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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 3
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Humann, Georg: Zur Geschichte der Kreuzaltäre
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0052

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75

1893. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

70

lieh in der Michaelskirche4) daselbst — sowie
in den Kirchen zu Lorsch,5) Werden,6) St.Vaast,7)
St. Riquier (Centula), Rheims und Aniane bestan-
den schon im VIII. und IX. Jahrh. Kreuzaltäre.
Aus den Inschriften, welche Hrabanus Maurus
für verschiedene Kirchen verfafst hat, scheint
hervorzugehen, dafs zu seiner Zeit auch in den
Basiliken zu Höchst, Hersfeld, Holzkirchen,Tou-
louse und Zelle bei Worms Kreuzaltäre vor-
handen waren. Auch in Lüttich und in Salzburg
bestanden schon im IX. Jahrh. derartige Altäre.
Aus dem X. und XI. Jahrh. können ebenfalls
viele Beispiele angeführt werden. In dem um
980 vom Bischof Gebhard IL von Konstanz
gegründeten Kloster Petershausen befand sich
ein Altar, welcher als altare ante crucem be-
zeichnet und wahrscheinlich als Kreuzaltar zu
betrachten ist.8) Im Dom zu Mainzu) bestand
mindestens schon 918, zu Köln10; in dem von
Erzbischof Gero (967 bis 976) erbauten Dom
ein Kreuzaltar. Gegen Ende des X. Jahrh. wird
von einem Kreuzaltar in der Stiftskirche zu
Mittelzeil auf der Insel Reichenau im Boden-
see berichtet, welcher dem Evangelisten Markus
gleichzeitig mit dem hl. Kreuz geweiht und auf's
Reichste mit Gold und Edelsteinen geschmückt
war.11) In dem vom Bischof Altfrid erbauten Dom
zu Hildesheim, und zwar vor der Vergitterung
des erhöhten Sanktuariums liefs Bischof Sehard
(920 bis 928) zu Ehren des hl. Kreuzes und des
hl. Blasius einen Altar errichten.12) In der Mi-
chaelskirche daselbst wurde 1022I8) und in der
Stiftskirche zu Gandersheimu) in Gegenwart

4) Brower a. a. O. II, S. 119; Schleichen in
Justi »Vorzeit« (1827); v. Dehn-Rotfelser und
Hoffmann »Baudenkmale in Kurhessen«(1860),4.Lief.

5) v. Schlosser Nr. 171; Adamy »Die fränk.
Klosterkirche zu Lorsch« S. 16, 17.

6) Jacobs »Geschichte der Pfarreien im Gebiete
des ehemaligen Stifts Werden« (1893) S. 110.

7) In Bezug auf hier und weiter unten genannte
Orte, bei welchen andere Quellen nicht angegeben sind,
sei auf v. Schlosser a. a. O. verwiesen, und zwar auf
die Urkunden Nr. 264, 782, 793, 779, 576, 142, 403,
385, 839, 211, 241, 548.

8) Neuwirth a. a. O. S. 86 bis 88.
9)Bockenheimer»DerDomzuMainz«S.15,Anm.3.
I0) Ennen »Der alte und neue Dom zu Köln«

(1863) S. 9.

") Neuwirth a. a. O. S. 66 bis 70; Adler »Bau-
geschichtlich« Forschungen« I, S. 5, G.

12) Kratz »Der Dom zu Hildesheim« (1840) S. 223.

'S) Kratz a. a. O. S. 61.

'■*) Lüntzel »Geschichte der Diöcese Hildesheim«
I, S. 104.

Bernwards von Hildesheim (993 bis 1022) ein
Kreuzaltar geweiht. Aus Corvey wird vom
Jahre 1001 berichtet, dafs Abt Marquard die
Gebeine seines Vorgängers ausgraben und vor
den Altar des hl. Kreuzes in ein kostbares Grab-
mal beisetzen liefs.lb) In der Kirche des vom
Markgrafen Gero (f 965) gegründeten Frauen-
stiftes Gernrode am Harz bestand ein Kreuz-
altar mindestens im Jahre 1014.16) Erzbischof
Gero von Magdeburg weihte 1021 in der Stifts-
kirche zu Quedlinburg einen Altar zu Ehren
des siegenden Kreuzes und der Heiligen Erasmus,
Cosmas und Damian.17) In der Stiftskirche zu
Essen war, wie es scheint, mindestens um 1122
ein Kreuzaltar vorhandenls) und im Dom zu
Braunschweig ist vom Bischof Hezelin (1041 bis
1054) ein Kreuzaltar geweiht worden.1") Manche
bedeutende Kirchen erhielten jedoch erst in
späterer Zeit einen Kreuzaltar. So z. B. der Dom
zu Chur im Jahre 1208,20) der Dom zu Gurk
1216,21) und der Dom zu Minden 1297.22)

Der Standort der Kreuzaltäre war, wie oben
erwähnt, in der Regel vor demüstchore. Reichten
bei gröfserer Ausdehnung des Chores bezw. des
Unterchores dessen Schranken noch bis in das
Langschiff der Kirche hinein, so mufste der
Kreuzaltar ebenfalls weiter nach Westen ver-
legt werden. Dies ist der Fall auf dem erwähnten
Plan von St. Gallen; so dürfte es wohl zu erklären
sein, dafs bei den Kreuzaltären zu St. Riquier,
Toulouse, Rheims, Zelle bei Worms, Werden und
Quedlinburg der Standort als in der Mitte der
Kirche befindlich angegeben ist. Der allgemeinen
Regel entgegen stand in Michelstadt der Kreuz-
altar nicht vor dem Ostchor bezw. im Mittel-
schiff, sondern zur Seite. Auch im Dom zu Köln,
wo im mittleren Schiff das Grab und der Altar
der hl. drei Könige errichtet war, stand der

15) Wigand »Geschichte der Reichsabtei Corvey«
(1819) S. 117, 207,

16) v. He ine mann im »Bernburger Gymn.-Progr.«
(1865) S. 11, 25, 41.

17) »Jahrb. von Quedlinburg ad annum 1021«.

18) Franz Arens „Die beiden Kapitel des Stiftes
Essen" in den »Beiträgen zur Geschichte von Stadt
und Stift Essen« (1892), 14. Heft, S. 21, Anm. 2, und
S. 47. Müllers im 1. Heft der genannten Beiträge.
Seemann »Die Aebtissinnen vonEssen« (1883) S.6,13.

19) Neumann »Der Reliquienschatz des Hauses
Braunschweig-LUneburg« (1891) S. 10, 15, 32.

20) Lotz »KunsttopographieDeutschlands« II, S.78.

21) 011 e »Geschichte der deutschen Baukunst« S. 466.

22) Nordhoff »Jahrb. des Vereins von Alterthums-
freunden im Rheinland« XC, S. 96.
 
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