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Zeitschrift für christliche Kunst — 6.1893

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Heft 3
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Humann, Georg: Zur Geschichte der Kreuzaltäre
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https://doi.org/10.11588/diglit.4305#0054

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79

1893.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

80

28) Laib u.Schwarz »Studien z. Gesch. d. Altars«33.

29) Dieser mag auch wie bei Prozessionskreuzen
häufig in einer hohen Stange bestanden haben. Vgl.
Rohault de Kleury »La messe« V, S. 128 ff.

SO) Rohault de Fleury a. a. O. S. 125. Hier ist
auch erwähnt, dafs um die Mitte des XI. Jahrb.. (in
einer nicht näher bezeichneten Kirche) hinter einem
Altar des hl. Vincentius ein Kreuz auf einer Säule auf-
gestellt war, sowie dank in der griechischen Hand-
schrift Nr. 510 der Nfttfonalbibliolhek zu Paris ein auf
einer Säule ruhendes Kreuz abgebildet ist.

Auf einer aus dfem K. Jahrh. stammenden Elfenbein-
tafel im Museun/ zu Metz befindet sich unter einem
Kruzifix eine - Simle mu"attischer Basis und korinlhi-
sirendem Kapital.

81) Eine „ähnliche" Säule, wie die zu Hildesheim,
soll nach Cavallari (»Göttinger Studien«, Jahrg. 1847,
S. 258) in St. Paul zu Rom (vor dem grofsen Brande)
vorhanden gewesen sein,

fix von reinstem Silber, 72 Pfund schwer, mitten
in die Kirche, ein anderes aufsergewöhnlich
grofses Kruzifix daselbst vor den Hochaltar auf-
stellen liefs.28) Da diese Kreuze nicht auf einem
Altar standen, so dürfte wohl angenommen
werden, dafs sie auf einer Säule oder einem
ähnlichen Untersatze29) ruhten. In einer der
Kirchen zu Rheims war im IX. Jahrh. ein Kreuz
vorhanden, welches eine Säule bekrönte. In
S. Ambrogio zu Mailand und S. Petronio zu
Bologna befinden sich noch jetzt von Säulen
getragene Kreuze.30) Ob diese Kreuzsäulen ur-
sprünglich mit Kreuzaltären in Verbindung ge-
standen haben, ist vielleicht nicht mehr fest-
zustellen. Dagegen wird von der bekannten von
Bernward von Hildesheim gegossenen, mit Szenen
aus dem Leben Jesu geschmückten Säule zu
Hildesheim ausdrücklich bezeugt, dafs sie in der
1122 vollendeten Michaelskirche daselbst hinter
dem auf den Stufen zum Chor errichteten Kreuz- ,
altar aufgestellt war.31) Während auf diesem Altar j
ein vom hl. Bernward verfertigtes Kreuz stand,
befand sich auf der Säule (dessen Kapital 1544
mit anderem Metall zu Kanonen umgegossen
ist) ein grofses Kruzifix aus Erz, welches mit
Reliquien gefüllt war. Vor den Altar hatte Bern-
ward eine vom Bischof Benno von Oldenburg
geschenkte ehemalige Götzensäule aufstellen
lassen, auf welcher ein Erzbildnifs der hl. Maria
ruhte.

Ebenso wie in der Michaelskirche zu Hildes-
heim befand sich hinter dem Kreuzaltar der
Stiftskirche zu Essen eine Säule, welche ein
grofses Kreuz trug. Nach den Essener Aebtis-
sinnen-Katalogen sollen die Reliquien der am

Ende des IX. Jahrh. im Rufe der Heiligkeit ge-
storbenen Aebtissin Pinosa in einer Tumba auf
dem Kreuzaltar gestanden haben. Indefs ist
nicht angegeben, ob dies schon gleich nach dem
Tode dieser Aebtissin der Fall gewesen sei,
ob also ein Kreuzaltar damals schon bestanden
habe. Der untere in den Ivannelüren mit flachen
Rundstäben gefüllte Theil des Schaftes ist aus
Kalkstein, der obere mehr als dreimal so lange,
sich ohne Schwellung verjüngende Theil nicht, wie
es in betreffenden Urkunden heilst, aus Marmor,
sondern anscheinend aus Porphyr oder Syenit,
das auf eine nicht ungeübte Hand deutende
Kapital aus Kalkstein, die attische Basis mit
der Plinthe aus Sandstein (und zwar beide aus
einem Stück) verfertigt. Der Sage nach soll
die Säule aus Italien stammen. Sie sei dort
einer Essener Aebtissin geschenkt, aber nur mit
Hülfe des Teufels herübergeholt worden.32) Ob
diese Sage einen historischen Hintergrund hat,
mufs vorläufig dahingestellt bleiben. Denn eine
genaue fachmännische Untersuchung des Mate-
rials, aus welchem der Säulenschaft hergestellt
ist, hat bisher nicht stattgefunden, so dafs sichere
Schlüsse auf seine Herkunft nicht gezogen werden
können.33) Von einem mit vergoldetem Kupfer-
blech beschlagenen Kreuz, welches die um 1122
lebende Aebtissin Ida für die Säule anfertigen
liefs, ist noch ein Bruchstück vorhanden mit der
Inschrift „istam crucevi (I)da abbatissa fieri
iussit". Später wurde jenes Kreuz durch ein sil-
bernes, noch jetzt im Essener Kirchenschatz auf-
bewahrtes, grofses Kreuz ersetzt, dessen Christus-
körper Reliquien birgt. Dies Kreuz wurde 1413
herabgenommen, ausgebessert, sein Reliquien-
inhalt untersucht und wieder eingeschlossen, das
Kreuz aber erst im Jahre 1453 auf die Säule
zurückgesetzt, nachdem das schadhaft gewordene
Vierungsgewölbe wieder hergestellt worden war.
Der Kreuzaltar stand nämlich unter dem Quer-
gurt, welcher die Vierung vom Langschiff trennt,
die Säule mit dem Kreuz also unter dem ge-
nannten Gewölbe. Auf einer Tafel am Fufse

S2) Eine ähnliche Sage ist mit einer in Prag befind-
lichen Syenitsäule verbunden (Redel »Sehenswürdiges
Prag« (1710), S. 36-1).

33) Ueber das Material ähnlicher Säulen in Trier,
Aachen, Magdeburg u. a. O. siehe Nöggerath in
»Niederrhein.Jahrb.« (1843); v. Cohausen u.Wörner
»Römische Steinbrüche auf dem Felsberg« (1870).
Ueber die Aachener Säulen^vgl. auch Rhoen »Die
Kapelle der karol. Pfalz zu Aachen« (1887), S. 15,
 
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