gefafst, erhellen die
Gewölbe des Mittelschiffs.

Die weite Jochbildung erfordert sodann, dafs
die Arkadenbögen schon in der geringen Höhe
von nur 3 m über den Kirchenflur ihren An-
fang nehmen. Da würden Säulen mit Sockeln
und Kapitalen gar zu gedrungen erscheinen;
wir wählen aber Pfeiler, an welchen das Profil
 
Annotationen